Anwältin vor Gericht: Weshalb die Angeklagte die Kreis-Amtsärztinnen für befangen hält

Kreis Lippe. Das neue Jahr startet in Sitzungssaal 165 etwas anders als erwartet. Erneut sitzt die in den Fokus der Ermittler gerückte Rechtsanwältin aus Detmold nicht an der Seite ihres gewohnten Verteidigers Georg Schulze auf der Anklagebank. Das allein ist nicht ungewöhnlich, schließlich soll der siebte Prozesstag bloß als kurzer Springertermin dienen, um die Drei-Wochen-Frist zu wahren. Dann wird es am Montagmorgen doch inhaltlich: Verteidigerin Christina Peterhanwahr, die ihren Kollegen vertritt, lässt es Befangenheits- und Beweisanträge hageln.

Im Kern geht es darin vor allem um den Gesundheitszustand der in 38 Fällen wegen Betrugs und Untreue angeklagten Juristin, die wegen einer Panikattacke vor zwei Prozesstagen zusammengekauert auf dem Gerichtsflur gesessen hatte und im Nachgang bei den amtsärztlichen Untersuchungen als verhandlungsfähig eingestuft wurde. Beide Amtsärztinnen des Kreises Lippe möchte die Verteidigung nun &bdquo;wegen der Besorgnis der Befangenheit“ ablehnen.

&bdquo;Unprofessionell und einseitig“ untersucht? Als Grund steht im Antrag festgehalten, die beiden Ärztinnen hätten die ehemals vorrangig als gesetzliche Betreuerin tätige Anwältin &bdquo;unprofessionell und einseitig“ untersucht. Dass sie im Kreis angeblich als vorverurteilt gilt, wie es die Angeklagte zuvor selbst als Argument gegen die Untersuchung vor Ort ins Spiel gebracht hatte, wird ausgeklammert. Dem Schreiben nach hätte aber keine der medizinischen Sachverständigen von der Detmolderin angemerkte Vor-Gutachten und Diagnosen zur Kenntnis genommen, die die psychische Belastung der 58-jährigen Juristin untermauerten.

Genauso wenig sei die Einschätzung des behandelnden Psychiaters berücksichtigt worden, weshalb Verteidigerin Peterhanwahr ebenfalls beantragt, ihn als Zeuge vor Gericht zu hören. Darüber hinaus will die Rechtsanwältin aus Bielefeld ein weiteres neurologisch psychiatrisches Gutachten erstellen lassen, das sich mit der akuten Anpassungsstörung ihrer Mandantin befasst. &bdquo;Herzrasen, Atemnot, gepaart mit dem Gefühl zu ersticken machen es ihr unmöglich, den Aussagen in der Hauptverhandlung zu folgen“, trägt Peterhanwahr vor.

Die angeklagte Rechtsanwältin sitzt währenddessen ruhig da, fasst sich gelegentlich mit den Händen an die Stirn. Oberstaatsanwalt Christopher Imig und sein Kollege Staatsanwalt Moritz Lange verzichten an dieser Stelle darauf, die Anträge zu kommentieren. Sie wollen erst zu einem späteren Zeitpunkt Stellung nehmen. Zeit dafür scheint genügend zu sein. Die Wirtschaftskammer unter dem Vorsitz von Richterin Katharina Schikowski will erst später darüber entscheiden.

Verteidigung will kein neues Wertegutachten In der Zwischenzeit wird sich die Kammer auch mit dem von der Verteidigung ebenfalls ins Spiel gebrachten Antrag befassen, davon abzusehen, ein weiteres Wertgutachten für die im Zentrum eines Anklagepunktes stehende Wohnung einzuholen. Dem Vorwurf nach soll die Juristin ihrer ebenfalls angeklagten Kanzlei-Mitarbeiterin (31) geholfen haben, viel zu wenig Geld für die zentral in Detmold gelegene Eigentumswohnung von einer betreuten Seniorin bezahlt zu haben.

Aus Sicht der Verteidigung hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Senioren sich über alle Bedenken ihr nahestehender Personen bezüglich eines zu niedrigen Kaufpreises hinweggesetzt hatte und daher überhaupt nicht wissentlich getäuscht werden konnte. Außerdem habe der zum Beginn des Prozesses ebenfalls noch auf der Anklagebank sitzende Immobilienmakler erklärt, wie der geringe Kaufpreis von rund 85.000 Euro seiner ersten Einschätzung nach zustande gekommen war. Pflichtverteidiger Selim Altan, der die Kanzlei-Mitarbeiterin in dieser Sitzung vertritt, schließt sich dem Antrag an.

Das Verfahren gegen den Makler hatte die Kammer zwischenzeitlich gegen eine Geldauflage von 5000 Euro vorläufig eingestellt. Anders als dessen Verteidiger sah die Staatsanwaltschaft Detmold den Kurs der Beweisaufnahme alles andere als in Richtung Freispruch an.

Der Prozess wird am 15. Januar fortgesetzt.

Anwältin vor Gericht: Weshalb die Angeklagte die Kreis-Amtsärztinnen für befangen hält

Nach fast einem Jahr: Fällt nächste Woche das Urteil gegen eine Detmolder Anwältin?

Einlassung bloß vertagt? Weshalb die angeklagte Anwältin aus Detmold weiter schweigt

Detmolder Anwältin auf Anklagebank: Weshalb es vor Gericht neue Beweisanträge regnet

Großer Andrang, kein Urteil: Gericht bringt Berufsverbot für angeklagte Anwältin ins Spiel

Detmolder Anwältin vor Gericht: LKA hält Testament einer Seniorin für gefälscht

Anwältin vor Gericht: Staatsanwaltschaft fordert sechseinhalb Jahre Haft und Berufsverbot

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus