Kriegsende: Diese fünf Orte spielten in der Detmolder Innenstadt eine besondere Rolle

Detmold. Weitgehend ist Detmold während des Zweiten Weltkrieges vor Zerstörungen verschont geblieben, doch in den letzten Wochen fielen auch in der Innenstadt schwere Bomben. Während eines Rundgangs mit Bürgerinnen und Bürgern schildern Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink und Detmolds Altbürgermeister Friedrich Brakemeier die letzten Kriegstage. Dabei spielten fünf Orte in der Innenstadt eine besondere Rolle.

Am 8. Mai 1945, dem Tag der deutschen Kapitulation, stand Lippe bereits unter britischer Militärverwaltung. Am 4. April wurde Detmold befreit. &bdquo;Die Alliierten bereiteten ihren Einmarsch durch Flächenbombardements vor – man wollte für die eigenen Soldaten alle Gefahren ausschalten“, erzählt Dr. Sunderbrink. Das habe auch in Detmold gedroht. So fielen bereits im März schwere Bomben auf das Bahnhofsviertel, es gab viele Tote.

Tausende zogen durch Detmold Das Vordringen der Amerikaner hatte zur Folge, dass Flüchtlingstrecks, aber auch Evakuierungsmärsche aus den Konzentrationslagern und Kriegsgefangenenlagern, aus Richtung Paderborn kommend, durch die Hornsche Straße zogen. &bdquo;Tausende von Menschen mit Rucksäcken und beladenen Kinderwagen, Abertausende von russischen Gefangenen, die alle nach Brot schrien“, berichtete der Fabrikant Alex Hofmann später.

Die Amerikaner rückten durch die Senne auf den Teutoburger Wald vor, erzählt Bärbel Sunderbrink. Die letzten deutschen Soldaten verließen die Kaserne und marschierten in Richtung Hiddeser Berg zur letzten Verteidigung. In der Dörenschlucht kam es am 31. März noch einmal zu unsinnigen Kämpfen, gleichzeitig rückten die amerikanischen Kampfverbände über die Gauseköte nach Berlebeck vor. Am Ostermontag, 2. April, fiel die Stromversorgung aus, am 4. April dann auch die Wasserversorgung, da die deutsche Nachhut in Berlebeck die Wasserleitung bei einer Brückensprengung getroffen hatte. Es gab Plünderungen. Ein Ort spielte im Folgenden die bedeutendste Rolle.

1. Rathaus: Hier schlugen am 4. April zwei Granaten ein, und es fielen weitere Brandbomben. Nach Ende des Tieffliegerangriffs wurde um 18 Uhr Maschinengewehrfeuer vom Hiddeser Berg vernommen. Die Amerikaner kamen die Bandelstraße, die Hans-Hinrichs-Straße und die Schillerstraße herunter. Amerikanische Soldaten gingen in die Häuser an der Neustadt und holten die Bewohner heraus – sie mussten sich im Lippischen Hof versammeln, wurden aber nach einer halben Stunde wieder freigelassen. Die Amerikaner suchten gezielt nach deutschen Soldaten, die sich unter den Zivilisten in den Kellern hätten verstecken können.

Weiße Fahne am Rathaus &bdquo;Es ist nicht klar, wer den Amerikanern das Signal gegeben hat, dass es aus Detmold keinen Widerstand mehr geben würde“, erklärt die Stadtarchivarin. Am Rathaus soll wohl eine weiße Fahne gehisst worden sein. Die Amerikaner besetzten es und ernannten am 5. April den Fabrikbesitzer Alex Hofmann zum Bürgermeister. &bdquo;Das Rathaus ist immer noch ein Ort des Gedenkens“, resümiert die Archivarin. Zur Erinnerung an die Kriegstoten befindet sich hier ein Buch, das täglich das aktuelle Datum zeigt und die Namen der Verstorbenen enthält.

