Detmold. Die Beratungsstelle FAIR – Frau und Arbeit in der Region, ein Beratungsservice der Stadt Detmold und des Kreises Lippe, ist seit mehr als 30 Jahren ein fester Bestandteil der lippischen Beratungsstruktur. „Bei FAIR werden Frauen über verschiedene Lebensphasen hinweg persönlich, vertraulich, umfassend und kostenlos beraten. Dabei geht es zum Beispiel um den beruflichen Wiedereinstieg nach familiärer und/oder persönlicher Unterbrechung, um die Entwicklung neuer beruflicher Perspektiven, um Weiterbildung, berufliche Umorientierung und Existenzgründung und auch um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung.
Seit diesem Jahr bilden Silke Quentmeier, die FAIR im Jahr 1993 mit aus der Taufe hob, und „Neuzugang“ Samantha Trzeciak-Hawes ein Team. Sie schauen auf die Vergangenheit, die Gegenwart und wagen einen Blick in die Zukunft.
Wie sah die Situation damals für berufstätige Frauen aus?
Damals sei eine berufstätige Mutter mit kleinen Kindern noch fast exotisch gewesen. Kitaplätze für die Kleinsten, wie es heute der Fall ist, habe es in dieser Form gar nicht gegeben. „Und überhaupt arbeitete man als ,gute Mutter damals eigentlich nicht. Das ist heute glücklicherweise nicht mehr so“, sagt Quentmeier.
Wie sind die Bedingungen für Frauen in Lippe?
„Wenn wir den ländlichen lippischen Raum betrachten, sehen wir einen idyllischen und schönen Wohn- und Urlaubsort für viele Menschen, jedoch kann es für einzelne Frauen auch bedeuten, dass sie mit beruflichen Hindernissen zu kämpfen haben“, sagt Samantha Trzeciak-Hawes. Frauen seien häufig für die Sorgearbeit in der Familie zuständig, was dazu führe, dass erschwerte Rahmenbedingungen sie stärker träfen. Fehlende Kinderbetreuungsplätze, fehlende eigene und/oder öffentliche Mobilität, lange Fahrwege zur Arbeit seien Faktoren, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschwerten. „Und die klassische Rollenverteilung ist im ländlichen Raum noch deutlich ausgeprägter, als in der Großstadt. Aber der lippische Raum bietet viele Möglichkeiten der Entfaltung und der Fachkräftemangel eröffnet Frauen auch in Lippe gute Chancen“, meint sie.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt?
Die größte Herausforderung sei es, sowohl den Beruf und die Familie gleichauf zu vereinen. „Frauen wollen die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, ohne sich gegen die Familie entscheiden zu müssen“, sagt Quentmeier. Hochqualifizierte Arbeitsplätze in Teilzeit seien immer noch viel zu wenige da.
Was sind die Risikos?
Frauen gäben die Sorge-Arbeit zu wenig an die Männer ab. Teilweise, weil die Männer ihrerseits keine Abstriche bei der Erwerbsarbeit machen wollten, teilweise weil es für die Frauen nicht leicht sei, aus der klassischen Mutter-Rolle „auszusteigen“.
Was sind die Chancen?
Durch den Fachkräftemangel müssten Arbeitgeber sich auf die Rahmenbedingungen der zukünftigen und bestehenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einstellen. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss eine größere Rolle in der Unternehmenskultur bekommen. Der verstärkte Einstieg in die mobile Arbeit der vergangenen Jahre wird da hoffentlich vieles möglich machen“, sagt Samantha Trzeciak-Hawes.
Wie sieht der Arbeitsmarkt für Frauen in Zukunft aus?
Die Tendenz zu besserer Vereinbarkeit zeige sich schon jetzt und werde in den kommenden Jahren noch stärker ausgebaut werden. „Der allgemeine Wunsch nach einer geteilten und gleichberechtigten Sorge-Arbeit im familiären Kontext wird steigen, sodass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sich mit der Vereinbarkeit auch bei den männlichen Mitarbeitern zunehmend befassen werden müssen. Vermutlich werden Arbeitsprozesse durch den Einbezug von KIs optimiert werden, sodass von überall gearbeitet werden kann, ohne vor Ort sein zu müssen“, sagt Trzeciak-Hawes.
Weitere Informationen gibt es unter www.fair-lippe.de, per Mail an info@fair-lippe.de oderunter Tel. (05231) 4585-600 bzw. -601.