Traditionskneipe „Neuer Krug“ wird zum Thai-Restaurant

Detmold . Eine Ära ist fast unbemerkt zu Ende gegangen. Der Neue Krug, eine der letzten gastronomischen Urgewalten, wird seine hölzernen Türen nicht mehr öffnen. Zumindest nicht so, wie ihn die Detmolder lange kannten. Seit anderthalb Jahren schon sucht Wirtin Monika Pütz Fernandez Reyes einen geeigneten Nachfolger , der ihr Lebenswerk nach mehr als drei Jahrzehnten übernimmt.

Mit Familie Davong hat die 59-Jährige jetzt einen passenden Käufer für das imposante Objekt gefunden. Das Ehepaar ist in der Gastro-Szene nicht unbekannt, die Davongs betreiben selbst schon seit 22 Jahren ein Restaurant am Innenstadtrand. Nun heißt es also Aufbruch. Denn die Traditionskneipe wird zum Thai-Restaurant.

Der unverkennbare Charme des dunklen Holzes im Gastraum soll bleiben, genau wie die rustikalen Tische und prachtvollen Gemälde an den Wänden, mit denen der Legende nach schon vor Jahrhunderten ein berühmter Maler seine Zeche im Krug beglichen haben soll. Die ganze Kneipe strotzt nach mehr als 300 Jahren nur so vor Geschichte – vom Dielenboden bis zum Dachtürmchen. Wirtin Monika Pütz Fernandez Reyes blickt zufrieden auf ihr Lebenswerk. Den Krug aufzugeben, habe sie nach dem Tod ihres Ehemannes Ramon vor knapp fünf Jahren schon lange vorgehabt, nun ist es also soweit.

Doch ein wenig komisch fühlt es sich jetzt schon an, schließlich hat das Coronavirus die Wirtin um ihren letzten Abend betrogen. &bdquo;Ich hätte mich gerne von meinen Gästen persönlich verabschiedet." Zwar sei der Verkauf nach den ersten Verhandlungen im Dezember schon länger klar gewesen, doch durch den plötzlichen Shutdown Anfang März blieb ein emotionaler Moment aus – sei es beim letzten gezapften Bier oder dem letzten Plausch mit den Gästen.

Kein "letzter Abend" Aber der Abschied soll nachgeholt werden, sofern es die Pandemie im Herbst bei der Neueröffnung des thailändischen Restaurants &bdquo;Ban Phaitong" im Neuen Krug zulässt. &bdquo;Witzig ist, dass viele unserer Stammgäste sich überschneiden", sagt Monika Pütz Fernandez Reyes. Kein Wunder, schließlich sind Vieng Vilay Davong und seine Frau Sisomphone mit ihrer thailändischen Küche schon selbst seit 22 Jahren in der Elisabethstraße nah am Kaiser-Wilhelm-Platz bekannt. Doch das Paar ist schon länger unglücklich mit dem alten Standort. Im November 2015 ließ der Verpächter den Dokumenten nach die hauseigene Kegelbahn und schließlich auch den kleinen Biergarten im Innenhof abreißen, angeblich um sich dort ein eigenes Häuschen zu bauen. &bdquo;Eigentlich war das nicht in Ordnung, schließlich gab es einen laufenden Pachtvertrag", sagt Ulrich Hübental, der das Ehepaar aus Laos seit Jahren bei der Immobiliensuche unterstützt. &bdquo;Im Sommer war es für uns seitdem schwierig und der Innenbereich ist sowieso sehr eng", sagt Sisomphone Davong.

Das Gastronomenpaar habe damals dennoch keine rechtlichen Schritten unternommen und stattdessen nebenbei nach einer Alternative gesucht. Vor anderthalb Jahren hatten sie bei Monika Pütz Fernandez Reyes schon einmal angefragt, als diese bekannt gab, sich aus dem Krug zurückzuziehen. &bdquo;Doch da wart ihr noch nicht bereit zu kaufen", erinnert sich Pütz Fernandez Reyes. Ein Pachtvertrag kam nicht infrage, die langjährige Inhaberin wollte mit dem Kapitel nach 30 Jahren ganz abschließen.

Nun sind sich die Gastronomen einig geworden, im Juni will Monika Pütz Fernandez Reyes die Schlüssel übergeben. Nur den ursprünglichen Wunsch, das Konzept des Kruges beizubehalten, konnte sie sich nicht erfüllen. &bdquo;Das wollte niemand. Insgesamt gab es zehn Interessenten, alle haben letztendlich zurückgezogen", sagt sie. Doch die Gastronomin ist froh, ihren geliebten Krug nun in vertraute Hände zu übergeben, die hier selbst schon lange verwurzelt sind. Ab Mitte Juli wollen die Davongs erst einmal mit Außer-Haus-Verkauf im kleinen Ausschankgebäude nebenan starten, der letzte Tag in der Elisabethstraße sei für den 15. Juni geplant.

Parallel soll im Haupthaus dann der Umbau losgehen, vor allem die Küche müsse an die thailändischen Bedürfnisse angepasst werden. &bdquo;Und ein wenig Thaiflair muss ja auch sein", sagt die neue Krug-Chefin. Den großen Biergarten werden die Davongs wohl erst im nächsten Jahr nutzen können, denn das Restaurant soll erst im Herbst eröffnen – dann auch mit weniger Sitzplätzen. Einen davon wird sich dann wohl die einstige Wirtin des Kruges ergattern: &bdquo;Ich hoffe sehr, dann auch ein paar meiner alten Gäste zu sehen."

300 Jahre Krug-Geschichte Angefangen hatte alles im Jahr 1709 mit Graf Friedrich Adolph, der seiner Gattin Amalie das Grundstück am Friedrichstaler Kanal schenkte und ihr eine Ermächtigungsurkunde ausstellte, auf diesem einen Krug erbauen zu lassen. Der Gräfin war das Recht zugesprochen worden, &bdquo;allerhand Wein und Brannntewein zu versellen" und Bier selbst zu brauen sowie zu verkaufen. Ein Krug war damals wohl schon auf dem Gelände vorhanden, der Altbau wurde daraufhin in einen Brennereibetrieb umgerüstet. Das Branntweinhaus zog aufgrund seiner Monopolstellung schon damals zahlreiche Gäste an. Im Jahr 1715/1716 wurde der Krug erneut um ein &bdquo;Lusthaus" erweitert. Schon damals soll er eine beliebte Gaststätte für die Detmolder gewesen sein, in der auch politische Beschlüsse gefasst wurden.

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