Millionen-Baustelle: Am Detmolder Freilichtmuseum wächst das Holz in die Höhe

Detmold. Jeden Morgen kommt Dr. Marie Luisa Allemeyer auf dem Weg ins Büro an &bdquo;ihrer“ Baustelle vorbei. Jeden Morgen fällt ihr Blick auf den neuen Eingangs- und Ausstellungsbereich des Freilichtmuseums , jeden Tag geht es hier ein kleines Stückchen weiter. &bdquo;Das gibt einem jedes Mal so ein Wonnegefühl“, sagt die Leiterin des Museums und lacht. Und es geht tatsächlich voran: Seit gut drei Wochen läuft der Aufbau der Holzkonstruktion der Gebäude, der schon von Weitem zu sehen ist. Zeit für einen Besuch.

Eisig kalt ist es an diesem Mittag, in den Pfützen sammelt sich das Wasser der vergangenen Regentage, auch im Inneren der späteren drei Gebäude, die im Erdgeschoss miteinander verbunden sind, steht das Wasser. Architekt Simon Waigand vom Architekturbüro ACMS aus Wuppertal verteilt Bauhelme zur Sicherheit, in luftiger Höhe schwenken die Kräne unablässig Baumaterial von links nach rechts, im Hintergrund rattern die Bohrmaschinen.

Erstes Holzskelett steht bis Mitte März Gut 1800 Tonnen Beton wurden für die Unterkonstruktion der großen Freitreppe, die Bodenplatten und die Wände in Richtung Hang bereits verbaut, dazu rund 1000 Tonnen Stampflehm, mit dem die tragenden Wände verputzt wurden. Nun sind die Arbeiter dabei, das Holzskelett am ersten Gebäude zu errichten – die spätere Außenhülle lässt sich inzwischen schon ganz gut erahnen. Hier werden im Inneren Kassen, Shop, Foyer und ein großes Forum für Veranstaltungen Platz finden.

Bis Mitte März soll das erste Holzskelett fertig sein, danach folgt direkt die Fassade aus Holz und Glas. Weiter geht es dann bis August mit der Holzkonstruktion von Haus zwei und drei, die Fassaden schließen sich jeweils direkt an. &bdquo;Mitte des Jahres könnten wir parallel schon mit dem Innenausbau starten“, sagt Waigner.

Vom Eingangsgebäude führt der Architekt ins zweite Haus, das sich nahtlos ans erste anschließt: Hier werden später Toiletten, Garderobe und geräumige Aufzüge zu finden sein, zudem entsteht ein Café. Und es gibt einen direkten Zugang zum dritten Gebäude. Herzstück ist hier der gut 900 Quadratmeter große Ausstellungsraum, der komplett mit Lehmwänden umgeben ist. Die sind aktuell aufgrund der Witterung zwar noch verhüllt. Später haben sie aber einen besonderen Effekt auf die Exponate: &bdquo;Sie sorgen für ein stabiles Klima“, erläutert Allemeyer. Damit werde zum Beispiel der Einsatz von Klimaanlagen deutlich reduziert.

Nachhaltigkeit wird groß geschrieben Sowieso werde das Thema Nachhaltigkeit auf der Baustelle groß geschrieben, sagt Waigner. CO2-reduzierter Beton, Lehm aus der Region, Stroh als Dämmmaterial. Und sogar die Holzträger könnten theoretisch später noch mal wiederverwendet werden. &bdquo;Weil sie ohne Leim auskommen, das gab es so bislang nicht“, erklärt Waigand und zeigt auf einen der Träger, der noch am Boden vorbereitet wird. Holz-Zähne verbinden die einzelnen Holzteile anstelle von Leim. Allerdings: Aus statischen Gründen komme der zum Beispiel bei den Holzstützen weiterhin zum Einsatz.

Als &bdquo;radikal innovativ“ beschreibt Marie Luisa Allemeyer die Baustelle, der Grad an Nachhaltigkeit sei &bdquo;außergewöhnlich“. Schließlich müsse man auf einer Baustelle, die auch durch kommunale Mittel finanziert wird, Vorbild sein. Das müsse sich bei den Detmoldern nur noch mehr herumsprechen. Denn die sehen vermutlich vor allem die Kosten in Höhe von 58 Millionen Euro. Immerhin: &bdquo;Die letzten Prognosen zeigen, dass wir das halten können“, gibt sich Simon Waigner zuversichtlich. Schließlich sei das Gros der Arbeiten inzwischen vergeben.

Allemeyer sieht den Neubau dabei auch als große Chance – es sei längst an der Zeit gewesen, dass das Museum einen richtigen Eingang bekomme. Und: Ausstellungsflächen. &bdquo;Die Besucher haben heute andere Ansprüche an Service und Qualität“, sagt sie. Ausstellungen müsse man heute anders anbieten als früher. &bdquo;Der Museumsbesuch soll ein Erlebnis sein, das wird erwartet. Und dafür brauchen wir auch die entsprechende Infrastruktur“, spielt sie auch auf Räume für Workshops, Vorträge oder das geplante Café an.

Baustelle bringt Vor- und Nachteile Bis es soweit ist, müssen sich die Besucher allerdings noch ein wenig gedulden: Bis Ende 2025 soll spätestens alles fertig sein, dabei bleibt es auch – obwohl man aktuell gut vier bis sechs Wochen in Verzug sei, sagt Simon Waigand. Das liege vor allem an der feuchten Witterung – Handwerkermangel und Lieferengpässe habe man glücklicherweise durch im Vorfeld eingeplante Puffer gut abfedern können.

Die Vorfreude auf die kommende Saison steigt derweil. Auch, wenn die Baustelle die eine oder andere Widrigkeit mit sich bringe, gibt Allemeyer zu. Fehlende Parkmöglichkeiten zum Beispiel. Und einige glaubten, das Museum habe ganz geschlossen. &bdquo;Da mussten wir zuletzt viel Marketing machen.“ Aber: Eine Baustelle biete auch Vorteile, hat Allemeyer beobachtet. &bdquo;Manche Besucher reisen auch deshalb an, weil sie der Neubau interessiert.“

Saisonstart am 23. März Die Saison startet im Freilichtmuseum dieses Jahr bereits am Samstag, 23. März, bei freiem Eintritt. Zum dritten Mal in Folge gibt die Baustelle den Schwerpunkt des Themenjahres vor: Diesmal dreht sich alles um das Motto &bdquo;Making-of – Museum im Werden“. Die Entwicklung des Museums vom ersten historischen Gebäude bis hin zur aktuellen Baustelle steht dann an zahlreichen Stationen auf dem Museumsgelände im Fokus.

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