Darum rollen 35 Kilo Krustenbraten im Zug durchs Extertal

Extertal-Bösingfeld. 17 Uhr. Ein Pfiff ertönt. Langsam setzt sich der Museumszug in Bewegung. An Bord sind 35 Kilo Krustenbraten, Dutzende Getränkekisten, zehn Mitarbeiter für Service und Zugbetrieb - und 120 Fahrgäste. Der Schlemmerexpress ist auf dem Weg von Bösingfeld nach Barntrup.

So wird es zugehen am Samstag, 16. März, wenn die Landeseisenbahn zur kulinarischen Fahrt einlädt. Gezogen von der E-Lok aus dem Jahr 1927, geht es dann im gemütlichen Tempo durchs Extertal. Die Fahrgäste können im historischen Mitropa-Speisewagen (Baujahr: 1935) oder in Abteilwagen mit Tischen speisen. Doch bevor sich der Schlemmerexpress in Bewegung setzt, gibt es für Jan-Philipp Tönebön, Raphael Kahlert und die anderen Ehrenamtler von der Landeseisenbahn Lippe (LEL) viel zu tun.

&bdquo;Wir stellen die Heizung und die Beleuchtung an, bereiten die Servicewagen vor und packen die Getränke in die Kühlschränke“, berichtet Tönebön von den Vorbereitungen, die weit vor der Abfahrt beginnen. Der 27-Jährige ist im Verein für den Bereich Service, Fahrten- und Eventplanung zuständig. Zur Vorbereitung gehört ebenso, die Servicekräfte zusammenzutrommeln, die die hungrigen Passagiere bedienen.

Zwei Servicewagen für Getränke mit jeweils zwei Personen, ein Schaffner, zwei Kräfte an der Essensausgabe, ein bis zwei Helfer in der Küche und an der Theke - und er selbst als Organisator, zählt Tönebön auf. Bislang hätten sich zum Glück immer genug fleißige Hände gefunden. Doch auch im Ehrenamt werde das schwieriger.

Erster Halt in Alverdissen Im Angebot ist am 16. März der erwähnte Krustenbraten mit Sauerkraut und einem Dessert. Der Vorschlag kam von Jan-Philipp Tönebön (&bdquo;Krustenbraten - das passt im März“) und wurde vom Vereinsvorstand für gut befunden. Angeliefert werden die Speisen fix und fertig beim ersten Halt des Zuges in Alverdissen - inklusive Geschirr. Tönebön kennt sich aus, schließlich kommen die Speisen - fertig gekocht - aus der Fleischerei seines Vaters, in der auch der studierte Lebensmitteltechnologe tätig ist. &bdquo;Das Fleisch kommt aus der Region, darauf legen wir Wert.“

Die Fahrgäste, die jeweils 42 Euro für Fahrt und Bewirtung inklusive Getränk bezahlt haben, können sich am Buffet bedienen. Das wird im Gesellschaftswagen aufgebaut. Verzehrt wird der Krustenbraten dann unter anderem im Speisewagen, dem man im Inneren sein Alter von fast 90 Jahren so gar nicht ansieht.

Kein Wunder, wurde der rot lackierte Waggon mit dem Mitropa-Schriftzug doch von den Landeseisenbahnern komplett restauriert, bevor er ab 2003 wieder rollte. Zuvor diente der ganze Waggon als Behausung einer riesigen Modellbahnanlage in Olpe, berichtet Tönebön.

Weichen werden von Hand gestellt Damit der Zug mit der historischen E-Lok fährt, braucht es freilich auch einen Lokführer (im Bahndeutsch Triebfahrzeugführer), einen Zugchef und einen Rangierer. Das ist das Team von Raphael Kahlert, der für die Technik zuständig ist. Der Rangierer hat einen wichtigen Job: Er stellt die Weichen von Hand, sichert die Bahnübergänge, kuppelt den Zug zusammen. Die roten Lichter für den Straßenverkehr am Bahnübergang in Bösingfeld werden per Knopfdruck eingeschaltet. Sie blinken, wenn der Zug die Straße quert.

Mit speisenden Fahrgästen bummelt der Zug weiter nach Barntrup, wo die Lok umgesetzt wird, bevor es zurückgeht. Mitunter haben die Fahrgäste übrigens auch Brautkleid und Hochzeitsanzug an, denn der Museumszug ist offizielle Außenstelle des Standesamts Nordlippe. Während der Fahrt darf also geheiratet werden. Tönebön wirbt, dass der Museumszug für Sonderfahrten aller Art zur Verfügung steht: vom Betriebsausflug bis zur Reise für Kindergärten.

Das sind Einnahmequellen für den Verein, genauso wie die Gastro-Fahrten, auch wenn der junge Barntruper betont: &bdquo;Damit werden wir nicht reich.“ Da ist es wichtig, dass die Züge gut gefüllt sind. Das wird beim Schlemmerexpress der Fall sein - er ist bereits ausverkauft. Karten gibt es aber noch für den Osterhasen-Express mit sechs Fahrten am Ostersonntag und Ostermontag, 31. März und 1. April.

Vor gut zehn Jahren war das anders, die Nachfrage lahmte. Dann machte die Landeseisenbahn den Versuch mit der ersten Grünkohlfahrt. &bdquo;Und das hat eingeschlagen. Seitdem fokussieren wir uns auf Gastro-Fahrten.“ Das Interesse sei da, nehme seit eineinhalb Jahren sogar zu. &bdquo;Es freut uns, dass es zu schmecken scheint.“

So soll es auch am 16. März sein. Wenn der Zug nach dreieinhalb Stunden wieder in Bösingfeld angekommen ist, steht für das Team noch an, die Wagen zu putzen und auf Vordermann zu bringen. Schließlich soll sich der Zug schon bald wieder in Bewegung setzen.

Landeseisenbahn sucht Unterstützer Die 42 Euro für die Fahrt mit dem Schlemmerexpress inklusive Speisen und einem Getränk sind fair kalkuliert, sagt Jan-Philipp Tönebön. Überschüsse würden in den Fahrzeugpark gesteckt und für Werkstattaufenthalte, neue Polster oder weitere Restaurierungen benötigt. Größeres lasse sich nur mit Spenden realisieren. Die gestiegenen Strompreise machen sich auch bei den Museumsbahnern bemerkbar - schließlich fahren sie umweltfreundlich mit Strom.

Während es die Landeseisenbahn als Verein finanziell selbst stemmt, den Wagenpark instand zu halten, seien Reparaturen an der Schieneninfrastruktur nur mit Fördermitteln möglich. Dass es die gibt, &bdquo;dafür sind wir dankbar“, sagt Tönebön. Er erinnert an die Reparatur der Schwellen 2023. &bdquo;Hätte es diese Arbeiten nicht gegeben, würde heute kein Zug mehr fahren.“

Aktuell sucht die Landeseisenbahn nach Fördermitteln und Unterstützern, um die Stromzufuhr zur Oberleitung sicherzustellen. &bdquo;Unser historisches Umspannwerk aus den 1960er Jahren läuft noch gerade so. Das System ist aber nicht mehr instandsetzbar“, sagt Tönebön. Es gebe keine Ersatzteile mehr und niemanden, der sich mit der Technik auskenne. Deshalb soll eine moderne Variante neben das bestehende Umspannwerk gesetzt werden – die historische Technik bleibt bestehen.

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