Politiker gehen Projekte mit Argusaugen durch

Horn-Bad Meinberg. Obwohl alle Anträge der Fraktionen zum Haushalt im Kern konstruktiv waren, drehte sich die Diskussion über einige im Kreis. Die Urnenstelen waren da noch vergleichsweise einfaches Geschäft. Die CDU hatte bemängelt, dass die Plätze im Kolumbarium auf dem Friedhof Kreuzenstein langsam ausgingen und beantragt, für das Jahr 2023 30.000 Euro für dessen Erweiterung in den Haushalt einzustellen. Eigentlich sei das erst für 2024 vorgesehen gewesen, erklärte die Verwaltung. "Wir wollen ja keine Leerstände produzieren." Aber gebongt. Der Rat nickte das Geld für 2023 einstimmig ab, schließlich wird es durch die Friedhofsgebühren gegenfinanziert.Eine Einbahnstraßenregelung mit Fahrradschutzstreifen und eine fest angebrachte Tafel, die die gefahrene Geschwindigkeit anzeigt, wünschte sich die CDU in ihrem Antrag zur Schulwegsicherung für den Südholzweg. Außerdem einen Fußweg am Parkplatz des Gymnasiums und einen Kiss+Ride-Streifen. Alle Fraktionen stimmten dafür. Die Verwaltung schätzte die Kosten dafür auf 50.000 Euro und folgte dem Vorschlag der CDU, das Geld dafür aus dem Etat für die Sanierung des Hessenrings zu nehmen. "Dessen Planungsansatz reduziert sich dadurch auf 200.000 Euro", erklärte Fachbereichsleiter Bauen Claus Rafael Müther. Es gebe vielleicht die Möglichkeit, dass Straßen NRW die Straßenbaulast für den Hessenring übernehme. Sanieren müsse man die Straße vor der Übergabe trotzdem, dann gebe es aber einen höheren Fördersatz von mindestens 70 Prozent.

"Umgestaltung", "Neubau" oder "Planung"? Als Deckung für ihren Antrag zum schnellstmöglichen Neubau des Sporthauses am Eggestadion hatte die CDU vorgeschlagen, Mittel aus dem Budget für den Rathausumbau zu nehmen. Dem folgte der Gegenvorschlag der Verwaltung natürlich nicht. Die schlug stattdessen vor, 50.000 Euro für die Planung eines Sporthauses aus dem ohnehin von allen Fraktionen kritisierten Planungsansatz für die Schwimmhalle am Püngelsberg zu nehmen. Dann nahm die Diskussion Fahrt auf und drehte sich immer schneller im Kreis. Es sei gut, für das Sporthaus am Stadion erstmal nur in Richtung Planung zu denken, sagte Ralf Leßmann für die SPD. Schließlich dürfe man den Schulsport nicht benachteiligen. Dafür müsse auch noch Geld für einen Sporthallenbau vorhanden sein. Vielleicht lasse sich ja "Umgestaltung" statt Neubau oder nur Planung in den Beschluss schreiben, versuchte Lena Gerke (Grüne) einen Kompromiss. "Ich sehe noch kein Preisschild. Deshalb ,Planung'", bekräftigte Leßmann. "Aber ,Planung' heißt ja nicht: Wir machen das!", konterte Dr. Alexander Martin (CDU). "Das wäre dann kein klares Signal nach außen."In einer ersten, auf Wunsch der CDU namentlichen (!), Abstimmung wurde der Beschlussvorschlag mit dem Wort "Neugestaltung" und dem Zusatz "mit dem Ziel Baubeginn 2024" mit den Stimmen von SPD und Grünen mehrheitlich abgelehnt. Nicht namentlich beschlossen wurde schließlich mehrheitlich die "Neugestaltung" ohne zeitliche Eingrenzung.Mehrheitlich Zustimmung fanden die Anträge von Grünen und CDU, die im Haushalt für die Sanierung der Schwimmhalle Püngelsberg (nun nur noch 200.000 Euro) in einen allgemeineren Planungsansatz für "Schwimmstandorte in Horn-Bad Meinberg" umzuwandeln. Schließlich gebe es ja noch keinen politischen Beschluss für den Erhalt des Schulschwimmbeckens in Horn.

Diskussionsschleifen beim Stellenplan Die Anträge von CDU und Bürgerbündnis zum Stellenplan sorgten für die nächsten Diskussionsschleifen. Während die von der CDU geforderte Höhergruppierung der neuen Stelle im Bereich Bildung, Ordnung und Soziales noch schnell beschlossen wurde, liefen die semantischen Argusaugen aller Ratsmitglieder bei der Stelle des Klimaschutzmanagers auf Hochtouren. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, für dessen Stelle eine Anschlussförderung zu beantragen und ihn auch 2026 nach Auslaufen der Förderung "zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen, für Energiemanagement und Mobilitäts-Koordination" weiter zu beschäftigen. Der Grund: Der Rat habe die Erstellung eines Klimaschutzkonzepts beschlossen. Wenn dessen Maßnahmen umgesetzt werden sollten, brauche man dafür Personal. (Sonst wäre das Konzept umsonst erstellt worden.) Und auch später könne man die Stelle noch gut gebrauchen.Dr. Alexander Martin (CDU) bemängelte die zahlreichen unkonkreten "Buzzwords" in der Beschlussvorlage. Die CDU hatte vorher den Bürgermeister vor dem Hintergrund des Sparzwangs um ein Tätigkeitsprofil der Stelle gebeten und sich geärgert, dass stattdessen der Stelleninhaber selbst seine Arbeit rechtfertigen musste. Lena Gerke (Grüne) hoffte, "dass wir keinen Papiertiger schaffen". Was ein Klimaschutzmanager machen müsse, seien keine populären Aufgaben: "Dafür wird es Zähne brauchen, um Fleisch an die Knochen zu bekommen." Ihre Frage, warum man denn jetzt schon entscheiden müsse, was in vier Jahren - nach Auslaufen der Anschlussförderung - sei, stellten sich andere Politiker auch. Deshalb wurde die Stelle mehrheitlich ohne die automatische Entfristung beschlossen.

