So ordnet Bürgermeister Frank Hilker Detmolds Abschneiden beim Lippe-Check ein

Detmold. Die Residenzstadt schneidet im Lippe-Check der LZ bei Kultur und Lebensqualität hervorragend ab. In den Bereichen Verkehr und Wohnen sehen die Bürger dagegen deutlichen Handlungsbedarf. Detmolds Bürgermeister Frank Hilker ordnet die Ergebnisse im Gespräch mit der LZ ein und spricht dabei über...

...das Abschneiden Detmolds beim Lippe-Check insgesamt : &bdquo;Ich finde es sehr positiv, dass es eine hohe Beteiligung gegeben hat. Gerade auch was Detmold angeht. Das zeigt: Detmold hat eine hohe Bedeutung. Leider erkennen das in Lippe nicht alle an. Insbesondere in der Kreispolitik vermisse ich genau das, was ich eben in anderen Kreisen und auch in einer Stadt wie Bielefeld erlebe. Nämlich, dass der Fokus auf die Stadt, die die höchste Bedeutung hat, hin ausgerichtet wird. Erfreulich ist natürlich, dass die Bewertungen in unserer Kernthematik Kultur und auch beim Thema Lebensqualität sehr, sehr positiv waren. Und auf der anderen Seite bin ich jetzt auch nicht wirklich überrascht über das Urteil beim Thema Verkehr.“

...die gut bewertete Lebensqualität in der Stadt : &bdquo;Ich finde, man muss die einzelnen Kategorien differenziert betrachten. Zu gewissen Themen, wie dem Sport zum Beispiel, kann man konkret etwas sagen. Beim Thema Lebensqualität ist es schon sehr herausfordernd, die lippischen Kommunen miteinander zu vergleichen. Wenn ich, sagen wir mal, nach Schlangen, Extertal, Lügde fahre, oder eben nach Detmold, dann wissen wir alle: Die Erwartung, die ich an Detmold habe, ist eine ganz andere. Ich habe hier im Herzen der Stadt ein Schloss und demnächst wieder einen Schlosspark, der sich mehr als sehen lassen kann. Ich habe hier die grünste Stadt in Deutschland. Wir haben in Detmold den Wochenmarkt, der ist einfach ein Markenzeichen - und eine bemerkenswerte Kulinarik. Diese und viele große und kleine Dinge mehr sorgen für Lebensqualität. Nehmen wir mal die klassischen Schulnoten von sehr gut bis ungenügend. Ich drücke es jetzt extrem aus, aber manchmal glaube ich, in Detmold gibt es noch zwei zusätzliche Kategorien: nämlich galaktisch und intergalaktisch. Es ist schon eine hohe Erwartungshaltung da, die ich persönlich auch gut finde. Die spornt mich durchaus an. Doch manchmal ist es auch gut, wenn die Dinge einfach so schön bleiben, wie sie sind. Sie können nicht immer besser werden.“

...das, was ihn an dem Ergebnis besonders überrascht hat : &bdquo;Es hat mich ein Stückchen erschüttert, dass Detmold nicht Sportstadt Nummer 1 ist. Da muss ich ehrlich sagen, das trifft mich. Das Sportangebot in der Breite, von Vereinen oder als freie Angebote, ist klasse: Mit einem Lifepark, der nicht nur in Lippe seinesgleichen sucht, sondern auch auf NRW-Ebene. Mit dem Heimspiel (OWL-Vereinshaus), in dem vier Profivereine in Detmold präsent sind, obwohl wir selbst keinen Profisport in der Stadt haben. Mit dem Sports4Kids-Projekt. Mit inzwischen 22 inklusiven Sportangeboten und mit Trendsportarten wie Fußballgolf oder Discgolf. Da frage ich mich, was fehlt? Das Einzige wäre das, was ich seit Jahren schon predige: Es fehlt eine Multifunktionsarena, ein wettbewerbsfähiges Stadion, das man aus welchen Gründen auch immer in Detmold und in Lippe nicht gebaut hat. Da wäre ich komplett dabei, dass das fehlt.“

