Lippe kurios: Tierfilmer Robin Jähne begegnet träumenden Spinnen und rabiaten Tiermüttern

Kreis Lippe . Irgendwie ist der Mann verrückt. Zu den unmöglichsten Tageszeiten ist der Hornoldendorfer Robin Jähne mit der Kamera unterwegs, um das nächste Wunder und die sonderbarsten Phänomene vor die Linse zu bekommen. Und die liefert ihm die lippische Natur reichlich – manchmal sogar in seinen eigenen vier Wänden. &bdquo;Die Natur ist voller Kuriositäten“, hat er in mehr als 30 Jahren als Naturfilmer erfahren.

Reinlicher Waschbär

Wotan war ein kleiner Waschbär, den Robin Jähne vor vielen Jahren mit der Flasche aufgezogen hat. &bdquo;Damals waren Waschbären noch nicht so verbreitet wie heute. Aber ich konnte viel von Wotan lernen, er musste sich sein Futter vor der Kamera verdienen“, erzählt der Tierfilmer lachend.

&bdquo;Waschbären sind reinliche Tiere, die machen immer in dieselbe Ecke. Darum war es auch überhaupt kein Problem, Wotan an ein Katzenklo zu gewöhnen.“ Ein Häufchen Waschbärkot in die Streu, und die Sache war für Robin und Wotan geritzt. &bdquo;Seinen Namen hat der Waschbär aber von den Bewegungen, die er mit seinen Pfötchchen: Es sieht aus, als würde er sich die Hände waschen.“ Doch um die Reinlichkeit geht es hier gar nicht, auch nicht darum, die Beute zu säubern: &bdquo;Die Waschbärhände sind hochsensibel, die Tiere ertasten ihre Nahrung mit den Händen. Beispielsweise fischen sie damit nach einem Gewitter in trüben Pfützen oder am Ufer von Gewässern, um die Regenwürmer und anderes Getier herauszuholen. Das sieht aus, als ob sie waschen.“ Wotan ist übrigens später zu Artgenossen in einen Tierpark umgezogen.

Wenn Spinnen schlafen

Wussten Sie, dass Spinnen schlafen können? &bdquo;Das kann man sehen, ihre Beine funktionieren nämlich hydraulisch, und wenn sie schlafen, dann entspannen sie sich.“ Aber das hier war dem passionierten Naturkenner neu: &bdquo;Spinnen träumen.“ Das hat eine britische Wissenschaftlerin zuerst bei Zebraspringspinnen herausgefunden. Die Frontalaugen einer Spinne sind unbeweglich. &bdquo;Aber der Forscherin ist eines Tages aufgefallen, dass sich der Augenhintergrund bewegt. Dann hat sie begonnen, das systematisch zu erforschen und hat festgestellt, dass es tatsächlich eine Rapid-Eye-Movement-Phase bei Spinnen gibt, wie bei uns die Schlafphase der schnellen Augenbewegungen.“

Einmal darauf gestoßen, hat Robin Jähne das Phänomen auch bei Kreuzspinnen und Wespenspinnen im Lipperland festgestellt: &bdquo;Wenn man eine schlafende Spinne nachts mit der Taschenlampe anleuchtet, kann das gelingen.“ Eine Frage bleibt allerdings ungeklärt: &bdquo;Wovon träumen Spinnen?“

Spürnase Schmetterling

Wie finden Schmetterlinge eigentlich zueinander? &bdquo;Das ist manchmal schwierig, denn für sie ist Fliegen über längere Distanzen echte Schwerstarbeit“, sagt Robin Jähne, &bdquo;vor allem, wenn es windig ist, haben sie Schwierigkeiten mit der Navigation. Und doch schaffen es die Männchen des Mondflecks manchmal über fünf Kilometer hinweg, ein Weibchen zu finden. Ihre Orientierungshilfe ist olfaktorischer Natur.“ Oder anders ausgedrückt: &bdquo;Die Fühler dienen dem Nachtfalter als Nase. Die Weibchen sondern einen Duftstoff ab, wie sich in der Menschenwelt die Damen einparfümieren, und den Männchen reicht ein einziges Duftmolekül, um sie zu finden.“

