Vom Restaurator im Detmolder Freilichtmuseum zum Direktor in Bayern

Detmold. 24 Jahre lang ist Timm Miersch als Gebäuderestaurator im LWL-Freilichtmuseum Detmold tätig gewesen. Jetzt wird er Direktor der Freilichtmuseen Niederbayern mit Standorten in Massing und Finsterau. Den veritablen Schritt auf der Karriereleiter verdankt der 49-Jährige seinem beruflichen Profil mit dem soliden Mix aus Praxis und Theorie, seiner gezielten Vorbereitung auf einen solchen Posten – und einem guten Schuss &bdquo;Jetzt erst recht"-Energie.

Denn die Bewerbung auf die tatsächlich ausgeschriebene Stelle als Museumsleiter, die Timm Miersch im Frühjahr nach Niederbayern schickt, ist ursprünglich &bdquo;nur" als Übungsaufgabe im Masterstudium Museumsmanagement und Museumskommunikation gedacht, das er über die vergangenen drei Jahre absolviert hat. &bdquo;Ich hatte meine Bewerbung in dem Stil aufgebaut, dass ich geschrieben habe: Alles, was Sie suchen, bin ich nicht, aber vielleicht können Sie mich doch gebrauchen", erzählt er. Als er seine Übungsbewerbung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin vorstellt, wird sie von allen zerrissen. &bdquo;Alle fanden, so könne man das auf keinen Fall machen. Aus lauter Ärger habe ich dann beschlossen: Jetzt schicke ich sie ab." Timm Miersch lacht.

Start ist im Oktober

Die als Übung gedachte Bewerbung bringt ihm eine Einladung zum Vorstellungsgespräch ein, er kommt in die zweite Runde – und erhält schließlich den Zuschlag. Beim dortigen Auswahlgremium sticht er mit der Kombination aus Handwerk, Konzeption und Management sowie mit seiner großen Freilichtmuseumserfahrung. Im Oktober wird der 49-Jährige als Leiter der Freilichtmuseen Niederbayern antreten.

Wie hat sie angefangen, die Geschichte mit Timm Miersch und den Museen? Aufgewachsen ist er in der ehemaligen DDR. Als er dort sein Abi nicht kriegt, beschließt er: &bdquo;Dann geh ich halt auf den Bau." Aus einem Praktikum bei der Denkmalpflege Berlin ergibt sich die Ausbildung zum Zimmerer, auf die er in Leipzig den &bdquo;Spezialhandwerker Denkmalpflege" aufsattelt. Nach einem Jahr Elternzeit arbeitet er zwei Jahre lang in seinem Lehrbetrieb, stellt aber fest, dass ihm das auf Dauer nicht reicht. &bdquo;Nur so dumpf Geselle zu sein, war doof", erinnert sich Timm Miersch.

24 Jahre lange Treue

Nach Lippe kommt er 1993, um am Felix-Fechenbach-Berufskolleg, der Fachschule Bau, seine Ausbildung zum Holztechniker in der Denkmalpflege zu absolvieren, parallel macht er seinen Zimmerermeister. Als er 1995 beide Abschlüsse in der Tasche hat, steckt sein Arbeitgeber in Berlin, der ihn für diese Ausbildungen freigestellt hat, mitten in der Baukrise. Timm Miersch kündigt – und bewirbt sich auf eine Stelle als Gebäuderestaurator im Freilichtmuseum Detmold, die gerade ausgeschrieben ist. Er bekommt die Stelle und bleibt ihr 24 Jahre lang treu. &bdquo;Das erste Gebäude, an dem ich damals mitgebaut habe, war die Wagenremise im Sauerländer Dorf", erinnert sich Timm Miersch. &bdquo;Wenn ich quer durch den heutigen Geländeplan eine Linie ziehe, habe ich an allen Bauten im hinteren Bereich Richtung Sauerländer Dorf mitgewirkt." Er ist aber nicht nur für den Ab- und Wiederaufbau von historischen Gebäuden zuständig, sondern auch für zeichnerische Dokumentation und Zustandskartierungen, Restaurierung und Unterhaltung musealer Bauwerke der Dauerausstellung sowie für die Unterstützung beim Ausstellungsbau, bei Veranstaltungen und in der Museumspädagogik.

Lieblingsort? Dach des Gräftenhofes

Gibt es einen Lieblingsort im Detmolder Freilichtmuseum? Auf jeden Fall, sagt der Restaurator. &bdquo;Das ist das Dach des Gräftenhofes, ein Kehlbalkendach, das in dieser Größe etwas ganz Besonderes ist, vor allem, wenn man sich vorstellt, dass unsere Vorfahren die Konstruktion ohne Kran aufgestellt haben." Timm Miersch überlegt kurz und ergänzt: &bdquo;Das ist ein Ort zum andächtig werden." Er sei dem Detmolder Freilichtmuseum und der LWL-Fortbildungsabteilung unglaublich dankbar für die weitreichenden Erfahrungen, die er sammeln konnte, und für die Unterstützung bei seinem Studium, sagt Timm Miersch. Und auch in privater Hinsicht spielt die Zeit im Detmolder Freilichtmuseum für ihn eine entscheidende Rolle. Dort lernt er seine Frau Anja Feldmann kennen, die ebenfalls im Museum arbeitet – und das auch weiterhin tun wird. Timm Miersch zieht fürs Erste allein nach Niederbayern.

Dort erwarten ihn in Massing und Finsterau zwei Freilichtmuseen mit je 25 Häusern – &bdquo;Gebäude aus dem Böhmischen Wald und dem Bayerischen Wald" – auf zehn Hektar Fläche. Die Museen haben je 16 Vollzeitstellen und verzeichneten vor Corona 35.000 bis 40.000 Besucher im Jahr. &bdquo;Beide Museen sind dafür bekannt, dass sie in den vergangenen Jahren gute Vokabulare herausgegeben haben", sagt Timm Miersch. Das passt: Über die Erstellung von Thesauren, wissenschaftlichen Wortsammlungen, hat der frisch gebackene Museumsleiter seine Bachelorarbeit geschrieben. Eins der ersten Ausstellungsprojekte, die er verantworten wird, ist das um Berta Hummel, die Schöpferin der berühmten &bdquo;Hummel-Figuren", deren Sammlung als Dauerleihgabe ans Museum in Massing geht. &bdquo;Darauf freue ich mich sehr. Nicht wegen der leicht kitschigen Figürchen, sondern weil sie eine für ihre Zeit sehr emanzipierte Frau war", sagt Timm Miersch. &bdquo;Und diesen Aspekt werden wir in der Ausstellung hervorheben, wenn wir die Sammlung wissenschaftlich erschlossen haben."

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