Extertal. Für die meisten Menschen ist es selbstverständlich, etwas zu Essen zu Hause zu haben, oder mal eben einzukaufen. Für die mehr als 50 Extertaler, die an diesem Mittwochnachmittag vor dem Haus in der Mittelstraße 44 stehen, nicht. Sie alle warten auf ihre Lebensmittelspende von der Tafel. Bald schon, im Januar, muss das Angebot umziehen. Noch rechtzeitig wurde eine neue Bleibe gefunden, in der die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer jedoch deutlich weniger Platz haben werden - bei steigender Nachfrage. Annelie Begemann ist von Anfang an dabei, seit 2008 die Ausgabestelle Extertal der Tafel Ostlippe entstanden ist - damals noch in der Schulstraße. „Ich war gerade in den Ruhestand gegangen“, erzählt die engagierte Frau, während sie die frischen Kräuter begutachtet. Schlechte müssen aussortiert werden. Diese können sie den Bedürftigen nicht mehr anbieten. Von 180 auf 100 Quadratmeter Seit 2013 befindet sich die Ausgabestelle nun in der Mittelstraße. Hier gibt es viel Platz: Auf 180 Quadratmetern haben die Helfer verschiedene Bereiche aufgebaut. Wer durch die Tür kommt, wird zunächst von Irmgard Uhlenbrok an einem kleinen Tisch empfangen. Sie kümmert sich um den Bürokram, führt Excel-Listen über die Kunden und ihre Bedarfe, kümmert sich um die Kasse. Hier melden sich alle an und bezahlen ihre symbolischen 1,50 Euro. Es folgen im Uhrzeigersinn Tische mit schwarzen Styroporboxen darauf, in denen sich Gekühltes wie Wurst, Käse, Joghurt, Milch und Eier befindet. Im hinteren Teil ist eine lange Theke mit Obst- und Gemüse in blauen Kisten aufgebaut. Links gibt es frisches und abgepacktes Brot sowie Brötchen. Und im vorderen Bereich warten Sachspenden wie Kleidung oder Spielzeug auf einen Abnehmer. „Eine Dame strickt immer Socken für uns“, weiß Angelika Schäfer. Außerdem stehen mehrere Kühlschränke und Kühltruhen für die Lagerung bereit. „Wir kommen aber auch mit 100 Quadratmetern zurecht“, sagt Schäfer über die neuen Räume in der Nordstraße. Dort sei vorher ein Elektrofachgeschäft drin gewesen. Der Vermieter sei so nett und werde für die Tafel, die einen unbefristeten Mietvertrag bekommt, noch Regale an die Wände bauen, sagt Uhlenbrok, die vor sieben Jahren zur Tafel kam. Letzte Ausgabe am 14. Januar Am 14. Januar soll die letzte Ausgabe in der Mittelstraße stattfinden, dann erfolgt der Umzug eine Straße weiter, sodass am 21. Januar an neuer Stelle weitergemacht werden kann. „So ist zumindest der Plan“, sagt Schäfer. Die Gemeinde wolle beim Verladen unterstützen. Es gibt aber noch etwas Luft, denn die Tafel muss erst zum 31. Januar raus. Doch warum eigentlich? „Der Vermieter hat die Miete erhöht. Die können wir uns nicht mehr leisten“, erklärt Schäfer. Denn der Verein finanziere sich ausschließlich aus Spenden. Spenden, das tun auch die Supermärkte und Discounter. Ab 8 Uhr morgens klappern die Helfer die Lebensmittelhändler und Bäckereien ab. Weil unter den 25 aktiven Ehrenamtlichen im Alter von 60 bis 88 Jahren momentan kaum Fahrer seien, kümmere sich Schäfer auch noch darum. „Wir suchen wirklich dringend Helfer, die auch mit anpacken können. Die Kisten sind schon schwer“, sagt die Extertalerin. Wurst, Käse, Milch & Co. wird von den Helfern aus Barntrup angeliefert, weil die Ausgabestelle Extertal keinen Kühlwagen hat. Auch am Samstag, Montag und Dienstag gibt es Touren. Manches ist schon nicht mehr gut Alle Waren müssen anschließend sortiert und verräumt werden. „Viele Waren sind kurz vorm Ablaufdatum oder ein paar Tage darüber. Da müssen wir schon drauf achten, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht zu weit überschritten ist“, sagt Schäfer. Und Begemann ergänzt: „Wenn wir am Samstag Gemüse bekommen, zum Beispiel Pilze, sind die am Mittwoch zur Ausgabe manchmal schon nicht mehr gut.“ So fällt immer eine Menge Müll an, auch durch die vielen Verpackungen. Neben den Lebensmitteln für den täglichen Bedarf gibt es manchmal auch Haushaltswaren, die als Großspenden bei den Tafeln ankommen. Und kurz vor Weihnachten gab es Weihnachtstüten mit Kaffee, Tee und Süßigkeiten, die Schäfer für die mehr als 100 Bedürftigen gepackt hat. Viele Single-Haushalte dabei Fast die Hälfte der Kunden lebt allein, es gibt Zwei-Personen-Haushalte, aber auch Familien mit bis zu neun Kindern, weiß Uhlenbrok. Alle Altersgruppen und verschiedene Nationalitäten sind vertreten. Das zeigt sich bei der Ausgabe, zu der auch viele Kinder zum Tragen helfen mitkommen. „Manche kommen seit Jahren. Man kennt sich vom Sehen“, sagt Schäfer. Mit dem Krieg in der Ukraine Anfang 2022 und der anschließenden Flucht vieler Ukrainer unter anderem nach Deutschland sei die Zahl der Bedürftigen deutlich von circa 70 auf 100 gestiegen. „Damals mussten wir die Gruppe teilen, damit nicht so viele auf einmal zu uns kommen“, erinnert sich Uhlenbrok. Ukrainer kämen heute weniger, dennoch sei die Gruppengröße nicht zurückgegangen. „Wir haben deutlich mehr Zulauf - jede Woche kommt eigentlich jemand Neues“, sagt die Helferin. Immer nach der Reihe Damit es kein Chaos gibt, bekommt jeder eine Nummer nach der Anmeldung. Nur fünf bis sechs Personen werden gleichzeitig in die Ausgabestelle gelassen. Die anderen müssen draußen warten, bis sie dran sind. Kunden, die krank oder nicht so gut zu Fuß sind, dürfen als Erstes rein. Sie zeigen an jeder Station eine Karte, auf der drauf steht, wie viele Personen im Haushalt leben. Je nachdem geben die Helfer mehr oder weniger Lebensmittel raus. Mindestens fünf Ehrenamtliche braucht es pro Ausgabe. „Das macht auch irgendwo Spaß“, sagt Schäfer, die wie viele mit Beginn ihrer Rente zur Tafel fand. So wie Elke Frohwein, die erst seit September dabei ist: „Ich wollte etwas Sinnvolles machen, um anderen etwas zurückzugeben.“ Außerdem arbeite sie gerne mit Menschen zusammen. Die Tafel-Ausgabestelle Extertal würde sich über weitere Helfer freuen. Weitere Informationen und Kontaktdaten im Internet auf tafel-ostlippe.de