Wie das Landestheater „Medea“ in Detmold inszenieren will

Detmold. Christa Wolf gilt bis heute als herausragende literarische Stimme der ehemaligen DDR. Sie hat sich intensiv mit der griechischen Mythologie befasst. Im Grabbehaus kommt am Samstag, 17. Februar, das Stück &bdquo;Medea“ zur Premiere, das auf dem gleichnamigen Roman von Christa Wolf basiert. Die Produktion des Landestheaters wird inszeniert von Konstanze Kappenstein. Die Dramaturgie übernimmt Sophia Lungwitz, Bühne und Kostüm Carla Nele Friedrich. Es spielen Manuel Stüßer, Hartmut Jonas, Ewa Noack und Emanuel Weber.

Seit Ende der 70er-Jahre erschienen die Werke von Christa Wolf in Ost- und Westdeutschland. Im Wendejahr 1989 war Christa Wolf eine der wichtigsten intellektuellen Stimmen der DDR, die durch öffentliche Auftritte dazu beitrugen, dass die Wende friedlich verlief. Christa Wolfs Werk wurde mit zahlreichen Würdigungen auch international ausgezeichnet. Ab 1991 beschäftigte sie sich intensiv mit dem Medea-Mythos und erforschte dabei in Zusammenarbeit mit Medea- und Matriarchatsforscherinnen alte Quellen. 1996 erschien der Roman &bdquo;Medea.Stimmen“ als erster Text Christa Wolfs im wiedervereinigten Deutschland.

Tragödie von 431 v.Chr. Spätestens seit der gleichnamigen Tragödie des Euripides aus dem Jahr 431 v. Chr. gilt Medea als eine der furchteinflößendsten Frauenfiguren der griechischen Antike. Um ihrem Geliebten Jason zum Goldenen Vlies zu verhelfen, schreckte sie laut Euripides weder vor dem Mord am eigenen Bruder noch vor dem an den eigenen Kindern zurück. Christa Wolf ging in ihrer 1996 veröffentlichten Version des Medea-Stoffes auf ältere Quellen zurück.

In ihrem Text dringt sie tief in die subjektive Wahrnehmung der berühmten Heilerin ein und stellt ihren Monologen die Stimmen weiterer Figuren gegenüber, die jeweils eine sehr eigene Sichtweise der Ereignisse beisteuern. Durch die multiperspektivische Darstellung wird klar: In einer patriarchal geprägten Gesellschaft gilt eine starke und unangepasste Frau nicht nur als anstrengend, sie bedroht auch nach wie vor die männlichen Machtverhältnisse.

Dramaturgin Sophia Lungwitz schildert hierzu: &bdquo;Von kaum einem antiken Mythos gibt es mehr Varianten als vom Medea-Stoff. Hunderte Bearbeitungen sind heute bekannt. Dabei ist der Ur-Mythos selbst gar nicht überliefert.“ Die wohl bekannteste Version sei die von Euripides. &bdquo;Christa Wolf hielt die Zuschreibung der Kindsmörderin für absurd. Sie hatte sich bereits in den 80er-Jahren in ihrer Erzählung ,Kassandra der griechischen Mythologie zugewandt und sich in ihren Recherchen zum Medea-Stoff mit den Forschungsergebnissen mehrerer Matriarchats- und Medea-Forscher auseinandergesetzt.“

Ergebnisse der Matriarchats-Forschung 1996, in einer Zeit, in der Christa Wolf selbst wegen ihrer Tätigkeit als inoffizielle Stasi-Mitarbeiterin öffentlich im Kreuzverhör stand, veröffentlichte sie mit &bdquo;Medea.Stimmen“ eine radikal eigene Interpretation des Medea-Stoffes. Darin erscheint Medea als eine Frau, die in ihrer Heimat Kolchis (dem heutigen Georgien) dem patriarchalen Herrschaftssystem ihres Vaters kritisch gegenübersteht und in der Fremde in Korinth zum Sündenbock für die Verfehlungen eines ebenfalls auf patriarchaler Macht fußenden Herrschaftssystem gemacht wird. In einer Folge aus elf aneinandergereihten Monologen versucht Christa Wolf, den tatsächlichen Intentionen der Figur Medea gerecht zu werden.

Konstanze Kappenstein trenne in ihrer szenischen Annäherung an Christa Wolfs Roman das Bühnengeschehen von einer permanent anwesenden Hörspielebene, den Stimmen und ihren Behauptungen. &bdquo;Das, was wir auf der Bühne sehen und das, was wir hören, stimmt oft nicht überein beziehungsweise weicht voneinander ab“, so Sophia Lungwitz weiter. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer werde so auf den klaffenden Spalt zwischen Wort und Bild gelenkt. Das szenische und auditive Geschehen entwickle sich zu einer Installation, die die Zuschauer zu diversen und eigenen Interpretationen einladen möchte.

Weitere Vorstellungen gibt es am 21., 23., 28. und 29. Februar, am 9., 10., 23. und 24. März jeweils um 19.30 Uhr.

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