Detmold. Dorfrichter Adam hat ein Problem: Neben dem Kampf mit den schwerwiegenden Folgen seines nächtlichen Alkoholkonsums taucht auch noch sein Vorgesetzter Walter auf, der die Rechtsprechung in der Provinz unter die Lupe nehmen will. So ist Adam genötigt, eine Gerichtsverhandlung zu leiten, in der er gegen sich selbst ermitteln muss. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versucht er dabei zu verhindern, dass es sich bei dem unbekannten Täter der letzten Nacht um ihn selbst handelt ... Heinrich von Kleists „Der zerbrochene Krug“ feiert am Freitag, 21. November, um 19.30 Uhr im Detmolder Sommertheater Premiere; es wird von Katrin Hentschel in der Ausstattung von Jule Dohrn-Van Rossum inszeniert, Dramaturg ist Max Löwenstein.
Zwar geht es vordergründig „nur“ um einen zerbrochenen Krug. Was aber schnell deutlich wird, ist, dass dieser Richter hier gegen sich selbst und sein ganzes Herrschafts-System ermitteln muss, denn eigentlich steht die Ehre der höchst anständigen Eve auf dem Spiel. „Zunehmend wird deutlich, wie beschädigt sie bereits jetzt ist. Dem Dorfrichter schwant schon vor der Verhandlung, dass das für ihn nicht gut ausgehen könnte“, heißt es in der Ankündigung des Landestheaters.
Ab in den Untergang
Umso bemerkenswerter sei, dass diese Figur fast bereitwillig in ihren Untergang mitgehe. „Adam versucht zwar mit allen Mitteln, zu vertuschen, dass es sich bei dem unbekannten Täter der vergangenen Nacht um ihn selbst handelt, wirkt darin aber vielfach wie ein Clown und schlittert immer tiefer in die absurdesten Falschdarstellungen.“
Ein Kupferstich von Jean-Jacques André Le Veau, der einen zerbrochenen Krug in einem juristischen Rahmen zeigt, diente Heinrich von Kleist 1802 angeblich als Anlass für einen „poetischen Wettkampf“ unter Freunden, aus dem „Der zerbrochne Krug“ hervorging. Am Modell eines niederländischen Dorfgerichts im ausgehenden 17. Jahrhundert zeigt Kleist, dass institutionell nicht Recht gesprochen, sondern Macht ausgeübt wird. Und er lässt das Publikum teilhaben an der Gerichtsverhandlung eines verzweifelten Adam, der längst spürt, dass seine männliche Selbstherrlichkeit in der aktuellen Situation unhaltbar geworden ist.
Als Enthüllungsdrama um sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und Tatsachenverschleierung voll mit abgründigem Humor, stellt Kleist schließlich auch die Frage, wie es denn der geschädigten Eve geht, die lange schweigt und deren Stimme wichtiger denn je erscheint in einer Gesellschaft, die sich ihrer strukturellen Ungerechtigkeiten zunehmend bewusst wird. Es spielen Stella Hanheide, Patrick Hellenbrand, Leonard Lange, Finn Nachfolger, Elias Nagel und Manuela Stüßer.
Weitere Vorstellungen sind unter anderem am Donnerstag, 11. Dezember, Samstag, 27. Dezember, und Mittwoch, 31. Dezember.