...einen besseren Informationsaustausch mit den Bürgern : &bdquo;Ein Punkt, der vor zehn Jahren, als ich in Detmold angekommen bin, eine extreme Herausforderung war und auch heute immer noch eine riesige Herausforderung ist. Wie bringen wir die Informationen zu den Menschen? Im Bereich Familien haben wir unser Angebot durch das F.I.T, den Familieninfotreff, sichtbar gemacht. Wir haben unendlich viele Angebote für Familien und es geschafft, dies auch den Familien nahe zu bringen, die ansonsten in der Stadt gar nicht so aktiv waren. Da wird man sicherlich gucken müssen, wie das auch in anderen Bereichen gelingt. Dass die Erreichbarkeit der einzelnen Menschen vor Ort herausfordernd ist, hat wahrscheinlich auch etwas mit den 27. Ortsteilen zu tun. Wir haben in den Ortsteilen inzwischen an Supermarkt-Kassen Bildschirme aufgehängt, wo die Menschen dann, wenn sie warten, Informationen bekommen. Es gibt das Stadtkontakt Mobil, mit dem wir rausfahren. Das sind alles kleine Mosaiksteinchen, aber trotzdem nehme ich weiterhin wahr, dass das Thema herausfordernd ist - auch weil da eine Konsumentenerwartung da ist, die wir nur bis zu einem gewissen Teil bespielen können. Aus meiner Sicht ist die Antwort darauf, zu den Menschen zu kommen und nicht darauf zu warten, dass sie in die Innenstadt kommen. Das ist sehr personalintensiv, aber enorm wichtig.“

...die Kategorie Kultur und Freizeit, in der Detmold Lippe-weit die Nummer 1 ist : &bdquo;Das habe ich an der Stelle schon auch erwartet. Wir haben in der Stadt ein besonders breites Spektrum. Es gibt die Hochkultur, in einem Landestheater mit einem Budget von jenseits der 20 Millionen, allein das ist eine besondere Liga. Wir haben aber auch das andere Ende der Bandbreite, wie ein Hofkonzert in einem Café. Dazwischen ist ganz, ganz viel. Der Kunstpunkt in der Britensiedlung zum Beispiel. Projekte wie diese sind entstanden, weil die Menschen hier Kreativität, Kunst und Kultur unheimlich lieben und wir als Stadt natürlich versuchen, das auch ein Stückchen zu fördern - nicht zuletzt durch die Kulturentwicklungsplanung. Es geht darum, Akteurinnen und Akteure und deren Angebote zu vernetzen, sodass der eine vom anderen weiß, sodass wir aber auch in der Lage sind, deutlich zu machen: Was haben wir für Kulturangebote? Wo finden die statt und wie können wir eigentlich auch da Dinge zusammenfassen, wenn der Einzelne sagt, ich bin gar nicht mehr überlebensfähig? Wenn wir unseren Veranstaltungskalender mit all den kleinen Veranstaltungen füllen würden, dann wären wir im Jahr irgendwo bei 1500, 2000 Veranstaltungen nur im Kulturbereich.“

...die vermeintlich unkoordinierten Baustellen : &bdquo;Wir muten den Leuten im Moment auf der Straße eine Menge zu. Und auch da sind wir wieder beim Thema ’wie schaffen wir es eigentlich, Dinge zu erklären?’ Nehmen wir mal die aktuelle Baustelle an der Bielefelder Straße. Wir haben im Moment die Chance, dass wir den Verkehr auf der Heidenoldendorfer Straße in beide Richtungen lenken können. Das ist aber nur in diesem schmalen Zeitfenster möglich, weil wir im weiteren Fortgang der Bauarbeiten an der Heidenoldendorfer Straße dann wieder einseitig sperren müssen. Wenn wir erst danach irgendwann das Thema Gewerbegebiet Alte Ziegelei angehen würden, dann müssten wir den Betrieben, die sich da ansiedeln wollen, sagen: ’Naja, mit der Zuleitung fangen wir irgendwann 2027 an und dann kann euer Bau vielleicht 2029 entstehen.’ Dann werden die sagen: ’Ja, vielen Dank, wir suchen uns woanders ein Grundstück.’ Diese Zusammenhänge bekommen Sie kaum erklärt. Es wird wahrgenommen, alles wäre unkoordiniert. Ähnlich verhält es sich mit der Paderborner Straße und dem Freilichtmuseum. Da macht es keinen Sinn zu sagen: ’Jetzt baut mal das Freilichtmuseum seinen Eingangsbereich neu und dann gucken wir mal, wie wir denn irgendwie dann den Verkehr da vorbeibringen.’ Das war in der Vergangenheit häufig das Problem. Man hat im Hier und Jetzt geplant. Und wir sollten eins nicht tun: glauben, dass alles so bleibt, wie es heute ist. Ein ’fertig’ gibt es nicht. Dafür stehe ich auch nicht.“

