Extertal. Wer wird neuer Bürgermeister von Extertal? Christian Sauter von der FDP oder Ralf Klemme von Zukunft Extertal? Bei der Bürgermeister-Stichwahl am kommenden Sonntag, 28. September, wird es sich entscheiden. LZ-Redakteurin Lorraine Brinkmann hat den beiden Kandidaten vorab beim Gespräch im Foyer des Verlagshauses in Detmold auf den Zahn gefühlt. Es ging vor allem um die Themen Finanzen, Transparenz für die Bürger und den Umgang mit der AfD. Am Ende durften sich die Kontrahenten gegenseitig Fragen stellen. Dabei ging es auch um ein bestimmtes Video. Was ist mit der Grundsteuer? Der Rat hat im Dezember mehrheitlich beschlossen, eine differenzierte Grundsteuer B für bebaute und unbebaute Grundstücke ab diesem Jahr einzuführen. „War das die richtige Entscheidung?“, wollte Brinkmann wissen. Sauter betonte, dass sich die FDP immer gegen eine Differenzierung ausgesprochen hatte: „Wir hätten die Sätze gerne erst einmal ein Jahr so belassen, um die tatsächlichen Auswirkungen der Grundsteuerreform für Extertal abzuwarten, und so eine fundierte Datengrundlage zu haben.“ Klemme hält die Unterscheidung dagegen weiter für den richtigen Weg. Es habe „in der Summe keine großartige Höherbelastung“ der Bürger gegeben. Mehr Transparenz bei den Ausgaben? LZ-Redakteurin Brinkmann erinnerte an die Kostenexplosionen bei den Projekten Mittelstraße 32 und dem Feuerwehrgerätehaus Almena/Laßbruch. „Es ist wichtig, dass wir frühzeitig kommunizieren. Alle Informationen müssen zukünftig auf den Tisch, sodass die Politik entscheiden kann“, betonte Klemme. Dazu habe der Rat den Beschluss gefasst, bei Großprojekten künftig die Vollkosten zu betrachten. Denn in der Vergangenheit sei es wegen wiederholter Nachfinanzierungen nicht gut gelaufen. Sauter sieht bei dem Thema klaren Handlungsbedarf. Das habe die abgelaufene Wahlperiode gezeigt. „Ich setze mich daher für eine klare Kostenkontrolle bei diesen Projekten ein“, so der FDP-Politiker. Im Zweifel müsste vorab ein kleiner Puffer eingebaut werden. Pläne sollten sehr genau sein. Das alles trage zur Transparenz bei. Klemme setzt zudem auf die Qualifikation der Menschen im Bauamt. „Die machen alle einen guten Job, aber ihnen fehlt teilweise die Erfahrung, solche großen Projekte zu managen. Da sollten wir unterstützen.“ Dem widersprach Sauter: „Ich glaube, dass es nicht an den Mitarbeitern im Bauamt lag, sondern an klaren und strukturierten Vorgaben, die auch aus der Politik kommen.“ Er schlug hingegen vor, bei großen Projekten auch mal externen Sachverstand einzuholen. Damit konnte sich auch Klemme anfreunden. Bürger mehr einbeziehen? „Das Thema Kommunikation ist ein ganz wichtiges“, sagte Klemme. „Wir müssen lernen, frühzeitig zu informieren und alle mitzunehmen, um Missverständnisse zu vermeiden.“ Auch Sauter meint, dass es immer wichtiger werde, die Bürger auch in finanzielle Entscheidungen einzubeziehen, weil die finanziellen Rahmenbedingungen nicht einfacher würden. Es sollte umfangreicher informiert werden, nicht nur über öffentliche Sitzungen im Rathaus. Wie mit dem Kreis zusammenarbeiten? Kreis- und Jugendamtsumlage haben einen großen Einfluss auf den Haushalt der Gemeinde. Wie stellen sich die Kandidaten die Zusammenarbeit mit dem Kreis vor? Klemme sagte, er sei stolz darauf, dass die drei nordlippischen Bürgermeister aus Barntrup, Extertal und Dörentrup damals aufgestanden sind und die Umlagen zum Thema gemacht haben. „Ich denke, sie haben dort etwas im Bewusstsein geändert.“ Aber jetzt seien neue Spieler auf dem Feld. „Ich erwarte, dass wir konstruktiv über diese Themen sprechen können. Eine höhere Belastung darf nicht für Extertal kommen.“ Sauter würde sich wünschen, dass die Bürgermeisterkonferenz dafür genutzt wird, sachorientiert auf die Probleme der Kommunen einzugehen. „Ich würde auch stärker darauf drängen, dass die Kommunen zum Kreistagshaushalt ihre Stellungnahmen abgeben.“ Wo gibt es Sparpotenzial? Sauter setzt sich dafür ein, bei der Organisation der Pflichtaufgaben effizienter zu werden. Dabei blickt er auf die Verwaltungsstruktur und die Abläufe. Für Klemme sei wichtig, die Kooperation der nordlippischen Kommunen weiter voranzubringen. „Wir haben die demografische Entwicklung zu betrachten. Dabei gilt es zu überlegen, wie man sich intelligent miteinander vernetzen kann, um Know-how zu bündeln, aufzubauen und Kosten zu sparen.“ Möglicherweise sei das mit Personalabbau verbunden. Einsparungen beim Ehrenamt können sich beide hingegen nicht vorstellen. Denn es mache auch nur einen relativ kleinen Anteil im Gemeindehaushalt aus und trage zur Attraktivität der Gemeinde bei. Wie mit Fördermitteln umgehen? Sauter glaubt: „Fördergeld wird auch in den nächsten fünf Jahren ein prägendes Instrument sein, um als kleine Gemeinde Extertal Projekte voranzubringen.“ Es bleibe also Aufgabe, externe Mittel für Maßnahmen in die Infrastruktur - auch die, die von Vereinen genutzt wird - zu generieren. Das setze ein überörtliches Vernetzen voraus. Fördermittel müssten aber gezielt eingesetzt werden, damit der Eigenanteil der Gemeinde klein bleibe. In diesem Punkt stimmte Klemme Sauter zu. Der Zukunft-Extertal-Politiker meinte außerdem: „Wenn wir die letzten fünf Jahre Revue passieren lassen, haben wir bei den Fördermitteln einen guten Job gemacht.“ Er erinnerte beispielsweise an die Digitalisierung der Schulen und den Kunstrasenplatz. Klemme will auch in Sachen Förderung für mehr Transparenz sorgen, denn häufig seien die Gelder an Regeln gebunden, an die sich die Gemeinde halten müsse. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Lippische Landes-Zeitung (@lz.de) Welche Projekte voranbringen? Klemme möchte die Ortskernentwicklung in Bösingfeld voranbringen, attraktiven Wohnraum für Jung und Alt schaffen und die Infrastruktur erhalten. Sauter möchte in die Schulen und die Feuerwehr investieren sowie ebenfalls die Infrastruktur (auch in den Ortsteilen) erhalten. Beim letzten Punkt setzt er auf eine Prioritätenliste nach Zustand und nicht nach Gebiet. „Die Gemeinde allein kann aber nicht für Wohnraum sorgen, nur die Grundlage schaffen. Investitionen müssen aus privater Hand kommen.“ Wie mit der AfD umgehen? Die AfD ist künftig mit drei Sitzen im Rat vertreten. Klemme sagte: „Ich arbeite mit rechten Parteien in der Form nicht zusammen.“ Er sieht gute Möglichkeiten, mit CDU, Grünen und Zukunft Extertal als stärkste Fraktion Mehrheiten bilden zu können. Wichtig sei es, in den kommenden fünf Jahren eine klare Politik zu machen, sodass sich die Bürger aufgehoben fühlen und sich wieder den demokratischen Parteien und Wählergruppen zuwenden. Sauter wünscht sich „Mehrheiten aus der Mitte des Rates heraus“ und sieht den Bürgermeister als Moderator dessen. Drei Fragen für den Gegner Dann kam es zu den eigenen Fragen. Sauter wollte von Klemme wissen, wie seine Perspektive über die nächsten fünf Jahre hinaus ist. Klemme möchte die Strategie 2030 weiter in die Zukunft ausrichten, um zu sehen, wohin sich die Gemeinde entwickeln muss, damit sie erfolgreich sein kann. Ganz nach dem Motto: „Was müssen wir heute tun, damit wir unsere Ziele in der Zukunft erreichen können?“ Die nächste Frage bezog sich auf die Schwerpunkte bei der Infrastruktur. Klemme sagte mit Blick auf eine Prioritätenliste wie in Bösingfeld: „Da anfangen, wo es am notwendigsten ist.“ Mit einer Maßnahmenliste wüssten die Bürger auch, was wann auf sie zukäme. Laut Sauter steigt die Verschuldung der Gemeinde Extertal. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für Klemme? Er ging darauf ein, dass nicht nur die Schulden gestiegen seien, sondern auch der Bilanzwert. „Wir sollten sorgfältig darüber nachdenken, in was, wo und wie wir investieren - immer vorausgesetzt, die Einnahmensituation durch die Gewerbesteuern bleibt so, wie sie ist.“ Sobald sich die Situation bessere, sollte der Schuldenabbau vorangetrieben werden. Klemme wollte von Sauter wissen, welche Fördermittel er nach Extertal geholt habe. Dieser nannte als Beispiel die Förderung über sieben Millionen für die Monocabs an der Technischen Hochschule OWL und für die Forschung an postfossiler Mobilität. Auch Klemme fragte nach der Handlungsfähigkeit des Rates. Sauter wiederholte, dass er den Bürgermeister als Moderator der Mehrheitsprozesse sehe: „Schon in den vergangenen fünf Jahren hat man über Fraktionsgrenzen hinaus, auch über Initiativen, Mehrheiten gebildet.“ Zuletzt wollte Klemme wissen, wie sich Sauter die Zusammenarbeit mit der Verwaltung vorstellt, vor dem Hintergrund, dass die FDP die Verwaltungsspitze wegen eines Videos von Zukunft Extertal, das Wählerbeeinflussung vonseiten der Verwaltung vermuten lassen könnte, bei der Kommunalaufsicht angezeigt hat. Sauter stellte klar, dass die Initiative dazu von mehreren Fraktionen ausging und um Prüfung bei der Kommunalaufsicht gebeten wurde. Es gehe um die Neutralität der Verwaltung als Gänze. Sauter meinte: „Ich glaube, es ist legitim, diese Frage zu stellen, wenn man in schwierigen Auseinandersetzungen wie einem Wahlkampf ist.“ Am Ende gehe es um die Legitimation eines Wahlergebnisses. Sauter sieht die Zusammenarbeit mit der Verwaltung auf professioneller Ebene. Er habe da keine Bedenken und halte es für ein konstruiertes Problem.