Robin Jähne hat in jungen Jahren bereits selbst zuhause in Hornoldendorf Falter erforscht, etwa Schwarmspinner. &bdquo;Die hatte ich in meinem Zimmer, die Raupen saßen auf einem Eichenast und fraßen vor sich hin. Ich musste kurz weg, und als ich zurückkam, war der Ast kahl und die Raupen waren bereits die Treppe hinunter gewandert, auf Suche nach neuer Nahrung.“ Da dürfte sich Mama Jähne aber gefreut haben ob der Invasion der Raupen im Wohnzimmer...

Fürsorglicher Uhu-Papa

Tragisch und rührend zugleich ist die Geschichte der Uhus im Beller Holz, die Robin Jähne vor Jahren erlebt hat. Er arbeitet gern und eng mit Lippes Förstern zusammen. &bdquo;Eines Tages hat mir der damalige Förster Günter Harmel von den Uhus in seinem Revier erzählt, und ich durfte sie filmen.“ Alles war gut, bis sich der Naturfilmer wunderte, dass nur noch der Uhu-Vater die drei Küken mit Futter versorgte und sich offenbar bis an den Rand seiner Kräfte verausgabte. &bdquo;Da musste was passiert sein, denn eigentlich teilen sich die Eltern die Fütterung.“ Jähne und Harmel fanden die Uhu-Mama tot, &bdquo;wir glauben, sie hat einen Giftköder geschluckt“.

Der Förster und der Naturfilmer entwarfen einen Fütterungsplan, um den Uhupapa zu unterstützen. Nicht zu viel, damit dieser das Füttern nicht komplett einstellt, die Jungen aber durchkamen. Offensichtlich hat der mächtige Nachtjäger begriffen, dass die Zweibeiner ihm unter die Arme greifen wollten: Uhus haben eigentlich eine Fluchtdistanz von 30 Metern.

&bdquo;Aber wenn ich mit meinem Auto kam, hat der Uhu auch schon mal auf dem Ast über mir gesessen und noch nicht mal die Augen aufgemacht.“ Er konnte das Tier sogar rufen – solange er seine Kamera bei sich hatte. &bdquo;Er wusste, ich tue ihm nichts. Aber Robin ohne Kamera, das fand er offensichtlich suspekt und nahm Reißaus.“ Der Vogelwitwer hielt es ein Jahr lang allein im Beller Holz aus. &bdquo;Und im Jahr darauf hatte er eine neue Partnerin.“

Harte Erziehung

Schwarzwild ist auch in Lippe ziemlich gut angepasst: Je mehr Mais die Landwirte anbauen, desto leichter können sich die Sauen den Bauch vollschlagen. &bdquo;Sie haben auch gelernt, dass sie bei Regenwetter oder Gewitter deutlich weniger von Jägern zu befürchten haben als bei guter Sicht“, weiß Robin Jähne. Die Bachen, also die Wildschweinweibchen, führen ein strenges Regiment, wenn sie Frischlinge haben. &bdquo;Wenn die Mutter die Kleinen erzieht, dann mit wirklich drastischen Methoden. Da kann es auch schon vorkommen, dass so ein Frischling ein paar Meter durch die Luft geschleudert wird, wenn die Mutter ihn maßregelt.“

Nun brachte eines Tages ein Jäger ein kleines, gestreiftes Findelkind zu Robin Jähne, damit er es aufzieht. Der Tierliebhaber, der bereits Eichhörnchen, Marder, Maulwürfe, Siebenschläfer, Eichelhäher und Elstern aufgepäppelt hat, ließ sich darauf ein, und so wuchs und gedieh Wildschweinchen Rosalie. &bdquo;Aber es ist mir sehr schwer gefallen, ebenso rabiat mit ihr umzugehen, wie die Mutter es getan hätte.“ Den einen oder anderen kräftigen Schubser musste Rosalie aber schon hinnehmen, bis sie alt genug war, im Wald für sich selbst zu sorgen.

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