Detmold. Die Lange Straße ist schon immer die Lebensader der Stadt gewesen - als Wohnort, aber auch als Standort für Handwerk, Handel und Gastronomie. Und es gibt Namen, die eng mit dieser Geschichte verbunden sind. Sonntag ist wohl der bekannteste davon, lange Zeit die erste Adresse direkt am Marktplatz. Bei „Sonntag & Vos“ gab es ab 1883 alles, was die Detmolder für den täglichen Bedarf benötigten. Nur wenig später eröffnete August Oberschorfheide seinen Laden. 125 Jahre ist dies nun her. „1900 startete der Betrieb als Schirmfachgeschäft und Korsettgeschäft“, berichten Thomas und Ingrid Rohde, die den Laden bis 2022 geführt haben und eine Menge über dessen Geschichte in der Fußgängerzone und auch die Entwicklung der Damenwäsche berichten können. „Damals waren einschnürende Miederwaren für eine extrem schlanke Taille gefragt“, erzählt Ingrid Rohde. Die Verkäuferinnen seien mit den Kundinnen in die Kabine gegangen, um die Schnürmieder anzulegen. Dafür habe man ein spezielles System erlernen müssen. „Elasthanfasern waren geradezu revolutionär, weil sie sich dem Körper angepassten und trotzdem formten.“ Inhaberwechsel und Umbauten Nachdem August Oberschorfheide verstorben war, übernahmen zunächst dessen Ehefrau Ernestine und dann seine Tochter Erna Hunold die Leitung, bevor es 1973 von Paul und Marie-Luise Rohde und 1985 schließlich von deren Sohn Thomas und dessen Frau Ingrid übernommen worden ist. Umbauten gab ebenfalls: Während alte Bilder noch ein Ladenlokal mit fünf Stufen und großen Schaufenstern links und rechts zeigen, ist der Eingang seit dem Komplett-Neubau im Jahr 1994 ebenerdig. „Die Treppe war in der Lauflage immer störend“, berichten die Rohdes. Außerdem sei die Verkaufsfläche noch einmal vergrößert und die Fassade originalgetreu wieder aufgebaut worden. Fortan wurden im Untergeschoss Schirme, die seit Anbeginn zum Sortiment gehörten, sowie Rucksäcke und Portemonnaies verkauft - bis sich die Geschäftsleute 2003 ganz auf Wäsche konzentrierten. Auch die hatte sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder gewandelt. „Je freier und offener die Frauen wurden, umso mehr ging es in Richtung Dessous, die diese Freiheit unterstrichen“, berichtet Ingrid Rohde. Nicht einfach mal eben so, sondern in einem Prozess. Scham und Sexiness Die Scham, einen roten BH zu tragen, musste erst einmal weichen. Sexiness sei ein Thema gewesen; Fragen wie „Wie stelle ich mich dar?“ oder „Wie selbstbewusst kann man sich nach außen zeigen?“ seien aufgekommen. Und auch Werbung mit nackter Haut und Spitze sei durchaus kritisch beäugt worden. Gleichzeitig wuchs laut der Fachfrau bei den Frauen die Empfindung, dass man über schöne Wäsche auch Selbstbewusstsein bekommen kann. Wenn man sich durch das, was man drunter trage, gut und sicher fühle, strahle man das auch aus. Lesen Sie auch: Die Lange Straße im Wandel Priester, Sonntag, Oberschorfheide: Diese Namen prägen die Innenstadt „Deshalb ist es wichtig, mit richtiger Beratung anzusetzen“, betont Ingrid Rohde. Nicht nur wegen des Aussehens, sondern auch wegen der Passform und der möglichen Entlastung. Auswahl, Größe und Empathie ist für sie das Erfolgsrezept. Der persönliche Kontakt mit der Kundin auf engstem Raum in der Kabine - das könne kein Online-Dienst. Und so setzt auch die Familie Böckmann, die das Geschäft 2022 übernommen hat, die Philosophie fort. Familienunternehmen mit 22 Standorten „Unser Familienunternehmen besteht seit 1919 und ist somit in einer ähnlichen Zeit gestartet“, erklärt Christian Böckmann, der mittlerweile in der vierten Generation aktiv ist. Angefangen habe alles mit Stoffen für die ländliche Bevölkerung, die in Recke im nördlichen Münsterland angeboten wurden, und einem Landkaufhaus für den täglichen Bedarf, bevor Anfang der 1960er die Filialisierung startete. In der dritten Generation wurde auf Oberbekleidung und Wäsche gesetzt, was sich in den mittlerweile 22 Standorten inklusive der Wäscheläden Oberschorfheide in Detmold und Asemissen in Lemgo fortsetzt. Fortgesetzt werden soll laut Christian Böckmann auch die Fachberatung, die bei Rohdes auf einem hohen Niveau gelegen habe - nicht umsonst hätten die Geschäftsleute hohe Branchenauszeichnungen erhalten. Neben einem kompetenten Team komme dabei moderne Technik wie ein Online-Terminbuchungssystem zum Einsatz. Auf dass sich Oberschorfheide und damit das zweitälteste Geschäft in der Langen Straße gegen Internet-Anbieter durchsetzen und noch lange fortbestehen möge.