Klebe zu Ehren: Die Detmolder Musikhochschule feiert gelungenen Start ins neue Studienjahr

Detmold. Wohl kein Komponist ist so eng mit Detmold verbunden wie Giselher Klebe. Rund vierzig Jahre lebte, komponierte und unterrichtete der gebürtige Mannheimer in der Residenzstadt, die ihm im Jahre 2002 die Ehrenbürgerschaft antrug. Seine Musik allerdings wird auch in Detmold kaum noch aufgeführt – ein Umstand, dem die Hochschule für Musik (HfM) in diesem Herbst mit zahlreichen Konzerten, einer Ausstellung und einem wissenschaftlichen Symposion abzuhelfen bestrebt ist, und zwar im Rahmen Festivals &bdquo;Giselher Klebe_100“.

Erste Gelegenheit zum Kennenlernen gab es anlässlich der traditionellen Eröffnung des Studienjahres. Mit &bdquo;Soirée“ für Posaune und Kammerensemble aus dem Jahre 1987 startete die Veranstaltung fulminant: Gleich dreißigmal hämmerte sich ein Sforzato-Akkord aus sämtlichen zwölf Tönen der chromatischen Skala in das Bewusstsein des Publikums, so, als ob das musikalische Material in die Ohren geprügelt werden müsste. Die fünf Sätze der Komposition zeigen vieles von dem, was für Klebes Musik so charakteristisch ist: Akribie in Form und Struktur, die sich in den Dienst einer leicht fasslichen und nicht nur Experten zugänglichen Tonsprache stellt.

Zauberhafte Atmosphäre Giselher Klebe (1925 - 2009) steht einerseits in der Tradition der Zwölftonmusik Arnold Schönbergs, ohne sich - wie viele seiner Zeitgenossen - dem streng seriellen Komponieren hinzugeben. Andererseits ist aber, wohl nicht zuletzt durch seinen Lehrer Boris Blacher vermittelt, der Rhythmus ein ganz entscheidender Parameter seiner Musik, die zuweilen mehr an Strawinsky und den Neoklassizismus erinnert als an die überspannte Expressivität der Schönberg-Nachfolger.

Und dann der feine Sinn für Klangfarben: Wo manche deutlich populäreren Komponisten heutzutage ein riesenhaftes Orchester benötigen, reichen Klebe zwei oder drei Streicher, um eine zauberhafte Atmosphäre zu erzeugen, in der sich die Soloposaune wie in einer lyrischen Opernszene frei entfalten kann. Dass die &bdquo;Soirée“ bei aller Komplexität so unmittelbar ansprechend wirkte, war nicht zuletzt der fabelhaften Darbietung des Posaunisten Daniel Steppeler und des Kammerensembles unter der Leitung von Florian Ludwig zu verdanken, die von brachialer Gewalt bis zu purer Schönheit ein überwältigendes Spektrum an Klangfarben auf das Podium brachten.

Ganz allein mit der Harfe versetzte die Preisträgerin des Alumni/GFF-Interpretationswettbewerbs Antonia Josephine Fischer das Publikum in Staunen. Die Hommage an Jazzlegende Duke Ellington besaß einen Groove, den man dem Instrument gar nicht zugetraut hätte. Auch wenn das Stück nicht aus seiner Feder stammte: Giselher Klebe pflegte zur Harfe zeitlebens eine ganz besondere Beziehung, sodass er an diesem Beitrag sicher ebenfalls seine Freude gehabt hätte.

Bühnenkomponist Klebe Den Abschluss bildete der Kammerchor der HfM Detmold unter der Leitung von Anne Kohler mit dem &bdquo;Sanctus“ aus der Messe G-Dur von Francis Poulenc, &bdquo;Ave verum corpus“ von Javier Busto und einem Arrangement von Elton Johns &bdquo;The Circle of Live“. Glasklare Höhen im Sopran, profunde Bässe und klare Mittelstimmen machen Auftritte des Vokalensembles immer zum Erlebnis, so auch diesmal. Unter Kohlers Dirigat wirkte der Chor wie ein einziges, vielfarbiges Instrument; bewundernswert homogen wurden Linien und Flächen gestaltet. Mitreißend vor allem der letzte Beitrag. Allenfalls beim &bdquo;Sanctus“ hätte man sich etwas mehr intonatorische Klarheit gewünscht, um die überraschend-aparten Harmonieverbindungen freier schwingen zu lassen.

Einen Ausblick auf die nächsten Veranstaltungen gab der Künstlerische Leiter Christian Köhn im Gespräch mit Rektor Thomas Grosse und gemeinsam mit Antje Tumat, die das wissenschaftliche Programm des Festivals verantwortet. Um der ganzen Breite an Formen, an Besetzungen und auch Stilen von Giselher Klebes Werk einigermaßen gerecht zu werden, beteiligen sich etliche Ensembles auch außerhalb der Hochschule. Sogar einige Uraufführungen sind zu erwarten, und mit der konzertanten Aufführung der Oper &bdquo;Das Mädchen aus Domrémy“ wird am 23. November auch der Bühnenkomponist Klebe gewürdigt. Zum Festival ist eine Broschüre erschienen, die neben dem Programm auch Erhellendes zu Leben und Werk des 2009 verstorbenen Komponisten enthält.

Das Publikum im gut besuchten Konzerthaus dürfte Appetit bekommen haben auf eine Fülle attraktiver Veranstaltungen im neuen Studienjahr und dankte mit herzlichem Applaus.

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