Extertaler Rat beschließt Haushalt im Eiltempo

Extertal. Für Ralf Klemme (Zukunft Extertal), Chef der größten Ratsfraktion, war es die erste Haushaltsrede – theoretisch, denn er hat sie nicht gehalten. Damit ging es ihm wie den anderen fünf Fraktionsvorsitzenden. Sie hatten sich auf einen ungewöhnlichen Schritt verständigt: Haushaltsreden sollten zur Etatverabschiedung wegen Corona nicht gehalten werden. &bdquo;Das bringt uns einen Zeitvorteil von schätzungsweise eineinhalb Stunden“, sagte Bürgermeister Frank Meier.Was die Fraktionschefs mit Ausnahme von Carsten Thomas (Grüne) nicht davon abhielt, die Reden zu schreiben. Sie werden jetzt ans Protokoll zum Nachlesen angehängt. In der Sitzung wurde die Linie aus dem Haupt- und Finanzausschuss fortgeführt, und die lautete: Einigkeit. Alle Fraktionen stimmten für den 29,5-Millionen-Haushalt von Kämmerer Hubertus Fricke.

Zukunft Extertal

Lob für &bdquo;konstruktive und sachorientierte“ Zusammenarbeit gab es denn auch von Ralf Klemme von Zukunft Extertal, der Gruppe, der auch der Bürgermeister angehört. Kritisch beschäftigte er sich mit dem Thema Fördermittel: Die vielen Programme von Bund und Land seien nicht geeignet, die eigentliche kommunale Finanzmisere zu bekämpfen. Notwendig sei, die Finanzautonomie der Gemeinde zu stärken. Mit anderen Worten: Die Gemeinde muss mit ausreichend Geld ausgestattet werden und darüber selbst entscheiden können.

CDU

Optimismus versprüht auch CDU-Fraktionschef Ulrich Hilker. &bdquo;Mit neuen Mehrheiten lassen sich auch neue Wege beschreiten“, stellt er fest und spielt damit auf den gemeinsamen Haushaltsantrag mit Zukunft Extertal und der FDP an. Überdies müsse überall die Digitalisierung konsequent vorangetrieben werden.

FDP

Fraktionsvorsitzender Christian Sauter hätte seine Haushaltsrede gerne gehalten – schließlich sei die Haushaltsverabschiedung die &bdquo;Stunde des Rates“. Er geht auf die neue Obergrenze der Kassenkredite (also des &bdquo;Dispos“ der Gemeindekasse) von 14,5 Millionen Euro ein. Das ist ein Kompromiss, auf den sich die Fraktionen und die Verwaltung verständigt hatten. FDP, Zukunft Extertal und CDU wollten 13 Millionen, die Verwaltung 16. Mit dem Kompromiss &bdquo;können wir Liberale leben“, so Sauter. Mit der Begrenzung werde signalisiert, &bdquo;dass die weitere Verschuldungsspirale im Haushalt zu begrenzen ist“. Er wirft einen Blick nach Kalletal: Die Nachbargemeinde stehe beim Eigenkapital besser da und habe eine niedrigere Obergrenze für Kassenkredite. Außerdem mahnt Sauter an, dass Kennzahlen entwickelt werden, um &bdquo;strategische Haushaltsberatungen“ zu ermöglichen. Überdies will die FDP, dass die Gebühren der Musikschule auf Dauer so weit erhöht werden, dass die Einrichtung kostendeckend arbeitet.

SPD

Die SPD signalisiert ebenfalls Offenheit gegenüber den anderen fünf Fraktionen. Man erhoffe sich eine ehrliche und vorausschauende Zusammenarbeit, betont Fraktionschef Bernhard Brandt. Er lobt, dass die Gemeinde viel Geld in die Schulsanierung, Straßen, Wege sowie in den Wasser- und Abwasserbereich stecken will. Auch der &bdquo;von uns beantragte Kunstrasenplatz“ am Hackemackweg könne nun dank einer halben Million Euro Zuschuss kommen. Unterm Strich sei erfreulich, dass die aktuelle Krise Extertal bislang weniger stark getroffen habe und dass noch &bdquo;Luft zum Atmen“ bleibt.

UWE

Sehr zufrieden mit dem Etat zeigt sich Manfred Stoller, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählergemeinschaft Extertal (UWE). &bdquo;Der Haushalt 2021 entspricht absolut unseren Vorstellungen.“ Stoller hebt hervor, dass es erneut keine Steuer- und keine Gebührenerhöhung gibt: &bdquo;Stabilität seit vielen Jahren.“ Positiv vermerkt er ebenso, dass fast zwei Millionen Euro in die Schulsanierung fließen und mit den Investitionen generell der Sanierungsstau weiter abgearbeitet werde. &bdquo;Es bewegt sich was in Extertal.“

Kämmerer erwartet ein Plus von 580.000 Euro

Laut Haushaltsplan geht die Gemeinde davon aus, im laufenden Jahr ein Plus von 581.000 Euro zu machen – obwohl der Kämmerer mit geringeren Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von etwa 1,8 Millionen Euro rechnet. Dank der neuen Corona-Bilanzierungsmöglichkeiten kann die Gemeinde knapp 2,1 Millionen Euro auf der Haben-Seite verbuchen. Dabei handelt es sich um Mindereinnahmen etwa bei der Gewerbesteuer, die auf die Corona-Krise zurückzuführen sind. Diese Summe wird dann über Jahrzehnte abgeschrieben. Damit ist der Haushalt zwar formell ausgeglichen, tatsächlich bleibt aber ein Defizit. &bdquo;In anderen Zeiten hätten wir ein Minus von eineinhalb Millionen Euro“, sagte Kämmerer Hubertus Fricke im Gespräch.

Am meisten soll in die Schulen investiert werden: Für die energetische Sanierung der Gebäude und die digitale Ausstattung stehen knapp 2,2 Millionen Euro im Etat. Weitere Posten sind der Straßenbau samt Erneuerung der Buswartehäuschen und Breitbandversorgung sowie Investitionen ins Wasserwerk und in den Abwasserbetrieb. Am Ende des Jahres soll das Eigenkapital der Gemeinde auf etwa neun Millionen Euro gestiegen sein – seit einigen Jahren wächst es wieder. Fricke rechnet wegen Corona aber mit einer Krise, die die Gemeinde auf Jahre belastet.

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