Für Kinder in Not: Detmolderin verschenkt 100 Kunstwerke gegen Spende

Detmold. Wie viele Kunstwerke Renate Hemsoth gemalt hat, ist nicht bekannt. Es sind viele, sehr viele. Nach ihrem Tod vor drei Jahren lagerten sie, sorgsam verpackt, in einem Container. Ihre ehemaligen Freundinnen Sabine Schlotter und Gertrud Wagner haben sie vor der Vernichtung gerettet - und zugleich eine besondere Idee gehabt. Motto: Original gegen Spende. 100 Kunstwerke sollen in den nächsten Wochen in der Detmolder Christuskirche den Besitzer wechseln. Die Einnahmen aus der außergewöhnlichen Aktion gehen ans &bdquo;Hammer Forum“, das sich für kriegsverletzte Kinder einsetzt.

Der Parkettboden voller Kunst Die Regale in der Wohnung von Sabine Schlotter sind proppevoll mit Büchern. Davor, auf dem Parkettboden, liegt stapelweise abstrakte Kunst. Wer darin stöbert, erkennt Körper oder Körperteile, auch Schriften, Zahlen und Piktogramme sind zu sehen. Schlotter und ihre helfende Hand, die junge Architektin Freya Liv Kürschner, blättern vorsichtig durch die großen schweren Filzpappen, auf die die Malerin unterschiedliche Motive mit Acrylfarben aufgebracht hat. An der Wand lehnen weitere Werke, bemalte Leinwände. Großformate, meist in einem Maß von 1 Meter x 0,80 Meter. Wie viele Werke es sind? Die ehemalige Deutschlehrerin zuckt mit den Schultern und lächelt. &bdquo;Viele.“ Und es sind längst nicht alle.

Schon bald nach dem Tod von Renate Hemsoth, die bis 1999 Pastorin in Lippe war und 2022 starb, hätten die Freundinnen und Freunde der Erbin gegenüber den Wunsch geäußert, eine Ausstellung zu organisieren, sagt Schlotter. Diese habe auch zugestimmt - doch dann geriet das Vorhaben ins Stocken. Im vergangenen Sommer habe dann plötzlich alles sehr schnell gehen müssen. &bdquo;Innerhalb von drei Tagen mussten wir die Bilder aussuchen. Das Problem: Die Bilder waren im Container einer Detmolder Spedition untergebracht und in weiße Folie eingepackt.“

Niemand wusste, was sich dahinter wirklich verbarg: &bdquo;Wir haben die ersten zehn Pakete, die vorne standen, mitgenommen.“ Weiter hinten im Container habe es noch viele weitere Pakete gegeben - aber die Kunst war so schwer und sperrig, dass sich Sabine Schlotter und ihre Helfer mit der Ausbeute zufriedengeben mussten: &bdquo;Wir haben die Katze im Sack mitgenommen, obwohl wir natürlich wussten, das Renate keine röhrenden Hirsche gemalt hat“, schmunzelt die Pensionärin.

Überraschende Motive Als sie die Pakete im Sommer 2024 nach und nach auspackt, ist Sabine Schlotter überrascht, wie vielfältig ihre Freundin gemalt hat. Gemein haben die Werke, dass sie sehr modern und abstrakt sind. Und dass sie sehr groß sind. Wichtige Impulse habe die Künstlerin durch die Sommerakademien in Schwalenberg und Nordhorn bekommen. Der Künstler Pavel Richtr aus Hamburg sei damals Dozent und habe sie sehr geprägt. &bdquo;Eine Malerfreundin aus dieser Zeit sagte mal, sie gehörte zur Fraktion ,Schütten und Gießen’“, umschreibt Schlotter es salopp.

Ab kommenden Samstag, 28. Juni, werden die Werke in der Christuskirche der Öffentlichkeit präsentiert. Dann wird das Gotteshaus nicht nur zu einem Ausstellungsraum, sondern auch zu einer großen Galerie: Denn wem ein Werk gefällt, der darf es gegen eine Spende direkt mitnehmen. Die Leinwände hängen die Organisatorinnen auf oder lehnen sie an. Die Filzpappen, die den Großteil der Werke bilden, werden auf Kleiderbügeln an Kleiderständern präsentiert: &bdquo;Wie man sich Kleider aussucht, kann man sich hier dann auch Bilder aussuchen“, erklärt die Lehrerin die Aktion. Sie wünscht sich viele Menschen, die Freude an der abstrakten Kunst und Platz für großformatige Bilder haben.

Hilfe für verletzte Kinder Sabine Schlotter und Freya Liv Kürschner, die die flankierenden Plakate und Postkarten gestaltete und sie mit viel Tatendrang unterstützt, hoffen, mit Hilfe der Verkäufe aus der Ausstellung einen vierstelligen Betrag sammeln zu können. Mindestens. Das Geld geht ans Hammer Forum, das Renate Hemsoth zu Lebzeiten immer unterstützt hat. Denn der Verein, der qualifizierte Fachärzte und Pflegepersonal in Krisengebiete schickt, um kriegsverletzte Kinder zu behandeln und vor Ort für das Equipment und für Weiterbildung sorgt, kann jeden Euro gebrauchen.

Und was passiert mit den am Ende übrig gebliebenen Werken und jenen, die noch im Obergeschoss ihrer Wohnung lagern, weil nicht alles in der Christuskirche Platz findet? Sabine Schlotter ist zuversichtlich: &bdquo;Auch dafür finden wir noch Verwendung.“ Ob es jedoch eine weitere Ausstellung geben wird, ist unklar. Denn so ein Projekt, das weiß sie inzwischen, ist mit immens viel Arbeit verbunden.

Die Ausstellung in der Christuskirche Detmold, Kaiser-Wilhelm-PLatz/Bismarkstraße, ist vom 28. Juni bis 11. Juli dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr, montags bis freitags von 15 bis 17 Uhr sowie samstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Für Kinder in Not: Detmolderin verschenkt 100 Kunstwerke gegen Spende

100 Kunstwerke werden in der Christuskirche Detmold gegen eine Spende abgegeben

Kunst zwischen Bergen und Pools in Detmold

Kunstpunkt Detmold zeigt vier Perspektiven zwischen Fiktion und Realität

Ruhrmuseen zeigen Meisterwerke-Auswahl auf Villa Hügel

Erika Kohls in Lemgo: Schloss Brake präsentiert abstrakte Werke

Vernissage in Detmold: Bürgermeister lobt wachsende Kulturszene