50.000 Euro auf Liste vergessen Um die erneuerbaren Energien nach vorne zu bringen, hatten die Grünen beantragt, dafür 50.000 Euro (aus den Mitteln für die Sanierung der Schwimmhalle) in den Haushalt einzustellen. Damit soll eine Gesellschaft gegründet werden, deren Ziel es ist, mit dem Betrieb von erneuerbaren Energien Geld zu verdienen. Müther schlug vor, das Geld dafür lieber aus einem Gebäudeunterhaltungsposten zu nehmen. Auf dieser Liste sei das Rathaus nun nämlich nicht mehr vertreten, weil es ein eigenes Projekt sei. Aber der Einbau eines Brandschutzelements im Rathaus für 50.000 Euro sei wohl vergessen worden von der Gebäudeunterhaltungsliste zu nehmen. Das Geld sei nun also doppelt im Haushalt vorgesehen, also über.Der Antrag war Frank Kuhlmann (Bürgerbündnis) zu unkonkret: "Wollen wir wirklich einfach eine Gesellschaft gründen? Wie wollen wir dann weiter vorgehen?" Lena Gerke betonte, dass die Gesellschaft nur gegründet werden solle, falls sie nötig sei. Es sollten nur hinterher nicht die Mittel dafür fehlen. Mit einem Sperrvermerk für 50.000 Euro wurde der Antrag einstimmig beschlossen.

Ohne Geld keine Verhandlungen Abgelehnt wurde ein Antrag des Bürgerbündnis, die im Haushalt für den Ankauf eines Grundstücks im Bereich des ehemaligen Hornitex-Geländes vorgesehenen 1,5 Millionen Euro freizugeben. Das Grundstück hatte jüngst den Besitzer gewechselt und die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht wahrgenommen. Das Geld dafür zu blocken, sei nun nicht mehr notwendig, argumentierte Frank Kuhlmann. Dem widersprach Wirtschaftsförderer Rüdiger Krentz. Die Politik habe schließlich erklärt, dass mit den Grundstückseigentümern weiter verhandelt werden solle. "Ohne Geld können wir die Verhandlungen gleich einstellen." Die Mehrheit war dafür, dem Ganzen noch etwas Zeit zu geben und auf neue Deals zu hoffen.Die Grundschule Horn wird zur Deckung ihres OGS-Bedarfs ab Schuljahr 2023/24 Container bekommen, wenn ein Aus- und Umbau der Turmschule nicht rechtzeitig umsetzbar ist. Der Antrag der CDU war weitreichender als der der Grünen und wurde einstimmig beschlossen. Die Grünen hatten beantragt, die Arbeiten zum Aus- und Umbau der Turmschule zu priorisieren. Damit werde Vermögen der Stadt verbessert, während sie von der Containermiete keinen dauerhaften Mehrwert habe.Beschlossen wurde außerdem die von der Politik lange gewünschte Beschlusskontrolle. CDU und Grüne hatten dazu Anträge geschrieben. Sie soll eine Übersicht über den Umsetzungsstand aller offenen Beschlüsse bieten. Ende Februar soll es nach Auskunft von Stadt-Pressesprecher Sebastian Vogt so weit sein.

"Es braucht eine straffe Diskussionsführung" Kommentar von Jost Wolf

Horn-Bad Meinberger Politiker diskutieren überaus gerne öffentlich. Das lässt sich im Vergleich mit anderen lippischen Kommunen feststellen. Während in anderen Kommunen die Feinheiten vorab in interfraktionellen Gesprächen geklärt werden und in den Ausschüssen und im Rat nur noch die Meinung der Fraktion dargestellt und dann abgestimmt wird, passiert im Horner Ratsaal oft absolute Detailarbeit. Da wird über einzelne Worte oder den Satzbau von Beschlussvorlagen gestritten oder es werden die Abstimmungsmodalitäten in Frage gestellt.Gut daran ist, dass den kleineren Fraktionen, die nicht in allen Ausschüssen vertreten sind, so eine bessere politische Teilhabe möglich ist. Gut daran ist auch, dass der Bürger so hautnah die politische Willensbildung mitbekommt.Aber will er das wirklich so genau wissen? Und bremst das nicht auch Entscheidungsprozesse erheblich aus? Vielleicht muss nicht immer wieder demonstriert werden, was Ratsleute semantisch auf dem Kasten haben. Und vielleicht muss nicht wirklich jeder alles selbst auch noch mal gesagt haben.Wenn die Politik beklagt, dass sich in Horn-Bad Meinberg so wenig tut, dann hat sie durch ihre Diskussionskultur einen erheblichen Anteil daran. Hut ab für den Bürgermeister, der stets mit einer stoischen Ruhe durch die Sitzung führt. Aber vielleicht bringt genau diese Ruhe manche gegen ihn auf. Vielleicht wären ein paar sichtbare Emotionen und vor allen eine klare und straffe Diskussionsführung hier von Vorteil.

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