Detmold. Mehrfach kocht die Stimmung in Sitzungssaal 165 hoch, dabei will die Große Wirtschaftskammer an Prozesstag 20 nur herausfinden, in welchem Zustand eine offenbar viel zu günstig verkaufte Eigentumswohnung aus dem Besitz einer betreuten Seniorin nun gewesen ist. Weil zwei Zeuginnen die Aussage verweigern, geht es schleppend voran. Der Tat-Komplex ist ein zentraler. Die Staatsanwaltschaft Detmold wirft der vielfach wegen Betrugs angeklagten Anwältin aus Detmold vor, ihrer ehemaligen Kanzlei-Mitarbeiterin dabei geholfen zu haben, eine Innenstadtwohnung in Detmold von einer Betreuten zu einem Spottpreis erworben zu haben. Beide Frauen müssen sich für diesen Vorwurf in zwei parallel laufenden Verfahren verantworten. Dem vom Gericht beauftragten Gutachter nach war die Wohnung etwa 130.000 Euro wert - verkauft wurde sie für 82.500 Euro. Die Kanzlei-Mitarbeiterin hatte argumentiert, das Objekt sei in einem desolaten Zustand gewesen. Da es von der damals unrenovierten Wohnung keine Fotos gibt, gestaltet sich die Spurensuche jetzt schwierig. Ex-Mitarbeiterin verweigert die Aussage Erstmals ist die selbst angeklagte Rechtsanwaltsfachangestellte im Prozess gegen ihre ehemalige Chefin als Zeugin geladen. Vor Gericht beruft sich die 32-Jährige auf ihr Recht, die Aussage zu verweigern. Die angeklagte Anwältin kann das nicht nachvollziehen, es rumort auf der Anklagebank. Oberstaatsanwalt Christopher Imig greift ein: „Es wäre schön, wenn Sie keinen Einfluss auf die Zeugin nehmen würden“, sagt er. „Schön durchatmen.“ Dass es für die Prozessbeteiligten an diesem Verhandlungstag nicht immer leicht sein wird, Ruhe zu bewahren, zeigt der Auftritt einer weiteren Zeugin. Weil gegen die 26-Jährige am Rande eines anderen Tatkomplexes ermittelt wird, will sie ebenfalls nicht aussagen. Das Recht dazu hat sie nicht, erklärt die Vorsitzende Richterin Katharina Schikowski. Schließlich gehe es nur um eine Wohnung, nicht um Umstände, mit denen sie sich belasten könnte. Erst dann gibt die Zeugin an, die Nichte der ehemals mitangeklagten Kanzlei-Mitarbeiterin zu sein und die Aussage als Angehörige zu verweigern. Während die Kammer versucht, ihre familiären Angaben zu überprüfen, beschwert sich die im Zuschauerraum sitzende Ex-Kanzlei-Mitarbeiterin darüber. Es kommt zum Machtwort, dann kann es weitergehen. Stimmung im Saal ist angespannt Dass es in der besagten Wohnung nach Urin gestunken haben soll, wie es eine Freundin der Kanzlei-Mitarbeiterin vor Gericht beschreibt, kann der als Zeuge geladene ehemalige Hausverwalter nicht bestätigen. Die ältere Dame - damals in einem schlechten psychischen Zustand - hatte öfter Teebeutel aus dem Fenster geschmissen und sich mit anderen Bewohnern angelegt. Zum Ärger der Staatsanwaltschaft hält Verteidigerin Christina Peterhanwahr dem Zeugen das Beschwerde-Protokoll eines anderen Hausbewohners vor, das noch nicht den Weg in die Akten gefunden hat. Die Spitze, die Staatsanwaltschaft würde selbst ständig neue Beweismittel auf dem Hut zaubern, will Imig nicht stehenlassen. Wieder wird es hitzig. „Ich lasse mir nicht solche unsachlichen Dinge unterstellen.“ Ein bisschen Programm geht dann noch durch. Eine ehemalige Krankenschwester beschreibt die Wohnung als unordentlich, aber nicht verkommen. „Es war eine typische Alte-Leute-Wohnung“, sagt die 74-Jährige. Der Teppich sei abgetreten gewesen, Schimmel hätte sie aber nicht gesehen. Dem Hausverwalter nach soll die angeblich uralte Gastherme der Seniorin vor einigen Jahren ausgetauscht worden sein. Kommende Woche - am 20. Mai - muss die Kammer im Parallelverfahren gegen die ehemalige Kanzleianwältin nun ein ähnliches Beweisprogramm durchführen. Der Prozess gegen die Anwältin geht am 26. Mai weiter. Dann will sich die Angeklagte zur Sache einlassen.