An diesen Stellen halten LZ-Leser Tempo 30 für unsinnig

Detmold. Welche Tempo-30-Zonen halten Sie für sinnvoll, welche halten Sie für unsinnig? - das wollte die LZ von ihren Lesern wissen. Knapp 100 Teilnehmer gaben ihre Meinung ab und nannten meist gleich ganze Straßen statt einzelner Zonen. Aus den Begründungen ist der Ärger über die Geschwindigkeitsbeschränkungen, durch die sie sich im Alltag ausgebremst fühlen, deutlich herauszulesen. Und eine Straße fällt dabei besonders ins Auge.

Platz 1: Paulinenstraße Die Paulinenstraße hat bei der Umfrage die meisten Nennungen als unsinnige Tempo-30-Zone erhalten - also ausgerechnet der Bereich des Innenstadtrings, auf dem die Beschränkung noch ausgeweitet werden soll. Gilt sie aktuell vom Hornschen Tor bis zur Einmündung Bielefelder Straße, soll sie künftig weiter bis zur Kreuzung mit der Lageschen- und Lemgoer Straße reichen. Der Grund für das Tempolimit scheint für viele nicht nachvollziehbar zu sein. "Genug Ampelanlagen und beidseitige Bürgersteige", schreibt ein Leser. "Die Fußgänger sind ausreichend von der Fahrbahn entfernt", ergänzt ein anderer.

Ein höherer Spritverbrauch und CO2-Ausstoß sind Gründe, die aus Sicht von Umfrageteilnehmern gegen ein Tempolimit sprechen. Und auch die Tatsache, dass man zur Rush Hour gar nicht schneller als 30 fahren könne - ein Argument, das die Stadt Detmold selbst benutzt, um die Geschwindigkeitsbeschränkung zu begründen. Die Autofahrer finden dagegen, dass man dann auch darauf verzichten könnte, damit man wenigstens außerhalb der Stoßzeiten schneller vorankommt. "Nachts fährt man bei leerer Straße unnötig lang durch die Innenstadt. Das 30-Gebot würde auch von 7 bis 19 Uhr völlig reichen", findet ein Leser.

Das sagt die Stadtverwaltung Andreas Raabe vom Team Verkehr der Stadtverwaltung weiß, dass Tempo 30 auf der Paulinenstraße für viele nicht hundertprozentig nachvollziehbar ist. "Beim genaueren Hinsehen erkennt man aber, dass laufend Radfahrer auf dem Gehweg unterwegs sind, die die Fußgänger gefährden", erklärt er. Es komme täglich zu unfallträchtigen Situationen, zum Beispiel an Einmündungen wie der Arminstraße, wo Radfahrer häufig auch noch auf der falschen Seite unterwegs seien. Viele fühlten sich wegen des hohen Verkehrsaufkommens auf der Paulinenstraße nicht sicher. Und weil es nicht genügend Platz gebe, um Radwege einzurichten, sei eben das Tempo herunter gesetzt worden.

Eine zeitliche Begrenzung für das Tempolimit, die per Zusatzschild kundgetan würde, hält Raabe nicht für sinnvoll, weil dies seiner Erfahrung nach eher für Verwirrung sorgt. Was aber theoretisch eine Möglichkeit wäre, wäre eine Einbahnstraßenregelung auf dem Innenstadtring , die sich derzeit in der Diskussion befindet. "Wenn wir dadurch genug Platz hätten, um vernünftige Anlagen für den Rad- und Fußverkehr zu schaffen, könnte man vielleicht wieder auf 50 gehen", sagt der Fachmann.

Platz 2 und 3: Haupteinfallstraßen Neben der Paulinenstraße haben die Haupteinfallstraßen die meisten Nennungen bei der Umfrage erhalten: Bielefelder- und Lemgoer Straße, Blomberger Straße, Hornsche Straße. Auch bei ihnen klagen viele über das Tempolimit. "Es dauert viel länger, die Stadt zu durchqueren als vor fünf Jahren", schreibt ein Teilnehmer. Andere wundern sich darüber, warum Tempo 30 vor den anliegenden Schulen und Kitas nur in seltenen Fällen zeitlich begrenzt wird. Wieder andere sehen in den Tempolimits eine Strategie der Stadt, durch Blitzen Geld einnehmen und den Autoverkehr aus der Stadt drängen zu können.

Das sagt die Stadtverwaltung Auf diese Argumente angesprochen, verweist Andreas Raabe auf zwei Dinge: Tests hätten gezeigt, dass der Zeitverlust durch die Geschwindigkeitsbeschränkung minimal sei, und den mittlerweile nicht mehr ganz neuen Erlass, dass vor schützenswerten Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Altenheimen 30 gelten soll. Eine zeitliche Begrenzung sei dort realisiert worden, wo es ging. "Manchmal gibt es aber auch eine doppelte und dreifache Begründung", sagt der Fachmann. Auch Lärmbelastung oder Unfallhäufungen gehörten dazu.

Beispiel: Lemgoer Straße. Auch dort seien immer wieder Radfahrer auf dem Gehweg unterwegs. Vor der Tankstelle an der Einmündung Marienstraße und der Sparkasse sei es immer wieder knirsch, wegen der Querung und weil Seitenanlagen fehlten.

Dass die Stadt Abzocke betreibe, stimme nicht. "Wenn ich eine Beschränkung anordne, habe ich auch die Pflicht, sie zu kontrollieren", betont Raabe. Aufgabe der Stadtverwaltung sei es, vernünftig abzuwägen, wo Tempolimits sinnvoll seien. Sie seien nicht dazu angelegt, Menschen zu ärgern. "Es geht um die Sicherstellung der Verkehrssicherheit."

Sinnvolle Zonen Dass es auf der anderen Seite viele Menschen gibt, die Tempo-30-Zonen befürworten und teilweise sogar gerne noch mehr davon hätten , hat die Umfrage ebenfalls bestätigt. Fast die Hälfte der Teilnehmer hat Straßen oder ganz bestimmte Stellen genannt, an denen eine Geschwindigkeitsbeschränkung sinnvoll ist - insbesondere vor Schulen, in Wohngebieten und Nebenstraßen. "Weil Kinder auf den Straßen sein könnten", schreibt ein Teilnehmer und spricht damit eine schützenswerte Gruppe an. Ältere Menschen, die Geschwindigkeiten falsch einschätzten, und Radfahrer sind ebenfalls darunter.

Wieder andere Teilnehmer berufen sich auf die geringere Lärmbelastung: "Lkw und Co. donnern nicht mehr so laut durch den Ort", heißt es von einem Leser. "Nachtraser ausbremsen", nennt ein anderer als Grund. Mehr Kontrollen gehören zu den Wünschen der Teilnehmer sowie zusätzliche Zebrastreifen oder Inseln als Fußgängerüberweg in bestimmten Bereichen. Und: Es solle bitte kein Patchwork, also keinen Wechsel zwischen 30 und 50, geben.

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