Experte: Geplante Windräder in Lippes Süden gefährden den Luftverkehr

Horn-Bad Meinberg/Schlangen. Unter den Windbauern scheint Goldgräber-Stimmung ausgebrochen zu sein. Seit Windräder auch in Waldgebieten möglich sind, versuchen sie - offenbar noch bevor der neue Regionalplan um den Teilplan Wind ergänzt wird, der ihre Möglichkeiten auf bestimmte Zonen reduzieren würde - möglichst viele Windkraftanlagen genehmigt zu bekommen. Peter Allroggen geht davon aus, dass viele der Anlagen nicht genehmigungsfähig sind, weil sie in Anflugkorridore hineinragen. Allroggen ist Flight Validation Pilot. Er fliegt seit 2009 als einer von fünf deutschen Piloten beruflich, um die An- und Abflugverfahren von Flughäfen zu beurteilen und schreibt dazu Gutachten. Außerdem ist er zweiter Vorsitzender der Nationalparkfreunde und im Vorstand des Windkraft-Gegner-Vereins &bdquo;Vernunftkraft NRW“.

Stephan Prinz zur Lippe hatte ursprünglich 13 Windenergieanlagen rund um die Gauseköte bauen wollen. Gerichtlich sind seine Pläne auf sieben Anlagen reduziert worden. Danach hatte er zwei weitere auf der Gauseköte und an den Externsteinen beantragt. Im Herbst 2024 hat der Landesverband Lippe dann vier Anlagen auf dem Bauerkamp und sieben weitere oberhalb des Silberbachtals beantragt. Die Planungen für weitere 13 Anlagen direkt hinter den Externsteinen auf dem Barnacken sind Anfang dieses Jahres bekannt geworden. &bdquo;Die Standorte aller 33 bis zu 263 Meter hohen Anlagen liegen im Wald, in Trinkwasserschutzgebieten und in Bereichen, die für den Naturschutz vorgesehen sind“, ärgert sich Nationalparkbefürworter Allroggen. Diese Kritik bringen aber auch andere an: Neben vielen Anwohnern haben sich großteils auch die Lokalpolitik und die Kommunen gegen die Windkraftanlagen im Wald positioniert. Die Entscheidung liegt beim Kreis.

Ab 100 Metern Höhe muss luftfahrtrechtlich geprüft werden Für seinen Arbeitgeber, ein großes Flugsicherungsunternehmen, ist Allroggen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch in Spanien oder Schweden tätig. Alle sechs Monate müssen Flughäfen ihre Navigationseinrichtungen überprüfen lassen. Das macht Allroggen gemeinsam mit einem zweiten Piloten und einem Flugmessingenieur. &bdquo;Und immer, wenn neue An- und Abflugverfahren entworfen werden, überprüfen wir diese und beurteilen sie auf Fliegbarkeit“, erklärt er. &bdquo;Unter diesem Aspekt werden natürlich auch Hindernisse beurteilt.“

Früher seien Windräder relativ unproblematisch gewesen, weil sie maximal 100 Meter hoch gewesen seien. Alles, was unter dieser Höhengrenze liegt, wird luftfahrtrechtlich nur geprüft, wenn es sich in der Nähe von Flughäfen befindet. Aktuelle Windräder sind aber deutlich höher.

Militär darf tiefer als 1000 Fuß fliegen &bdquo;Wenn wir den Leitstrahl eines Flughafens überprüfen, nehmen wir den schlechtest möglichen Fall an“, erklärt Allroggen. Aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung darf er auch in Höhen von nur 250 Fuß (76 Meter) fliegen, während normale Flugzeuge sich nur bei Start und Landung unter der 1000-Fuß-Grenze (304 Meter) aufhalten dürfen. &bdquo;Das Militär darf allerdings auch tiefer fliegen“, sagt Allroggen. Das macht die neuen, hohen Windräder in der Nähe des Truppenübungsplatzes in der Senne so pikant.

&bdquo;Eine der geplanten Windenergieanlagen soll direkt an der Grenze von ED-R 112a stehen“, wundert sich Allroggen. Mit ED-R werden in Luftfahrtkarten Flugverbotszonen gekennzeichnet. Üblicherweise ist der Luftraum über Atomkraftwerken oder eben über militärischen Übungsplätzen wie der Senne gesperrt. Gleiches gilt aber auch für den Luftraum über der Wartburg sowie über dem Berliner Regierungsviertel. &bdquo;Und wenn die Anlage direkt auf der Grenze der ED-R 263 Meter hoch ist, dann ist das definitiv zu hoch“, sagt Allroggen. &bdquo;Diese Anlage ist auf jeden Fall in der Höhe des An- und Abflugbereichs der Briten - vor allem, weil die Senne ja niedriger ist als der Berg, auf dem das Windrad steht.“

Flugkorridore lassen sich nicht einfach verlegen Das gelte insbesondere, weil das Militär niedriger als 1000 Fuß fliegen dürfe. &bdquo;Meist fliegen sie ja in der Senne mit Hubschraubern. Mit einem Jet muss man noch früher in den Sinkflug gehen und kann dann seinen Kurs auch nicht mehr groß korrigieren.“ Auch lasse sich so ein Flugkorridor nicht ohne Weiteres verlegen, sagt Allroggen. Schließlich werde mit dem um 90 Grad abknickenden Kurs ein militärisches Standardmanöver trainiert. &bdquo;Man fliegt tief an, damit man von der gegnerischen Flugabwehr nicht getroffen wird, und bei einem Abbruch muss man seinen Kurs ganz schnell abrupt ändern, um der Zielerfassung zu entgehen.“ Da sich im Süden der Senne Paderborn, Bad Lippspringe und Schlangen befänden, gebe es keine Alternative für die Anflugschneisen. &bdquo;Schließlich sollte eine Übungsbombe nicht aus Versehen auf bewohntes Gebiet fallen.“

Das Militär habe Vorrang, sagt Allroggen. &bdquo;Und für die Briten ist die Senne ein wichtiger Standort.“ Noch halte sich das Militär nach Außen in Bezug auf die neuen Anlagen bedeckt. &bdquo;Aber wenn die Bundeswehr sagt, die sind nicht genehmigungsfähig, dann müsste der Kreis Lippe sie ablehnen“, ist Allroggen überzeugt. Würden sie später im Gerichtsverfahren kassiert, riskiere der Kreis ein Schadenersatzverfahren. &bdquo;Notfalls müssten die Windräder später abgerissen werden.“ Allroggen geht davon aus, dass das Militär intern schon Bedenken angemeldet habe. Schließlich seien auch die von Stephan Prinz zur Lippe schon lange beantragten Windräder immer noch nicht genehmigt.

Transparenzhinweis: Nach einem Leser-Hinweis haben wir ergänzt, dass Peter Allroggen ebenfalls im Vorstand des Windkraft-Gegner-Vereins &bdquo;Vernunftkraft NRW“ sitzt.

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