Ausgleichsflächen für Industriepark Lippe: Gras ist zu hoch für Mäusebussard und Schleiereule

Horn-Bad Meinberg. Bei der Neuaufstellung des Bebauungsplans für den gesamten Industriepark Lippe, inklusive der Erweiterungsfläche auf der derzeit Amazon sein Logistikzentrum baut, sind zahlreiche Ausgleichsmaßnahmen für den Artenschutz vorgesehen worden. Diese sollen als so genannte "produktionsintegrierte Maßnahmen", also bei landwirtschaftlicher Bewirtschaftung, umgesetzt werden. Anfang August ist das zum ersten Mal seit Inkrafttreten des neuen Bebauungsplans kontrolliert worden. Das beauftragte Landschaftsarchitekturbüro war bei seinen Stichproben in einem Fall nicht zufrieden.

Neun Flurstücke hat das Büro Höke kontrolliert, das entspreche etwa 25 Prozent der gesamten Ausgleichsfläche, schreiben die Prüfer. Gleichwohl werde noch nicht die gesamte Ausgleichsfläche benötigt, weil der erste Bauabschnitt des Industrieparks (Fläche ohne Amazon) erst zu 30 Prozent bebaut sei. Die Maßnahmen, zu denen sich verschiedene Landwirte gegen finanzielle Entschädigung verpflichtet haben , sind beispielsweise ein doppelter Saatreihenabstand, um durch lichtere und wärmere Bedingungen den Wuchs von Ackerkräutern zu fördern und die Möglichkeiten für Bodenbrüter zu verbessern.

Teilweise falsches Saatgut für Blühstreifen Die Anlage von Blühstreifen gehört ebenfalls dazu. Bei einer Ausgleichsfläche in Wehren bemängelt das Büro Höke, dass das speziell auf die Region angepasste Saatgut mit handelsüblichem Saatgut für Blühstreifen vermischt worden sei. Nun dominierten im Bestand Pflanzen aus dem herkömmlichen Saatgut.

Weil Feldlerche, Rebhuhn und Wachtel als Bodenbrüter Feldflächen ohne Bewuchs benötigen, die ihnen den Einflug ins Getreide erleichtern, sind als Ausgleichsmaßnahme auf einigen Flächen so genannte Lerchenfenster vorgesehen. Das sind quadratische Fehlstellen im Getreidebewuchs, die entweder durch das Abstellen der Saatmaschine oder das nachträgliche Grubbern oder Fräsen der entsprechenden Fläche erreicht werden. Das hat in einigen Fällen offenbar nicht richtig geklappt. Im Lärchenfenster wuchs trotzdem Getreide und zwar auf Flächen in Billerbeck und Wehren - wenn auch weniger.

1,34 Hektar große Fläche nicht wie vorgesehen gemäht Als Totalausfall werten die Prüfer eine 1,34 Hektar große Fläche in Belle. Das Gras darauf hatte eigentlich kurz gehalten werden sollen, um Mäusebussard und Schleiereule eine Nahrungssuche zu ermöglichen. Die Fläche gehört der Stadt. "Die Staffelmahd bzw. die Anlage der Kurzgrasstreifen ist nicht erfolgt", notiert Büro Höke und empfiehlt eine Nachkontrolle. Die fand am 16. August statt und jetzt waren die Prüfer zufrieden. Die späte Mahd mache ökologisch keinen Sinn, falls es um Heugewinnung gehe, sagt Daniel Telaar von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises auf LZ-Nachfrage, aber schon wenn Raubvögel dadurch besser Nahrung finden sollten.

Insgesamt reichten die Maßnahmen auf den Kompensationsflächen schreiben die Prüfer des Büros Höke in ihrem Fazit, falls es sich dabei um die einzige Fläche handele, auf der eine Artenschutzmaßnahme nicht umgesetzt worden sei. Allerdings betont das Landschaftsarchitekturbüro, dass man das nicht mit Sicherheit sagen könne, weil eben nur eine Stichprobe vorgenommen worden sei.

Stadt ist nicht zum Monitoring verpflichtet Aktuell gibt es zwei weitere Flächen im Artenschutz-Pool in Leopoldstal, die ebenfalls nicht wie vorgesehen gemäht worden sind. Sie gehören ebenfalls der Stadt. "Wir werden als Aufsichtsbehörde erst tätig, wenn die Stadt unwillig wäre", erklärt Daniel Telaar. Natürlich müsse man bei solchen Fehlern Abhilfe schaffen, aber dass bei so einem Konzept nachgesteuert werden müsse, sei völlig normal. "Wir sind hier in der Natur unterwegs. Wenn man da alles ganz streng auslegt, ist das gar nicht umsetzbar", sagt Telaar. Konkrete Toleranzen seien aber nicht bezifferbar. "Und die Stadt macht ja schon das Monitoring, um die Umsetzung zu kontrollieren."

Wozu sie gar nicht verpflichtet wäre, wie Katharina Obst vom städtischen Bauamt den Politikern im Stadtentwicklungsausschuss erklärte, in dem die Ergebnisse des Monitorings vorgestellt wurden. "Es gibt halt gewisse Anlaufschwierigkeiten", kommentierte Ausschussvorsitzender Manfred Robrecht. "Und so mancher Landwirt muss wohl auch noch lernen, was doppelter Reihenabstand bedeutet." Wo eigentlich konkreter 15 Zentimeter Saatreihenabstand gefordert seien, weil sich der Standardreihenabstand über die Jahre verändert habe, wie Telaar auf LZ-Nachfrage erklärt. Lena Gerke (Grüne) schlug in der Ausschusssitzung als kostengünstige Alternative zum zu teuren Monitoring aller (!) Flächen durch das Planungsbüro vor, dass jeder Landwirt Handyfotos seiner Ausgleichsmaßnahme schicke.

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