10 Jahre Sekundarschule Nordlippe: "Im Team lernt man am besten"

Extertal-Bösingfeld. "Dass so viele Menschen in eine Schule kommen, die es eigentlich noch gar nicht gibt, macht mich unheimlich glücklich", zitierte die LZ im Jahr 2012 Schulleiter Peter Wehrmann, der gemeinsam mit der Gemeinde zum Tag der offenen Tür für die neue Sekundarschule in das Schulzentrum Bösingfeld geladen hatte. Und die Erwartungen wurden erfüllt: In den ersten zwei Jahren nach ihrer Gründung startete die neue Schule mit je fünf Eingangsklassen. Danach allerdings nahmen die Anmeldezahlen ab. Zeitweise konnte nur noch dreizügig gestartet werden. Zum zehnjährigen Bestehen wirft Peter Wehrmann einen Blick zurück. Wie haben sich die Anmeldezahlen entwickelt? Wie läuft die Sanierung des Gebäudes und was macht das Konzept der Schule so besonders?

Herr Wehrmann , was unterscheidet die Sekundarschule von anderen Schulformen?

Peter Wehrmann: Das lässt sich eigentlich ganz einfach sagen: Wir sind eine Schule für alle Schülerinnen und Schüler. Für alle, die eine Empfehlung für das Gymnasium, die Gesamt- Real, Haupt- oder auch für eine Förderschule haben. Unterschiedliche Begabungen und Lebensläufe werden bei uns als Bereicherung wahrgenommen. Wir versuchen alle Schülerinnen und Schüler, entsprechend ihrer Voraussetzungen zu fördern, sie auf ihrem individuellen Weg zum Abschluss zu begleiten und zu ermutigen, eigenständig zu lernen.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Wir haben zum Beispiel eine bessere Schüler-Lehrer-Relation als andere Schulen. Jede Klasse hat zwei Klassenlehrer. So lassen sich die Differenzen zwischen Schülerinnen und Schülern besser auffangen, Lernstoff kann besser aufgearbeitet und auf den Einzelnen besser eingegangen werden. Wir sind davon überzeugt, dass ein gutes Lernen nur im Team funktioniert, und mit mehr Lehrkräften bleibt natürlich auch mehr Zeit für die soziale Komponente. Auch die Schülerinnen und Schüler sind angehalten, sich gegenseitig zu unterstützen.

Gibt es bei Ihnen keinen Lehrermangel?

Nein, tatsächlich nicht. Wir haben ein sehr junges Kollegium und auch Kolleginnen und Kollegen, die in Elternzeit gehen, können wir schnell ersetzen.

Geht das Konzept denn auf? Zeitweise sind die Anmeldezahlen ja gesunken.

Das stimmt. Aber seit langer Zeit konnten wir in diesem Schuljahr wieder vierzügig starten. Momentan besuchen rund 450 Schülerinnen und Schüler die Sekundarschule, betreut von rund 60 Lehrkräften. In diesem Jahr hat eine große Anzahl die Grundschulen verlassen, aber wir hoffen, dass die Zahlen stabil bleiben und nicht alle in den Nachbarkommunen zur Schule gehen wollen.

Aus Lage hieß es einmal: "Der Sekundarschule fehlt die Akzeptanz". Wie empfinden Sie das in Extertal?

So wie ich es mitbekomme, spricht man sehr wohlwollend über uns. Zumindest beobachte ich diese Tendenz. Es war sicher ein langer Weg, aber wir haben auch viel dafür getan, als Schulform anerkannt zu werden, haben zum Beispiel Stände auf Dorffesten organisiert. Man muss sich eben auch zeigen. Und wir haben hier vor Ort gute Möglichkeiten: ein Freibad, einen Kunstrasenplatz, ein Schwimmbad, und wir können in Kooperation auch die Tennisanlagen nutzen. Dass unser Konzept aufgeht, zeigen zum Beispiel auch die Lernstanderhebungen, bei denen Sekundarschulen in NRW gut abschneiden. All das wird von Eltern inzwischen auch mehr wahrgenommen.

Lange gab es Kritik am Zustand des Gebäudes. Wie ist da der Sachstand?

Den Renovierungsstau haben wir hinter uns. Haus 1 hat bereits eine energetische Sanierung bekommen, die Toilettenanlage wurde neu gemacht. Als nächstes soll Haus 2 folgen. Es geht voran. Die Zusammenarbeit mit dem Rathaus klappt sehr gut.

Und beim Thema Digitalisierung?

Was in dem Bereich passiert, ist legendär. Wir haben in jedem Klassenraum digitale Tafeln, die über Glasfaser mit dem Internet verbunden sind. Ab diesem Schuljahr bekommt jeder siebte Jahrgang Notebooks, die bis zur Klasse 10 genutzt werden. Außerdem haben wir zwei Computerräume, die zum Beispiel für das Schreiben von Bewerbungen genutzt werden. Das ist eigentlich die größte Veränderung, die in den vergangenen zehn Jahren stattgefunden hat. Denkt man doch zum Beispiel mal an die großen Fernsehwagen, die früher genutzt wurden. Die Digitalisierung macht das Lernen abwechslungsreicher und interessanter.

Eltern, die überlegen, welche Schulform die richtige für ihr Kind ist - was würden Sie denen raten, warum es die Sekundarschule sein könnte?

Das Gymnasium in Barntrup ist sicher eine gute Schule, die auch viele wählen. Bei uns können Schülerinnen und Schüler aber freier lernen. Als gebundene Ganztagsschule hat unser Kollegium mehr Zeit für den Einzelnen, die Klassenlehrer kümmern sich um alle Belange. Erfolg funktioniert über Beziehungen, und die haben wir hier. Es gibt Whatsapp-Gruppen, in denen sich ausgetauscht wird. Man kennt sich, was von großem Vorteil ist. Viele Eltern denken, ihre Kinder leiden darunter, dass so viele unterschiedliche Charaktere in den Klassen zusammenkommen, aber das Gegenteil ist der Fall. Wir bilden die Gesellschaft ab, die Kinder und Jugendlichen unterstützen sich gegenseitig in ihren Schwächen und auf dem Weg zu einem guten Abschluss.

Persönlich

Peter Wehrmann ist 57 Jahre alt und seit dem Start der Sekundarschule Nordlippe zum Schuljahr 2012/13 ihr Leiter. Er ist in Extertal geboren, hat in Marburg studiert und war zuvor Direktor einer Hauptschule. Nachdem er einige Zeit im Ruhrgebiet lebte, ist er 2010 nach Lippe zurückgekehrt. Wehrmann ist verheiratet und lebt mit Ehefrau und Hund ebenfalls in Extertal.

10 Jahre Sekundarschule Nordlippe: "Im Team lernt man am besten"

Leiterin der Sekundarschule Blomberg spricht von eklatanten Fehlern im Schulsystem

Das umstrittene Dalton-Konzept des Gymnasiums Lage wird deutlich verändert

Keine Zukunftsangst: Schulleiterin sieht Lagenser Gymnasium auf gutem Weg

„Wir sind voll“: Bielefelder Gesamtschule wehrt sich gegen zusätzliche Klassen

Bielefelder Schulleiter fordert: „Es muss dringend etwas passieren in der Schullandschaft“

Neues NRW-Schulgesetz schürt Sorge um Zukunft der Haupt- und Realschulen

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €