Blombergs Bürgermeister Christoph Dolle ist krisenerprobt. Und stellt sich erneut zur Wahl

Blomberg. Sein Lieblingsplatz? - Das ist das Herzstück im Eigenheim: Ein riesiger Esstisch aus zwei Eichenplanken. Marke Eigenbau. Hier sitzt der Amtsinhaber gern, auch fürs LZ-Interview.

Herr Dolle, warum sitzen wir gerade an diesem Tisch?

Christoph Dolle: Den habe ich selbst gebaut. Mein Großvater war ja Tischler, und irgendwas in diesem Haus wollte ich selbst machen. Das Holz stammt von einer 200 Jahre alten Eiche, die im Blomberger Stadtforst dem Orkan Friederike zum Opfer gefallen ist. Mein Freund Stephan Radeck, der damalige Förster, hat mir geholfen.

Was hat sich seit Ihrem Amtsantritt 2020 für Sie verändert?

Christoph Dolle: Beruflich ist die Aufgabenfülle gewachsen. Die Rolle als Chef der Verwaltung ist bei 200 Mitarbeitern auch nicht zu unterschätzen. Und dann ist da die Rolle als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger. Aber da liegt ja auch der Reiz, dass man deutlich mehr Gestaltungsspielräume hat.

Sie haben damals erzählt, dass Sie genügend Zeit haben wollen für Ihre zehnjährige Tochter. Jetzt ist sie 15. Hat das geklappt?

Christoph Dolle: Ja, aber das erfordert viel Struktur, das mussten wir auch erst lernen bei 70 Stunden pro Woche.

Sie treten erneut für die SPD an. Wie geht es Ihnen mit Ihrer Partei?

Christoph Dolle: Ich habe ja versucht, das Amt parteiübergreifend auszuüben, natürlich mit einem festen Fundament im sozialdemokratischen Wertekanon. Die besten Lösungen für Blomberg kann ich nur herausarbeiten, wenn ich über den eigenen Tellerrand hinaus schaue. Auf der Bundes- und Landesebene tut es schon manchmal weh, wie sich die SPD entwickelt. Ich will aber weiter den Fokus auf das richten, was ich hier selber bewegen kann, und da haben Verwaltung und SPD einen guten Job gemacht.

Sie wollten damals gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen. Was ist gelungen?

Christoph Dolle: Wir haben es trotz der widrigen Bedingungen - Pandemie, Energiekrise, Wirtschaftskrise - geschafft, mit der Wirtschaft an ganz vielen Stellen in Dialog zu treten. Es ist uns auch gelungen, seit 2017 die Gewerbesteuersätze trotz aller Widrigkeiten konstant zu halten. Das ist nicht selbstverständlich gewesen. Im Umfeld haben fast alle Kommunen als Konsequenz der Krise die Steuersätze angepasst. Das haben wir in Blomberg zugunsten der Industrie und der Gewerbetreibenden bisher nicht getan.

Es gab nach 2022 den heftigen Einbruch bei Phoenix Contact. Wie steht Blomberg wirtschaftlich künftig da?

Christoph Dolle: Es wird immer deutlicher, dass die Rahmenbedingungen, die Bund und Land für die Kommunen schaffen, dringend angepasst werden müssen. Es sind in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben von den höheren Ebenen an die Kommunen, also auch an Blomberg, delegiert worden. Die Finanzierung dafür ist aber nicht zur Verfügung gestellt worden. Es ist für uns als Kommune gar nicht möglich, für so einen globalen Player wie Phoenix Contact die Rahmenbedingungen kurzfristig und zeitnah so zu verändern, dass unsere Finanzen dabei konstant bleiben.

Das bedeutet, dass Sie schlichtweg weniger Geld reinbekommen.

Christoph Dolle: Das bedeutet letzten Endes, dass die Gewerbesteuern in den kommenden Jahren erst mal nicht so sprudeln werden wie in der Vergangenheit.

Was für eine Zukunft hat Blomberg denn dann?

Christoph Dolle: Die meisten Kommunen in NRW leben von Kompensationszahlungen, die vom Land kommen. Sie helfen, den Haushalt auszugleichen. In dieser Lage war Blomberg bisher nur in sehr seltenen Extremfällen. Das könnte aber passieren, wenn die Einnahmen über die Gewerbesteuer in den nächsten Jahren nicht wieder ansteigen sollten. Davon gehe ich eigentlich nicht aus, aber dann bekämen wir erst mal wieder dieses Geld vom Land.

Das hieße, dass Sie bestimmte Leistungen vielleicht nicht mehr erbringen könnten.

Christoph Dolle: Das heißt, dass wir mit Argusaugen darauf gucken müssen, welche Ausgaben wir uns leisten können und welche nicht. Aber das machen Politik und Verwaltung in den letzten Jahren schon freiwillig ganz akribisch. Man darf nicht dem Irrtum unterliegen, dass man jetzt im Haushalt Summen in Millionenhöhe an freiwilligen Leistungen einsparen könnte.

In der Auseinandersetzung um den rechten Influencer Tim Kellner in Tintrup sind Sie erstmals extremen Anwürfen von Rechts ausgesetzt gewesen. Welche Spuren hat das bei Ihnen hinterlassen?

Christoph Dolle: Privat hat das damals einiges ausgelöst. Ich bin vorher noch nicht mit Morddrohungen und derartigen Übergriffen konfrontiert gewesen. Ich habe aber in der Zeit aus ganz vielen Bereichen und aus der Bürgerschaft und aus dem sozialen Umfeld eine starke Unterstützung erfahren, und das macht einen auch stark und bekräftigt einen darin, auf diesem Weg politisch und beruflich weiterzugehen.

Persönlich Christoph Dolle ist 49 Jahre alt und im Kreis Höxter aufgewachsen. Er ist gelernter Jurist und engagiert sich seit mehr als 30 Jahren in der SPD. Er kam 2018 zunächst als Kämmerer nach Blomberg und wurde 2020 als Nachfolger von Klaus Geise ins Bürgermeisteramt gewählt. Er hat eine 15-jährige Tochter und lebt in Blomberg mit seiner Patchworkfamilie in einem eigenen Haus, das er in seiner Freizeit immer noch renoviert. Überdies ist er Mitglied diverser Blomberger Vereine unter anderem im Alten Blomberger Schützenbataillon und den Nabu und spielt wie in seiner Jugend gern Tennis.

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