Digitalisierung: FDP beantragt papierlose Ratsarbeit

Detmold . Zwischen 650.000 und 700.000 Blatt Papier sind im Jahr 2018 für den Stadtrat und dessen Ausschüsse bedruckt worden – für Vorlagen, Einladungen, Protokolle, Budgetbücher, sonstige Informationen und Präsentationen. Mehrere dicke Aktenordner füllen die Unterlagen bei jedem der 46 Ratsmitglieder. Dazu kommen noch einmal rund 150 sachkundige Bürger, Ortsbürgermeister und Verwaltungsangehörige, die die Ratspost zumindest zum Teil in Papierform erhalten. Die FDP-Fraktion hält es vor dem Hintergrund der Digitalisierung für geboten, dass auch Rat und Verwaltung ihre Arbeit verändern – nicht nur im Zusammenhang mit Klimaschutzerfordernissen. Ganz so einfach ist dies aber nicht.

&bdquo;Die Ratsmitglieder haben einen Rechtsanspruch auf Papier", erklärt Bürgermeister Rainer Heller. Eine komplette Digitalisierung, wie in dem Antrag der FDP gefordert, sei rechtlich nur schwer durchsetzbar. Selbst ein einstimmig gefasster Ratsbeschluss entfalte keine Rechtsgrundlage, die Ratsmitglieder zu digitaler Ratsarbeit zu verpflichten. Die Digitalisierung könne nur auf freiwilliger Basis eingeführt werden und müsse ansonsten mit Papier weiter ermöglicht werden.

Darüber hinaus macht der Bürgermeister darauf aufmerksam, dass momentan schwer zu ermitteln sei, wie hoch die Kosten ausfallen würden. Die Stadt nutzt über das Kommunale Rechenzentrum (krz) in Lemgo bereits das Programm &bdquo;Session", über das ein nicht-öffentliches Gremienportal und ein öffentliches Bürgerinfoportal gepflegt werden.

App für digitale Gremienarbeit In letzterem sind schon heute unter anderem der Sitzungskalender und alle öffentlichen Unterlagen für jedermann einsehbar. Darüber hinaus wird für die digitale Gremienarbeit eine App für Politiker angeboten, die dafür dann nur noch entsprechende Geräte und Software bräuchten.

Nach Auskunft des krz würde die Ausstattung der Ratsmitglieder einmalig 650 Euro für ein iPad, dessen technische Einrichtung und die Schulung des Nutzers kosten, plus monatlich 450 Euro für die Bereitstellung der Software, berichtet die Stadtverwaltung. Nicht bekannt sei, was im laufenden Betrieb noch an Betreuungskosten anfallen würde. Immerhin könne es vorkommen, dass die Technik einmal nicht funktioniert, dass jemand sein Passwort vergessen hat oder ähnliches.

&bdquo;Wir müssen uns beraten lassen", sagt Bürgermeister Heller. Und auch nach einer Umstellung müsse sicherlich ein nennenswerter Teil der Ratsunterlagen weiterhin verschickt werden, weil sie zum Beispiel Pläne enthielten, die sich digital nicht darstellen ließen. Man müsse also sehen, was sich am Ende tatsächlich einsparen ließe.

Abgestimmt worden ist über den FDP-Antrag noch nicht. &bdquo;Uns geht es darum, dass wir uns rechtzeitig eine Meinung bilden können", sagt Fraktionschef Thomas Trappmann mit Blick auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr, aus der ein neuer Stadtrat hervorgehen wird. Damit die Umstellung auf digitale Ratsarbeit, sofern sich denn eine politische Mehrheit dafür findet, baldmöglichst nach der Wahl erfolgen könne, müsse frühzeitig ein Betrag im städtischen Haushalt für 2021 dafür vorgesehen werden.

Erste Reaktionen im Hauptausschuss Viele Ratsmitglieder pflichteten der FDP im Hauptausschuss des Stadtrates grundsätzlich bei. Gleichzeitig wird befürchtet, dass künftig ständig gescrollt werden muss. &bdquo;Die Frage ist, wie praktikabel die digitale Arbeit zum Beispiel im Stadtentwicklungsausschuss ist", sagte Harald Matz (SPD) mit Blick auf die oft sehr umfangreichen Vorlagen. Kurzfristig gehe aber sicherlich kein Weg daran vorbei.

Die CDU steht der digitalen Ratsarbeit laut Uwe Wedel positiv gegenüber, wenngleich zunächst erst noch Kostenermittlungen erfolgen müssten. Auch Wulf Herrmann (Grüne) findet, dass das Thema angegangen werden müsse. &bdquo;Aber ich persönlich möchte die Unterlagen gerne weiterhin in Papierform haben.

Ich möchte mir Notizen machen können, und so muss man nicht die ganze Zeit scrollen", sagte er. Heinz-Jürgen Keller (Detmolder Alternative) sieht es ähnlich. Er sitze schon genug am PC und außerdem lasse sich Klimaschutz nicht durch Digitalisierung erreichen, wenn man sich die Produktion der Geräte, den dafür notwendigen Rohstoffabbau oder den Stromverbrauch ansehe. ( jab )

Ein Portal für die Bürger Die digitale Ratsarbeit in Detmold ist bislang nur eine Idee, bei der Stadtverwaltung sind die Weichen für die Digitalisierung bereits gestellt und Projekte in der Umsetzung. Das liegt auch daran, dass zeitlich gesehen Druck auf dem Kessel ist.

&bdquo;Die gesetzliche Forderung, bis 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online anzubieten, stellt nicht nur die Detmolder Stadtverwaltung vor die Herausforderung, die Digitalisierung in allen Bereichen voranzutreiben", berichtet die Verwaltung. Deshalb habe man sich mit anderen Kommunen und dem Kommunalen Rechenzentrum zusammen getan und im Januar 2018 ein Projekt zur Erarbeitung einer E-Government-Strategie gestartet. Im Oktober wurde zudem der Arbeitskreis &bdquo;Digitale Verwaltung und E-Services" innerhalb der Detmolder Stadtverwaltung gegründet, der die Umsetzung der Digitalstrategie begleitet.

In einem ersten Schritt ging es um ein Bürgerportal, über das die Bürger zum Beispiel Dienstleistungen der Verwaltung online beantragen können. Der Start ist für diesen Monat vorgesehen. Parallel läuft die Planung für ein Portal für Unternehmen. Darüber hinaus möchte die Stadt ebenfalls noch in diesem Jahr eine Bürgerbeteiligungsplattform anbieten, um neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung zu schaffen.

Im zweiten Schritt geht es darum, dass die Daten, die von den Antragstellern mitgeliefert werden, auch ohne Probleme weiter verarbeitet werden können. Außerdem werde ein Dokumentenmanagement im Fokus der nächsten Jahre stehen. Und darüber hinaus sollen im Zusammenhang mit der Digitalisierung interne Prozesse innerhalb der Verwaltung betrachtet werden. Auch zu diesem Punkt hat sich die Stadt einem interkommunalen Arbeitskreis angeschlossen.

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