Extertaler produzieren Masken aus Bio-Kunststoff

Extertal-Bösingfeld. In ihrem &bdquo;ersten Leben" haben sie Sichtscheiben für Waschmaschinen und Gehäuse für Bohrhammer produziert. Dann lagen die Spritzguss-Werkzeuge zehn Jahre bei der Bösingfelder Firma Gerdes Kunststoff-Technik im Regal. Nun sind sie zu neuem Leben erwacht.

Die Firma Gerdes produziert mit dem Werkzeug Gesichtsschutz-Visiere. Das wäre an sich nichts Besonderes. Aber obwohl in Rekordzeit auf den Markt gebracht, folgen die Teile dennoch dem Firmen-Credo der Nachhaltigkeit und zwar in gleich mehrfacher Hinsicht wie Gerdes-Geschäftsführer Sandro Betke erklärt: &bdquo;Wir verwenden für die Visiere biologisch abbaubare Materialien."

Klare Scheibe, brauner Befestigungsriemen – all das geht mit Kunststoffgranulat auf Basis von Zellulose und Holz. &bdquo;Seit Monaten arbeiten wir an Bio-Kunststoffen", verrät Olaf Thielemann, der bei Gerdes für den Vertrieb zuständig ist. Plastik, das noch Jahrzehnte in Weltmeeren schwimmt – &bdquo;das will die künftige Generation nicht mehr", weiß Thielemann und zeigt stolz auf die seit Dezember regelmäßig weiter entwickelte Produktpalette aus Bio-Kunststoffen.

Versuchsobjekt Nummer eins war ein Gerdes-Azubi-Projekt: eine Frisbee-Scheibe. Statt in weiß oder pink kommt sie jetzt in der Naturfarbe &bdquo;Braun" daher. &bdquo;Wenn man dran riecht, dann ist da noch der Geruch von Wald", sagt Thielemann und greift zur &bdquo;in wohl jedem zweiten Haushalt vorhandenen", so der Vertriebler, kugeligen Warmhaltekanne. Auch diese konnte aus Kunststoff auf Holzbasis hergestellt werden. Auch die Qualitätstests haben die Produkte bereits bestanden – natürlich auch der Gesichtsschutz.

&bdquo;Wir können per sofort 10.000 Masken pro Woche liefern und hätten noch ein Zweit-Werkzeug in petto, das sofort aktiviert werden kann, womit wir die Stückzahl verdoppeln könnten", erklärt Jürgen Stelter, Qualitätsleiter bei Gerdes. Alles schick, sollte man denken, aber die laut Thielemann &bdquo;diffusen Auskünfte" von offizieller Seite ärgern das Unternehmen doch etwas. &bdquo;Angesichts des angemeldeten Bedarfs sind wir in Vorleistung gegangen. Dann teilt man uns mit, dass China seine Produktion wieder hochgefahren hätte. Die Honorierung der inländischen unternehmerischen Anstrengungen für ein made in Germany und verfügbar vermissen wir an dieser Stelle", sagt Betke kopfschüttelnd. So bleibt nur der Verkauf an den Endverbraucher, der das Gesichtsvisier im Internet-Shop der Firma erstehen kann.

Auch das Werkzeug ist nachhaltig Nachhaltigkeit wollte die Firma aber nicht nur mit dem biologisch abbaubaren Rohmaterial leben, sondern auch bei den Werkzeugen. &bdquo;Sie wurden bei uns für etwas ganz anderes entwickelt", erinnert sich Thielemann. Nach Auslauf der Produktion lagen sie im &bdquo;Dornröschenschlaf", waren nutzlos und enthielten dennoch wertvolle Materialien. Auf 400 Kilo Stahl der speziellen Sorte &bdquo;1.23.43 ESR", einem hochwertigen Rohstoff, bringt es allein das Werkzeug für das Visier, das zuvor Waschmaschinenscheiben produzierte. 200 Kilo wiegt das Werkzeug für den Befestigungsriemen. Im eigenen Werkzeugbau umgerüstet, sind die beiden Teile nun wieder im Einsatz.

Beim dritten Nachhaltigkeits-Aspekt der Gesichtsvisiere müssen Betke und Thielemann ein wenig schmunzeln. &bdquo;Wir haben zur Entwicklung eine Task-Force mit fünf Leuten gebildet, uns per Telefonkonferenz am Sonntag vor Ostern abgestimmt und das Produkt in einer Rekordzeit von 12 statt 90 Tagen marktreif gemacht – dank unserer ehemaligen Mitarbeiter. Bereits im Ruhestand, haben wir ihr Wissen und ihre Erfahrung quasi auch recycelt", schmunzelt Qualitätsleiter Stelter, der ob der langen Betriebszugehörigkeit bereits auch quasi zum &bdquo;Inventar" der 1959 gegründeten Bösingfelder Firma gehört.

In der Corona-Krise sind alle 137 Mitarbeiter derzeit in Kurzarbeit. Gearbeitet wird mit nur halber Zeit aber mit Blick auf die neue Nachhaltigkeit voller Hoffnung.

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