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Der Schöpfer des Hermannsdenkmals im fiktiven Interview

Martin Hostert

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Das Hermannsdenkmal. - © Archivfoto: Torben Gocke
Das Hermannsdenkmal. (© Archivfoto: Torben Gocke)

Detmold. 150 Jahre lang ist Ernst von Bandel nun Ehrenbürger der Stadt Detmold – die Residenz widmet einem ihrer ganz Großen im Sommer dieses Jahres eine Ausstellung. Die LZ erreichte den 221-jährigen Erbauer des Hermannsdenkmals zu einem Exklusivinterview auf Wolke Sieben.

Ein Gemälde von Ernst von Bandel. - © Martin Hostert
Ein Gemälde von Ernst von Bandel. (© Martin Hostert)

Herr von Bandel, 150 Jahre Ehrenbürger. Gratuliere! Ein stolzer Jahrestag. Wie fühlen Sie sich?

Ernst von Bandel:(der Künstler spricht in stark fränkisch gefärbtem Idiom) Die Detmolder sprechen ja nicht umsonst liebevoll als „Ernie" über mich; wie mir hier oben berichtet worden ist ... Ich selber nenne mich „der Alte vom Berge". In aller Bescheidenheit: Ich glaube, ich hab alles richtig gemacht. Ich wollte ein Denkmal für die Ewigkeit bauen, das ist mir gelungen. Waren zu meinen Zeiten schon zwei- bis viertausend Besucher im Jahr hier oben, kommen heute rund 500.000. Gut auch, dass es damals schon eine Restauration gab.

Fühlen Sie sich denn als Touristiker?

Von Bandel: Ein wenig schon. Ich wollte aber in erster Linie natürlich ein Monument für unseren Cheruskerfürsten Arminius erschaffen, um ihn zu ehren. An einer weithin sichtbaren Stelle, da, wo die Varusschlacht stattgefunden hatte. Ein optimaler Platz. Ich hatte erst an die Externsteine gedacht, aber das war und ist mir dort alles ein wenig zu spirituell....

Was sagen Sie denn Kritikern, der Hermann solle doch bitteschön besser nicht Richtung Frankreich gucken, sondern nach Detmold ’runter?

Von Bandel: Erstens guckt er den besiegten Truppen Richtung Westen zum Rhein hinterher, nicht nach Frankreich. Dann hätte ich ihn ein paar Grad drehen müssen, bin ja kein Amateur. Zweitens: Hätten die Detmolder ihr Städtchen doch auf die andere Seite bauen können!

Von Künstlerhand: Der Hermann. - © Martin Hostert
Von Künstlerhand: Der Hermann. (© Martin Hostert)

Das klingt, als seien Sie doch ein wenig eingeschnappt.

Von Bandel: Die Finanzierung durch den hiesigen Hermannverein hier oben war eben so eine Sache: Alles Pfennigfuchser und keine Künstler! Ich musste sogar Grabsteine hauen und andere Brot-und-Butter-Aufträge annehmen, um die Goldtaler zusammenzubekommen. Ich habe mich später vom Verein getrennt und den Vorstand nur noch als Schlafmützen bezeichnet. Zum Glück waren andere, wie die Hannoveraner, die Bayern oder das englische Königshaus, spendabler. 10.000 Taler gab es vom Reichstag, also vom Steuerzahler, und auch vom König.

Wie teuer war denn das Ganze überhaupt?

Von Bandel: Stolze 190.000 Taler! Aber ich musste in Detmold sogar 2000 Goldtaler hinterlegen – als Sicherheit, dass ich meine Familie ernähren könne. Gut, dass ich in meinen letzten zwei Lebensjahren komplett hier in die Hütte gezogen bin. Ein robustes Ding, das bis heute hält! Leider sind die Fenster verrammelt.

Die gut hält, aber durchaus spartanisch eingerichtet war. Vorne eine Werkstatt, hinten ein Sack Stroh zum Schlafen.

Von Bandel: Ich war ja zum Arbeiten hier, wollte nicht in einem Palast wohnen. Musste vieles selber machen, alles kontrollieren, sieben Tage die Woche, 24 Stunden. Wenn Sie heute über Fachkräftemangel klagen, hätten Sie mal damals dabei sein sollen.

Wieso?

Von Bandel: ein Kupferschmied, der die Figur vernünftig zusammenbaut? Da konnten Sie lange suchen, bin bis nach Lemgo gelaufen, um einen zu finden. Fehlanzeige. Und die Steinmetze erst, ich musste die Leute selber anleiten und einarbeiten. Aber ich habe immer pünktlich samstags den Lohn ausgezahlt, für 70 Leute. Ein riesiges Konjunkturprogramm. Nach dem Sockelbau musste ich dennoch viele Jahre Pause machen, Geld sammeln. In dieser Zeit brachte ich mir das Kupferschmiedehandwerk selber bei.

Dann ging es aber weiter...

Von Bandel: Als ich 1870 aus Hannover zurückkam, waren die Bauhütten verfallen, es mussten neue gebaut werden. Gut, dass ich die Kupferplatten zwischendurch in Detmold eingelagert hatte, da waren schon welche geklaut worden. Aber der Sockel stand noch.

Dann mussten Sie das schwierige technische Problem lösen, wie denn die Kupferplatten zusammengehalten werden könnten.

Von Bandel: Da hat mein Sohn Roderich mir geholfen. Wir haben eine neue moderne innere Konstruktion gebaut und die Platten für die Figur schließlich direkt vor Ort oben zusammengenietet, dafür haben wir extra im Monument selbst ein Schmiedefeuer entfacht. Aber sehen Sie, was wir geschafft haben: Arminius ist fast 27 Meter groß, der Kaiser Wilhelm in Porta Westfalica nur sieben!

Ihr Sohn war also eingebunden. Und der Rest der Familie?

Von Bandel: Hat mich voll unterstützt. Meine Frau hat immer gesagt: „Setze unser gesamtes Vermögen ein, bau deinen Arminius!" Der Familienzusammenhalt ist uns in die Wiege gelegt. Durch die unermüdlichen Erzählungen meines Vaters über Arminius war erst der flammende Wunsch aufgekommen, das Monument zu bauen. Schön, dass ich die Einweihung noch erleben durfte!

Und wie gefällt es Ihnen heute hier oben?

Von Bandel: Ganz gut. Die Sandsteinbüste vor der Hütte allerdings finde ich fürchterlich. So soll ich aussehen? Eine schlechte Bildhauerarbeit. Und vielleicht sollten man mal die Dinge aus meiner Hütte besser präsentieren und lieber zeigen, wie ich wirklich gelebt habe. Aber unterm Strich ist schon alles gut hier. Diese Pläne, von denen man munkelt, von wegen Erlebniswelt und so, finde ich auch spannend. Ich weiß bloß nicht, warum so viele Menschen mit Maske vorm Gesicht herumlaufen.


Multitalent

Ernst von Bandel wurde am 17. Mai 1800 in Ansbach geboren. Er war Bildhauer, Baumeister, Ingenieur, Zimmermeister, Maler, und wurde mit 63 Jahren noch Kupferschmied. „Er hat deutlich mehr Kunst geschaffen als das imposante Hermannsdenkmal", würdigt ihn das Landesmuseum. Allein das bildhauerische Erbe umfasse 150 Werke. Am Festakt zur Einweihung des Hermannsdenkmals hatte er – geschwächt durch eine Nierenkrankheit – am 16. August 1875 noch teilnehmen können. Er starb am 25. September 1876, begraben ist er Stadtfriedhof Engesohde in Hannover.

Das Interview führte LZ-Redakteur Martin Hostert. Er bedankt sich bei Gästeführer Carl-Heinz Helwig, der freundlicherweise den Kontakt zu Ernst von Bandel geknüpft und das Gespräch moderiert hat.

Carl-Heinz Helwig „moderierte" das Bandel-Interview. - © Martin Hostert
Carl-Heinz Helwig „moderierte" das Bandel-Interview. (© Martin Hostert)

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