Fahrradstraßen in Detmold: Bürger kritisieren mangelnde Sicherheit

Detmold. Mit einem simplen Schildertausch lässt sich schnell aus einer 30er-Zone eine Fahrradstraße machen. Sogar der Schilderrahmen kann dafür oft wiederverwendet werden, weil das quadratische &bdquo;Zone 30“-Schild die gleichen Maße hat wie das quadratische Schild &bdquo;Fahrradstraße“. Weil die neue Beschilderung meist mit dem Zusatz &bdquo;Personenwagen und Krafträder frei“ oder &bdquo;Anlieger frei“ versehen wird, ändert sich für den motorisierten Verkehr allerdings so gut wie nichts. Viele Autofahrer werden die Änderung gar nicht mitbekommen. Das kritisieren auch LZ-Leser. Um wirklich sichtbar zu machen, dass Fahrradfahrer nun Vorrang vor anderem Verkehr haben, müsste die Straße auch baulich verändert werden - was aber deutlich mehr kostet als ein Schildertausch.

Die Meldung über einen auf der Fahrradstraße &bdquo;Unterer Weg“ - die parallel zur Paderborner Straße Hiddesen mit Heiligenkirchen verbindet - angefahrenen Teenager , hat LZ-Leser Burkhard Hebing zum Anlass genommen, einen Leserbrief zu schreiben. Er selbst erlebe dort regelmäßig kritische Verkehrssituationen, schreibt er. Natürlich hätte der Autofahrer den Radfahrer nicht mit so wenig Abstand überholen dürfen, &bdquo;andererseits sehe ich aber auch eine gehörige Mitschuld der Stadt Detmold, die sich leider nicht an den Empfehlungen des Bundesamtes für Logistik und Mobilität orientiert“, schreibt Hebing und zitiert: &bdquo;Entscheidend für den Erfolg einer Fahrradstraße ist die Qualität ihrer Umsetzung. Fahrradstraßen funktionieren nur dann wirklich gut, wenn sie gut gestaltet sind und den Radverkehr in den Mittelpunkt setzen.“

Leser: Minimale Beschilderung, kaum erkennbare Markierungen Die 14 Jahre alte Fahrradstraße sei in einem desolaten Zustand: &bdquo;Minimale Beschilderung, kaum erkennbare Fahrbahnmarkierungen, keine farbliche Fahrbahnspur, mehrere (unschöne) Fahrbahn beengende Betonhindernisse.“

Eine Mitschuld an dem Unfall weist die Stadt von sich. Die Fahrradstraße sei in einem verkehrssicheren Zustand. Stadt und Polizei verweisen auf die Rücksicht- und Mindestabstand-Regeln der Straßenverkehrsordnung, die - wären sie beachtet worden - den Unfall wohl verhindert hätten. Und gerade die Betonhindernisse senkten das Geschwindigkeitsniveau auf dem gradlinigen Straßenverlauf.

Auch bei der Emilienstraße am Campus der TH-OWL und am Grundschulstandort Bachschule hat die Stadt Detmold eine Fahrradstraße ausgeschildert. Bis auf Änderungen der Vorfahrtregeln an den Kreuzungen mit der Bach- und der Moltkestraße und auf den Asphalt gepinselten Fahrrad-Piktorgrammen ist nichts an der vormaligen 30er-Zone geändert worden. Kurz vor dem Bahnhof ist die Fahrradstraße groteskerweise die Hauptzufahrt zum Busbahnhof mit entsprechend starkem Linienbusverkehr. Und die aus der Sachsenstraße kommenden Busse haben - weil es hier bei der Rechts-vor-Links-Regelung blieb - sogar Vorfahrt vor den Radlern. Der von der LZ befragte Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) plädierte dafür, in einer Fahrradstraße der Radler-Vorrang auch optisch sichtbar zu machen .

Lemgo verengt viele Fahrradstraßen optisch Detmolds Nachbarstadt Lemgo geht teilweise anders mit dem Thema Fahrradstraße um. Zu den bekannten Fahrradstraßen Lemgos gehören neben der Pideritstraße - mit mehr 20 als Jahren Lemgos älteste Fahrradstraße - auch die Franz-Liszt-Straße, ein Teil der Kleiststraße, der Pahnsiek oder der Steinstoß. Während Franz-Liszt-Straße und Kleiststraße auch nur anders beschilderte 30er-Zonen sind, hat die Stadt die anderen Straßen mit einem beidseitigen dick gestrichelten Parkstreifen optisch verengt und so zumindest sehr deutlich gemacht, dass in dieser Straße etwas anders läuft. Für letzte Klarheit sorgen dann die Fahrrad-Piktorgramme auf dem Asphalt. Der Steinstoß ist zusätzlich für den Auto-Durchgangsverkehr baulich gesperrt. Für Radler bleibt es hingegen eine Haupteinfallstraße ins Zentrum.

