Letzte Rinder verlassen den Hof Brunsiek

Dörentrup/Spork-Wendlinghausen. &bdquo;Da läuft Ihnen doch das Wasser im Munde zusammen“, sagt Albrecht Brunsiek und blickt auf die stattlichen Rinder. Zwei Tiere stehen noch auf der Weide, Tamara und Otto, die Letzten einer einst imposanten Herde. Doch im Januar gehen auch sie auf ihre letzte Reise. &bdquo;Letzte Reise“, sagt der 76-jähriger Dörentruper und macht damit klar, dass der Abschied ihm nicht leicht fällt. Weder von der zehnjährigen Tamara, noch von ihrem zweijährigen Sohn Otto. Zwei Piemonteser, mit deren Rasse Brunsiek über Jahrzehnte gezüchtet hat.

Rinder haben das Hofleben immer begleitet. Die Chronik geht bis in das 15. Jahrhundert zurück, 1908 haben die Großeltern das Anwesen an der Mittelstraße gekauft. Als passionierter Züchter hat Albrecht Brunsiek zunächst Schwarz-Bunte als Milchkühe gehalten und sich ab den 90er Jahren auf die italienische Fleischrasse spezialisiert. Die war damals in Deutschland kaum bekannt. &bdquo;Italien führte nur die Bullen aus“, erklärt der Landwirt zurück und mit denen allein lasse sich bekanntlich schlecht züchten. Albrecht Brunsiek blieb dran, handelte mit den italienischen Behörden und konnte 1990 endlich vier weibliche Tiere ausführen. &bdquo;Der Preis war hoch, hätten das meine Kollegen damals gewusst, hätten sie mich für verrückt erklärt“, sagt er lachend, doch der Einsatz sollte sich für ihn lohnen. Er begann mit der Zucht der schönen weiß-grauen Tieren und sollte seine Rinder in den kommenden Jahren europaweit verkaufen. Was für die Zucht nicht geeignet war, wurde geschlachtet und direkt am Hof verkauft.

Vom Schweinestall zur Mietwohnung &bdquo;Die weißen Rinder und die weißen Lippe Gänse auf den Wiesen haben das Bild des Hofes über Jahrzehnte geprägt“, blickt Albrecht Brunsiek zurück, der zu den Gründungsmitgliedern des Vereins &bdquo;Tiere im Dorf“ zählt – doch auch für die restlichen Gänse ist das Hofleben vorbei. Sie wurden bereits verkauft. Damit nimmt für den Dörentruper eine Laufbahn in der Landwirtschaft sein Ende, die er 1990 auf neue Wege leiten musste. Damals mit der Öffnung des Ostens und den überdimensionierten neuen Betrieben war klar, dass die Zukunft von Sohn Jochen nicht in der Landwirtschaft liegen sollte. Eine Entscheidung, die Vater Albrecht akzeptierte, auch weil er selbst für die Hoffolge auf ein mögliches Studium verzichten musste. Er begann, den Hof umzustrukturieren, stellte von Milchkühen auf die Piemonteser Rinder um, baute den ehemaligen Schweinestall zu Mietwohnungen und eine Anliegerwohnung als Altenteil aus und setzte Photovoltaik aufs Dach. &bdquo;Schließlich mussten wir uns überlegen, wie wir das Anwesen auch ohne Landwirtschaft tragen.“

Gut 18 Hektar war der Betrieb ursprünglich groß, mittlerweile sind die Grünflächen verpachtet oder verkauft, die restlichen Ställe für Caravan und Co. vermietet und Albrecht Brunsiek mit seiner Lebensgefährtin in die Einliegerwohnung gezogen. Jetzt vollzieht er den nächsten Schritt und will mit Tamara und Otto im Januar die letzten Rinder verkaufen. Bereits 2007 hat der den Hof seinem Sohn überschrieben – nachdem ihn ein Bulle und eine Mutterkuh fast getötet hätten.

An den Folgen hat der 76-Jährige noch heute zu leiden. &bdquo;So etwas passiert mit Tieren“, sagt er nüchtern und doch war spätestens damit klar, dass er die Zucht aufgeben wollte. Und wie es das Schicksal will, setzt Rind Otto der Züchterkarriere zum guten Abschluss noch einmal die hornlose Krone auf. Denn Hörner sucht man bei Otto vergeblich. &bdquo;Das hornlose Rind, darauf habe ich die ganzen Jahre hingezüchtet“, sagt der Landwirt, damit müssten dem Tier die Auswüchse nicht ausgebrannt werden. Dem zweijährigen Piemonteser muss das indes egal sein. Er kommt im Januar unters Messer und sein Fleisch geht an die Kunden, die Brunsiek über Jahrzehnte die Treue gehalten haben. &bdquo;Die wollten wissen, wie das Tier lebt.“

Und Tamara, Otto und ihre Vorgänger hatten auf dem Hof Brunsiek wohl ein gutes Kuh-Leben. &bdquo;Sehe ich, dass sich die Tiere wohl fühlen, fühle ich mich auch gut“, bringt es Albrecht Brunsiek auf den Punkt und sieht es auch pragmatisch: &bdquo;Geht es den Rindern nicht gut, bringen sie auch keine Leistung.“

Letzte Rinder verlassen den Hof Brunsiek

Auf dem Hof Rethmeier aus Billinghausen kann sogar nachts eingekauft werden

Diamantene Hochzeit in Sommersell: Ein Hof, drei Kinder, neun Enkel - und viel Liebe

Wie Bauernhöfe in OWL Kindern nachhaltige Landwirtschaft vermitteln

Mit „weißem Gold“ bedient die Familie Hameier in Ehrentrup eine Nische

Erzählwerkstatt des Kulturstellwerks tourt weiter durch Nordlippe

Afrikanische Schweinepest: Die Tierhalter in Lippe sind gewappnet

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €