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Gedenken

Stadt Detmold reflektiert historische NS-Aufarbeitung

Freuen über die große Resonanz: VHS-Leiterin Claudia Biehahn, Professor Dr. Arndt Bauerkämper, stellvertretende Bürgermeisterin Christdore Richter und die Leiterin des Detmolder Stadtarchivs, Dr. Bärbel Sunderbrink. - © Stadt Detmold

Detmold. Hatte bei der Feierstunde des Deutschen Bundestags am 8. Mai das Gedenken im Vordergrund gestanden, so ging es bei der zentralen Veranstaltung der Stadt Detmold laut Pressemitteilung der Verwaltung darum, den Tag des Kriegsendes in seinen historischen Dimensionen einzuordnen.

Professor Dr. Arndt Bauerkämper von der Freien Universität Berlin nahm die 120 Gäste in der Stadthalle mit auf eine Zeitreise von der Kapitulation bis in die Gegenwart: „In den ersten Nachkriegsjahren, in denen die Folgen von Zerstörung, Vertreibung, Versorgungsschwierigkeiten und Demontage den Alltag dominierten, war an eine Auseinandersetzung mit NS-Verstrickungen nicht zu denken. Nach der Spaltung der Besatzungszonen in die beiden deutschen Staaten entwickelte sich der Umgang mit der NS-Vergangenheit völlig unterschiedlich“, erklärte er.

Unterschiedliche Wertungen

Während in der DDR der Antifaschismus zur Staatsdoktrin geworden sei, die auch für Nichtkommunisten anschlussfähig gewesen sei, habe man das Kriegsende im Westen als „Zusammenbruch“ gewertet.

Erst der politische Druck der 68er-Bewegung und die Fernsehserie „Holocaust“hätten eine Wende eingeleitet. „In seiner viel beachteten Rede brachte esBundespräsidenten Richard von Weizsäcker vor 40 Jahren dann auf den Punkt: Der8. Mai ist ein Tag der Befreiung vom menschenverachtenden Nationalsozialismus.Dass die militärische Niederlage im Zweiten Weltkrieg von der Zustimmung derDeutschen zum Nationalsozialismus untrennbar war, wollten viele Bundesbürgerbis zu diesem Zeitpunkt nicht wahrhaben“, wird Historiker Bauerkämper in der Mitteilung zitiert.

Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten entwickelte sich laut Bauerkämper eine gemeinsame demokratische Erinnerungskultur.

Bauerkämpers Appell ist eine differenzierte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Erinnerungsgeschichten beider deutscher Staaten. Am Ende einer anregenden Diskussion sah der aus Lage stammende Historiker durchaus Perspektiven, aus der Geschichte Zukunftshandeln abzuleiten. Nicht in den ritualisierten Gedenkformeln eines „Nie wieder“ sieht er das Mittel der Wahl, sondern in einer emphatischen Auseinandersetzung mit den Opfergeschichten, die allerdings nicht von oben verordnet werden können.

VHS-Leiterin Claudia Biehahn und Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink, diedie Veranstaltung initiiert hatten,freuten sich über den großen Zuspruch. Dazu Sunderbrink in ihrer Begrüßung:„Wir sind davon überzeugt, dass es einen Unterschied macht, ob die Menschen inunserem Land über die NS-Zeit und den Zivilisationsbruch des Völkermords an denJuden fundiert informiert sind.“

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