In Bad Salzuflen gibt es derzeit gar keine Fahrradstraßen. Die Stadtverwaltung denkt aber über eine künftige Ausschilderung nach. Dann könnte beispielsweise die Platanenstraße in Schötmar zu einer Fahrradstraße werden.

LZ-Leserin Gerlinde Ziemendorff bezieht sich in ihrem Leserbrief auf einen LZ-Artikel über unterschiedliche Ideen zur Verkehrsberuhigung in der Detmolder Innenstadt: Darin wird beschrieben, dass viele Autofahrer die Bandel- und die Palaisstraße als Schleichweg nutzen, um schneller als auf den Hauptstraßen an ihr Ziel zu kommen. &bdquo;Um dies zu verhindern, sollte die Ausfahrt aus der Benekestraße in die Paulinenstraße baulich unterbunden werden . Damit war die Verwaltung jedoch auf massive Kritik gestoßen, weshalb die Idee erstmal nicht weiterverfolgt werden soll“, heißt es in dem Artikel. Freiligrath-, und Palaisstraße sind Fahrradstraßen, die Bandelstraße ist eine 30er-Zone.

Leserin: Drängelnde Autofahrer und rasende Lieferwagen Ziemendorff bestätigt die schwierigen Verkehrsverhältnisse. Palais- und Bandelstraße seien durch parkende Autos an den Seiten so schmal, dass viele Autos Radfahrer dort ohne Mindestabstand überholten. &bdquo;Wenn ich mit Abstand zu den parkenden Autos fahre, höre ich oft dicht hinter mir das drängelnde Motorengeräusch“, schreibt Ziemendorff. &bdquo;Ich erlebe immer wieder, dass auch größere Lieferwagen dort mit mehr als Tempo 50 (30 ist erlaubt) ,durchbrettern’.“

Sie fragt sich, warum die Stadt den Kritikern von mehr Verkehrsberuhigung folgt. &bdquo;Warum können die Straßen nicht beruhigt werden, so dass nur Anliegern das Fahren dort erlaubt wird? Damit wäre so viel gewonnen und kaum etwas verloren, außer ein paar Minuten.“

Stadt-Pressesprechern Daniela Lang begründet den Rückzug bei der Abbindung der Benekestraße mit &bdquo;politischem Widerstand“. &bdquo; Derzeit befassen sich die Mobilitätsexperten in der Stadtverwaltung damit, welche Maßnahmen stattdessen vor Ort ergriffen werden können, um die gewünschte Verkehrsberuhigung zu erreichen.“

Stadt und Polizei: Keine Unfallhäufung Die Polizei habe auf dem dem Unteren Weg und auf der Palaisstraße keine Unfallhäufung feststellen können, schreibt Lang. &bdquo; Auf beiden Straßen gab es innerhalb der drei Jahre je einen Unfall .“

Eine verdeckte Verkehrszählung in der Palaisstraße im Februar 2024 habe aber ein &bdquo;erhöhtes Geschwindigkeitsniveau“ bestätigt. Geschwindigkeiten von mehr als 50 Stundenkilometer seien aber in der einwöchigen Messzeit ( 9465 Fahrzeuge) nur sieben Mal vorgekommen.

Die Verwaltung der Stadt Detmold arbeite darüber hinaus derzeit an einem Konzept zur Gestaltung der Fahrradstraßen. &bdquo;Hierbei liegt die Gestaltung nach dem Ende 2023 zur Verfügung gestellten Leitfaden &bdquo;Fahrradstraßen“ der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) zugrunde“, schreibt Lang. Dieser Leitfaden gebe einheitliche Gestaltungsleitlinien für NRW vor.

Fahrradstraßen in Detmold: Bürger kritisieren mangelnde Sicherheit

Detmolder Palaisstraße wird teilweise zur Einbahnstraße

Nach Bürgerbeteiligung: So geht es mit Bruchberg, Fußgängerzone und Co. in Detmold weiter

Detmolder Emilienstraße: Eng getakteter Busverkehr auf der Fahrradstraße

Radfahren soll für die Schlänger attraktiver werden

Tempo 30 auf dem Prüfstand: Detmold überarbeitet sein Verkehrskonzept

Fahrradstraße Emilienstraße: ADFC schlägt Verbesserungen vor