Detmold. Zwischen Mühlenstraße und Grabbestraße ist die Herberge zur Heimat verortet. Die Einrichtung für Menschen in sozialen Notlagen besteht nun seit 140 Jahren. Das wurde Donnerstag ein wenig gefeiert - auch mit einem Podiumsgespräch in der Christuskirche sowie einem Empfang mit einer Andacht. Teilnehmer an dem von LZ-Redakteur Martin Hostert moderierten Podium waren Heike Moerland (Geschäftsfeldleitung Diakonisches Werk), Gabriele Zumbrink (LWL Inklusionsamt), Stefan Susat (Vorstand Jobcenter Lippe), Landrat Dr. Axel Lehmann sowie von der Stadt Detmold Stefan Fenneker und Matthias Neuper (Pädagogischer Vorstand der Herberge zur Heimat). Neuper hielt eine kurze Andacht, musikalisch untermalt von Lotti Epp. Über wie viele Menschen man denn eigentlich spreche, wollte Hostert wissen. Neuper erklärte, dass bundesweit 600.000 Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht seien. Von 1400 in Lippe sei die Rede - in diese Statistik gingen aber auch alle Flüchtlingsunterkünfte und mehr ein, und statistisch sei die Problematik sowieso schwer zu fassen. Real könne man in Lippe von vielleicht 50 bis 60 Menschen ausgehen, die ohne Obdach seien. Die Lage habe sich verschärft, da nach Corona nun mehr Eigentümer Mietverhältnisse kündigen würden. Gabriele Zumbrink stellte ein Projekt des Landschaftsverbandes vor. „Es geht um die Idee, direkt von der Straße in ein Wohnverhältnis zu gelangen“, erläuterte sie. Dabei würden alle Zwischenschritte wie Unterbringung in Unterkünften und schrittweises Heranführen über ambulantes Wohnen ausgelassen. Hilfen gebe es natürlich dennoch für die Menschen, die welche wollten oder bräuchten. Problem sei, Vermieter zu finden. Dafür gebe es finanzielle Anreize. „Housing“-Projekt In Detmold, sagte Stefan Fenneker, sei dieses „Housing“-Projekt von der Stadt erwogen, aber als nicht passend betrachtet worden. Zudem gebe es auch private Wohnungen in Unterkünften, zum Beispiel für Frauen mit Kindern. Matthias Neuper erläuterte, dass das Projekt nun auch nach Lippe kommen werde. Die Herberge zur Heimat habe dem anfangs noch skeptisch gegenüber gestanden. Doch es gebe nun gute Begleitangebote. Landrat Axel Lehmann erklärte, dass der Kreis und die Kommunalpolitik eher bei präventiven Themen im Boot seien. Der Wohnungsmarkt, schilderte er, sei aber schwierig in Lippe. Fenneker stellte hier heraus, dass die Stadt Detmold in der glücklichen Lage gewesen sei, durch frühere Briten-Wohnungen 150 Wohneinheiten neu zu schaffen, einige auch für soziale Zwecke. Auch im öffentlichen Raum, wie am Hasselter Platz, sei die Stadt aktiv. Dort kümmere man sich um Probleme mit Wohnungslosen, die dort auch zelten wollten, mit einem Bündnis aus Stadt, Herberge, Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst. Die Gründung Die Gründung der Herberge reicht zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Damals hatten Vertreter der christlichen Kirchen das zunehmende Problem der arbeits- und heimatlosen Menschen in Deutschland ausgemacht. 1854 gründete sich die erste Herberge zur Heimat in Bonn für Wandergesellen, 1882 eine Arbeiterkolonie in Bielefeld und eine Zweigstelle in Detmold, der „Zweigverein für die Arbeiter-Colonie Wilhelmsdorf“. Das Ziel: Wanderbettelei verhindern sowie, dass das erbettelte Geld meist in Alkohol umgesetzt wurde. Im November 1884 wurde dann mit dem Bau der Herberge zur Heimat in der Mühlenstraße 9 begonnen. Ein Jahr später war sie bezugsfertig. Prinzessin Elisabeth zur Lippe (1833–1896), Gemahlin des früheren Fürsten Leopold III, hatte den Bau finanziert, verlangte jedoch, dass ihr Name nicht mit der Herberge in Verbindung gebracht werde. Bald folgten Erweiterungen in der Mühlenstraße. Es entstanden Mietwohnungen und ein Obdachlosenasyl. Granaten zerstörten die Herbergsgebäude im Zweiten Weltkrieg zum Teil. In den ersten Nachkriegsjahren diente die Herberge auch als Unterkunft für Flüchtlinge und Vertriebene. Weitere Gebäude folgten, auch Werkstätten und Lagerräume. Die Herberge bietet heute ambulant betreutes Wohnen, Trainingsapartments - auch zur Wiedereingliederung von Haftentlassenen -, Hilfe für alleinerziehende Mütter an, betreibt ein Flohmarktprojekt, die Kinderküche sowie die Stadtküche und die Detmolder Tafel, unterstützt Abhängige bei der Suchtbekämpfung und leistet Straßensozialarbeit. Sie finanziert ihre Arbeit aus Geldern des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, des Kreises Lippe und der Stadt Detmold sowie aus Spenden.