2. Lange Straße/Rosental: Friedrich Brakemeier berichtet, dass am Tag des Einmarsches die Gebäude Metzentin, Schuhhaus Grothe, Koopmann und die Kaserne II an der Richthofenstraße zerstört wurden. Zerstört wurden auch in der Woldemarstraße Gebäude, andere wurden nur getroffen. Er erzählt von Ruth Michaelis-Jena, einer jüdischen Buchhändlerin, deren Geschäft während der NS-Zeit Ziel antisemitischer Übergriffe wurde. Sie stammte aus einer alteingesessenen Kaufmannsfamilie, deren Haus an der Langen Straße/Ecke Meierstraße stand. Es wurde während der Befreiung zerstört. Die Buchhändlerin wanderte nach Schottland aus, kam später zu wenigen Besuchen nach Detmold zurück, die ihr wohl nicht leicht fielen.

Amis besetzten die Post 3 . Kaiser-Wilhelm-Platz: Im Park waren Splittergräben, die die Menschen bei Luftalarm schützen sollten, angelegt worden. Das Postamt als zentraler Ort der Kommunikation besetzten die Amerikaner &bdquo;ohne Schaden“ noch am Abend des 4. April um 18 Uhr. Vorsorglich waren dort Bilder aus Rahmen genommen und auch sonst alles verbrannt worden, was an die nationalsozialistische Partei und ihren Führer erinnerte. &bdquo;Und das war gut so, denn in anderen Postgebäuden, wo das nicht geschehen war, haben die Amis alles zerschlagen“, resümiert Bärbel Sunderbrink.

4. Schloßplatz/Schloßwache: Auch auf dem Schlossplatz waren Splitterschutzgräben angelegt worden. Diese seien bei Erdarbeiten im Zuge der aktuellen Neugestaltung des Parks erst kürzlich entdeckt worden, so Sunderbrink. Um was es sich handelte, stellte sich erst nach dem Studieren der Unterlagen im Archiv heraus. Am 5. April wurde in der Schloßwache eine Wache installiert, da in der Stadt geraubt und gestohlen wurde und es keine Polizisten mehr gab. 70 Männer aus Detmold, die nicht der Partei angehört hatten, wurden für den Sicherheitsdienst eingestellt. Die Hauptwache befand sich im Rathaus, Wachlokale im Falkenkrug und in der Schloßwache. &bdquo;Es dauerte einige Tage, bis die Ordnung wiederhergestellt war“, so Sunderbrink.

Nur wenige Bomben 5. Wiesenstraße: Bereits am 31. Dezember 1944 hatte es einen Fliegerangriff gegeben, berichtet Fritz Brakemeier. Nach dem Abwurf von zwei Sprengbomben und Entwarnung starben sieben Menschen. Noch heute befinden sich in der Straße Baulücken, die nicht geschlossen wurden. Die Wiesenstraße war auch deshalb Ziel, weil hier die Eisenbahntrasse entlang führte. &bdquo;Nach Ende der Kampfhandlungen zählte man 36 völlig zerstörte Häuser, 11 waren schwer beschädigt, 36 hatten mittlere Schäden, darunter auch das Schloss.“ Insgesamt starben im Landkreis Detmold 122 Menschen, und es wurden 80 Gebäude beschädigt. &bdquo;Wir können wirklich dankbar sein, dass wir keine Flächenbombardements hatten“, sagt der Ex-Bürgermeister. Ein Teilnehmer des Rundgangs berichtete, dass er im Londoner Airforce-Museum eine Liste gesehen habe, nach der Detmold Mitte Juni hätte großflächig bombardiert werden sollen.

Bei der nächsten Veranstaltung zum 8. Mai 1945 am Donnerstag, 8. Mai, spricht Prof. Dr. Arnd Bauerkämper über Folgen und Deutungen in beiden deutschen Staaten. Beginn ist um 19 Uhr im kleinen Saal der Stadthalle.

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