Gegen das Vergessen: Detmolder Schüler starten "Zweitzeugenprojekt" zum Holocaust

Detmold. Die Zeit läuft den Zeithistorikern davon: Es gibt nicht mehr viele Zeitzeugen des &bdquo;Holocaust“, der barbarischen Ermordung jüdischer Menschen durch die Nazis. Wer – sagen wir – vor 1923 geboren ist, wäre heute mehr als 100 Jahre alt. Eine Lösung muss her, damit das schrecklichste Kapitel der deutschen Geschichte nicht in Vergessenheit gerät. Eine Lösung in Form von &bdquo;Zweitzeugen“.

&bdquo;Zweitzeugen“ sind Menschen einer jungen Generation, die Lebensgeschichten von Zeitzeugen erforscht und der Öffentlichkeit darüber berichtet. Auch die &bdquo;Israel AG“ des Grabbe-Gymnasiums, die seit vielen Jahren einen Schüleraustausch mit einer israelischen Partnerschule mit regelmäßigen gegenseitigen Besuchen unterhält, interessiert sich für dieses &bdquo;Zweitzeugenprojekt“. In Zusammenarbeit mit der Historikerin Gudrun Mitschke-Buchholz und Joanne Herzberg beschäftigten sie sich intensiv mit den Biografien der Herzbergs, einer angesehenen Detmolder Kaufmannsfamilie, die – nur wegen ihrer jüdischen Herkunft – von den Nazis &bdquo;in Schutzhaft“ genommen, deportiert und in den Vernichtungslagern Theresienstadt und Auschwitz ermordet wurde.

Aufklärungsarbeit gegen das Vergessen Nur Fritz Fred Herzberg (1921-2008) überlebte dank eines Flucht-Kindertransportes nach England und leistete später mit seiner Tochter Joanne als Zeitzeuge jahrzehntelang Aufklärungsarbeit gegen das Vergessen.Vor gut neun Monaten lernten die AG-Schüler Joanne Herzberg kennen, die im Rahmen eines Workshops zum Thema &bdquo;1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ mit ihnen über ihr Leben als Jüdin sprach. Seit mittlerweile sechs Jahren lebt sie nach jahrzehntelanger USA-Emigration in Detmold.

Vor einiger Zeit führte die Historikerin Gudrun Mitschke-Buchholz die Gruppe auf einem Stadtrundgang auf jüdischen Spuren durch Detmold, bei dem die Schüler eine Vertiefung der Thematik wünschten. Die Familie Herzberg stand im Mittelpunkt eines Podcasts, den die &bdquo;Israel AG“ des Grabbe-Gymnasiums zusammen mit ihren israelischen Gästen aus der Mor Highschool in Modiin-Maccabim Reut einem Publikum von rund 100 Zuhörern in der Alten Aula per Beamer-Projektion präsentierte. Darin kamen Zeitzeugen zu Wort, die von ihrem Leiden in der brutalen Nazi-Verfolgung berichteten.

Schüler besuchen Berlin &bdquo;Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, wird selbst ein Zeuge werden“, hatte der jüdische Schriftsteller Elie Wiesel (1928-2016), der das Konzentrationslager Auschwitz überlebt hat, trefflich formuliert. In Detmold erinnern Gedenktafeln und ein &bdquo;Stolperstein“ an das schreckliche Schicksal der Familie Herzberg.

&bdquo;Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“. Dieser Satz aus dem Talmud gilt Gunther Demnig als Leitsatz für sein Gedenk- und Erinnerungsprojekt &bdquo;Stolpersteine“. Durch die Verlegung von kleinen Gedenktafeln aus Messing – in der Regel vor dem letzten selbst gewählten Wohnhaus – soll an die während der NS-Zeit verfolgten, vertriebenen und ermordeten Menschen und ihr Schicksal erinnert werden.

Die &bdquo;Israel AG“ schloss die Besuchswoche ihrer Gäste am Wochenende mit einem Besuch Berlins ab, wo es besonders viele Dokumente gibt, die noch immer an das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte zurückerinnern.

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