Familie macht kuriose Entdeckung: Diese Schildkröte lebt am Detmolder Meschesee

Detmold-Nienhagen. Enten, Gänse, Schwäne – damit hätte Familie Engbert am vorletzten Wochenende bei ihrem sonntäglichen Spaziergang rund um den Meschesee noch am ehesten gerechnet. Dass sie am Ende auf eine gut 30 bis 35 Zentimeter große Schildkröte treffen sollten, die hier wohl seit längerem heimisch ist, das kam dann aber doch etwas überraschend.

Familienvater Christian Engbert (38) lebt mit seiner Frau, den beiden vier und zwei Jahre alten Söhnen und der vier Monate alten Tochter in Heidenoldendorf. Regelmäßig ist man mit den Kindern am See unterwegs, so auch an diesem Sonntag. Als die fünf auf der Seeseite in Richtung Nienhagen neben den Bahngleisen und schon fast am Parkplatz angelangt sind, nimmt Christian Engbert auf einmal die Schildkröte im Gebüsch wahr. Sie hatte sich unter einem Brennnesselstrauch verkrochen. &bdquo;Wir konnten es erst gar nicht glauben“, erzählt Engbert.

Tierarzt vermutet Aussetzung Für die Familie steht aber direkt fest: Sie müssen etwas tun. Kurzerhand ruft Christian Engbert beim Detmolder Tierheim an, ob denn jemand seine Schildkröte vermisse oder man sie dort aufnehmen könne. Doch die hätten für das Tier in der Größe keine Unterbringungsmöglichkeit gehabt. Man rät Engbert aber, beim Veterinäramt anzurufen. Weil Sonntag ist, landet er schließlich über eine Notfallnummer beim diensthabenden Tierarzt.

Für den habe sofort festgestanden, dass das Tier ausgesetzt worden sein muss. &bdquo;Er ging auch davon aus, dass es schon ein Weilchen hier am Meschesee lebt und widerstandsfähig genug ist, um sogar den Winter zu überstehen“, erzählt Engbert. Auch wäre es für das Tier vermutlich besser, es am See leben zu lassen als es in ein Terrarium zu stecken. Dass sich die Schildkröte relativ nah an der Straße aufgehalten habe, konnte der Tierarzt ebenfalls erklären: Die Tiere würden sich dann aufwärmen.

Falls er es schaffe und sich traue, riet der Tierarzt Christian Engbert noch, das Tier am Panzer zu packen und in der Nähe des Wassers abzusetzen. &bdquo;Aber die Schildkröte hat sich richtig gewehrt“, erzählt Engbert lachend von seinem Versuch. Gefaucht und geschnappt habe das schätzungsweise drei Kilogramm schwere Tier, als er es schon etwa zehn Zentimeter hochgehoben hatte. Er habe die Schildkröte dann lieber wieder abgesetzt – und da sei sie schnurstracks ganz allein in Richtung Wasser geflitzt.

"Können schmerzhaft zwicken" Grundsätzlich rät der Kreis Lippe auch eher davon ab, die Tiere in die Hand zu nehmen. &bdquo;Sie können durchaus schmerzhaft zwicken“, schreibt Pressesprecher Patrick Bockwinkel auf Anfrage. Und: &bdquo;Die Tiere werden sich bei Annäherung durch Springen oder Abtauchen einem Zugriff durch Menschen entziehen.“

Erfahrungsgemäß sei es daher auch nur schwer möglich, sie überhaupt einzufangen. Durch groß angelegte Fangversuche könne zudem das Naturschutzgebiet drumherum geschädigt werden, indem beispielsweise Brutvögel und Wasservogelfamilien mit ihren Jungen aufgeschreckt werden. Zudem unterlägen auch Schilfgürtel dem Naturschutz und dürften häufig nicht betreten werden – so auch am Meschesee.

Daher rate die Untere Naturschutzbehörde des Kreises unbedingt von unüberlegten Rettungsaktionen ab. Denn auch die Zukunft der Tiere sei dann ungewiss, eine artgerechte Unterbringung nur in Glücksfällen rasch möglich. &bdquo;Auffangstationen, mit denen die Behörden zusammenarbeiten, sind im Sommer bereits an oder über ihrer Kapazitätsgrenze und können die Tiere oft nur provisorisch unterbringen.“

Tiere können überleben Je nach Art ist ein Überleben der Tiere in ihrem neuen &bdquo;Zuhause“ wie am Meschesee mehr oder weniger wahrscheinlich, sagt Bockwinkel. Teils seien es Pflanzenfresser, die ausreichend Nahrung fänden – zum Beispiel Entengrütze.

Für Christian Engbert und seine Familie sei die Situation trotz allem irgendwie witzig gewesen – und für die Kinder war die Entdeckung der Schildkröte natürlich der Höhepunkt des Ausflugs. &bdquo;Die kennen Schildkröten bislang ja nur aus dem Zoo“, sagt Engbert. Und auch er selbst hätte nicht gedacht, dass ein solches Tier am Meschesee überleben könne. Künftig werde die Familie hier weiterhin ihre obligatorische Runde drehen – und dabei ab sofort natürlich immer Ausschau nach der Schildkröte halten.

Bewusstes Aussetzen von Schildkröten ist strafbar Bei den Schildkröten, die sich in hiesigen Gewässern befinden, handelt es sich meist um nordamerikanische Schmuckschildkröten. &bdquo;Diese sogenannten invasiven Arten müssen eigentlich so gehalten werden, dass sie nicht in die Natur entweichen können und dürfen auch nicht einfach so ausgesetzt werden“, sagt Patrick Bockwinkel, Pressesprecher des Kreises Lippe.

In Einzelfällen seien Fund- oder gesichtete Tiere aus Freigehegen entlaufen und könnten nach Hause zurückvermittelt werden. &bdquo;Tiere an Seen sind aber in der Regel meist bewusst ausgesetzt worden – das ist strafbar“, betont Bockwinkel. Trotzdem komme das auch in unserer Region immer wieder vor.

Die Untere Naturschutzbehörde appelliert daher an alle Halter, zu groß, zu teuer oder zu lästig gewordene Tiere nicht einfach irgendwo verantwortungslos in der freien Natur auszusetzen. &bdquo;Im Zweifel kann man sich an Tierheime wenden, die Kontakte zu möglichen Haltern vermitteln können."

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