...die kritischen Stimmen zu Tempo 30 und beim Thema Verkehr : &bdquo;Da gebe ich den Leuten recht. Wir haben in Detmold, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, 700 unterschiedliche Geschwindigkeitsregelungen. Da kann man von einem Flickenteppich sprechen. Wir haben jetzt lange Zeit mit vielen Bürgermeistern darum gekämpft, dass auf Bundesebene Straßenverkehrsordnung und Straßenverkehrsgesetz geändert wird. Das ist jetzt nun passiert. Ich könnte auch sagen, so ein schwieriges Thema gehe ich vor der Wahl nicht mehr an. Aber ich sage ganz klar, wir gehen das Thema jetzt an. Wir gehen jetzt in die Bürgerbeteiligung, wo ich genau weiß, da wird es natürlich genau diese Kritik, die hier drin ist (im Lippe-Check, d. Red.) auch geben. Aber ich finde es wichtig, dass wir jetzt auch diese Dinge weiterentwickeln. Aus den 700 Regelungen würde ich gerne deutlich weniger machen, und zwar möglichst einheitlich. Die Akzeptanz, ob 30 gefahren werden soll oder nicht, wird bei dem Einzelnen dadurch nicht steigen. Was aber steigen wird, ist die Nachvollziehbarkeit.

...den verfügbaren Wohnraum in der Stadt : &bdquo;Es spricht ja für die Stadt, wenn Menschen nach Detmold kommen wollen und hier Wohnraum suchen. Wir haben da die gleichen Herausforderungen wie alle anderen Städte auch. Wir haben im Bereich der Mietwohnungen mit dem Genossenschaftsmodell in der Britensiedlung ein Angebot entwickelt, das für 6,30 Euro pro Quadratmeter eine Wohnung bietet, die mit Glasfaser und Fernwärme wirklich top ausgestattet ist. Oder eben das Pendant für Studierende, 220 Euro, 25 Quadratmeter. In dieser Richtung machen wir auch weiter. Außerdem gehen wir jetzt gemeinsam mit der Technischen Hochschule das Projekt Urban Pulse an, bei dem es darum geht, in den klassischen Gebäuden in der Innenstadt Wohnraum nutzbar zu machen. An dieser Stelle ist die Chance riesengroß, dass wir in der Innenstadt weiteren bezahlbaren Wohnraum schaffen. Ein weiteres Thema ist die Entwicklung von Baugebieten. Im neuen Baugebiet In den Benten gibt es 15 Grundstücke, alle davon verkauft. Bei zehn Grundstücken haben wir uns aus sozialpolitischen Gründen dafür entschieden, nicht an den Höchstbietenden zu verkaufen. Stattdessen wurde unter allen, die den Bodenrichtwert geboten haben, gelost.“

...die Mietpreise in Detmold : &bdquo;Es gibt 57 von den 396 Kommunen in NRW, die eine Mietpreisbremse haben. Das heißt, in denen die Mieten eigentlich zu hoch sind. Da gehört zum Beispiel Bad Lippspringe dazu, da gehört Harsewinkel dazu - Detmold gehört nicht dazu. Weil durch die Genossenschaften die Mieten eben nicht ins Uferlose gestiegen sind, wie in anderen Städten, wo man das nicht gesteuert hat. Dort ist die Zahl der Sozialwohnungen durch die Bindungsfrist immer weiter zurückgegangen. Die Mietpreisbremse ist an der Stelle nur Symptombekämpfung, keine Ursachenbekämpfung. Wir wollen es hinkriegen, weiterhin bezahlbaren Wohnraum zu generieren.

...die Sauberkeit in der Stadt : &bdquo;Der Blick auf Detmold von Menschen, die nicht aus Lippe kommen, ist unfassbar positiv. Das geht bis zu der Aussage, dass die Leute sagen, sie möchten gerne hier hinziehen. Wenn man schon länger hier lebt, nimmt man das Positive vielleicht nicht mehr so wahr. Aber gerade für die Sauberkeit tun wir in der Stadt sehr viel. Wir haben fünf Mitarbeitende, die sich ausschließlich um die Sauberkeit in der Innenstadt kümmern. In der Langen Straße haben wir größere Gefäße aufgestellt und das Volumen pro Mülleimer erhöht. Ich glaube nicht, dass wir in Detmold zu wenige Mülleimer haben. Jede Bürgerin und jeder Bürger ist auch ein Stück weit selbst in der Verantwortung, weniger Müll zu produzieren. Da müssen wir als Stadtgesellschaft nach und nach dran arbeiten.“

...die Dinge, die er aus dem Lippe-Check mitnimmt : &bdquo;Ich sehe diese Auswertung schon ein Stückchen als Ansporn. Gerade in den Bereichen Verkehr auf der einen und Immobilien oder Wohnen auf der anderen Seite. Da gilt es jetzt, intensiv dranzubleiben und die Stadt entsprechend weiterzuentwickeln. Wir haben eine Menge Aufgaben vor der Brust. Genau deshalb habe ich mich zu fünf weiteren Jahren in Detmold bekannt.“

So ordnet Bürgermeister Frank Hilker Detmolds Abschneiden beim Lippe-Check ein

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