Kalldorferin verärgert: Direkt geblitzt hinter dem 30-Schild?

Kalletal-Erder . Es ist später Vormittag. Daisy Krüger aus Kalldorf ist mit dem Auto auf dem Rückweg vom Einkaufen in Rinteln. Gegen 11.40 Uhr passiert sie das Ortseingangsschild von Erder. Ein paar Meter weiter steht seit einiger Zeit ein Tempo-30-Schild. Unmittelbar als sie das Schild passiert hat, blitzt es.

So schildert Daisy Krüger die Situation. &bdquo;Ich dachte: Das kann doch nicht wahr sein. Man kann doch nicht direkt am Schild blitzen, sondern muss gucken, ob ich wirklich in der 30er-Zone zu schnell fahre", sagt die 74-Jährige und versichert: &bdquo;Ein Stück weiter wäre ich bei 30 gewesen." Der Radarwagen misst nach Abzug der Toleranz Tempo 59. Das wird sie später 148,50 Euro Geldbuße kosten.

Es ist der Kreis, der an jenem Tag im April die Geschwindigkeit an der Landesstraße in Erder überprüft. Wird in Lippe direkt ab dem Verkehrsschild geblitzt? Der Kreis widerspricht. Unmittelbar hinter dem Verkehrsschild werde &bdquo;definitiv nicht" geblitzt, sagt Kreis-Pressesprecher Steffen Adams. Der Radarwagen stehe 50 bis 70 Meter vom Verkehrsschild entfernt. &bdquo;Das ist die Regel für ganz Lippe." Zwar werde das Foto einige Meter vorher gemacht, doch: &bdquo;Wir machen das mit Abstand." Gleichwohl wäre es rechtlich möglich, so Adams, die Geschwindigkeit schon auf Höhe des Schildes zu messen. Denn Tempo 30 gilt ab dem Schild und nicht irgendwo dahinter. Wer sich an die Regeln hält und kein Bußgeld riskieren will, bremst also vorher.

Widerspruch gegen Bußgeldbescheid

Daisy Krüger betont jedoch, ihre Erinnerung täusche sie nicht: &bdquo;Ich hatte gerade mit der Schnauze des Wagens das Schild passiert", sagt sie, und in dem Augenblick sei schon der Blitz gekommen. Der Radarwagen stand nach ihrer Schilderung auch bereits vor dem 30-Schild, so dass die Kamera nicht im Fahrzeug gewesen sein könne. &bdquo;Neun km/h zu schnell in der 50er-Zone – das lasse ich gelten." Aber den Rest nicht. Deshalb legt sie gegen den Bußgeldbescheid Widerspruch ein und informiert sich im Internet, ob diese Blitz-Praxis rechtens ist und wie andere Bundesländer die Sache handhaben.

&bdquo;Die Strafe kann ich verknusen. Mir geht es ums Prinzip", sagt sie. Ihr Widerspruch geht weiter zum Amtsgericht Lemgo. Sollte die Sache verhandelt werden, schreibt ihr das Gericht, könnte auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Frage kommen, weil sie deutlich zu schnell gefahren sei. &bdquo;Dies führt in der Regel zu einer Verdopplung der Geldbuße", heißt es in dem Schreiben. Das löst bei Daisy Krüger zusätzlich Empörung aus: Sie empfindet das Schreiben als Drohung. &bdquo;Das stört mein Rechtsempfinden wirklich." Ihr Rechtsanwalt sagt ihr, dass sie in dieser Sache keine Chance habe. Am Ende zahlt Daisy Krüger die Buße.

Was die Rechtslage angeht, kann ADAC-Vertragsanwalt Stephan Handschug aus Detmold aufklären: &bdquo;Laut Straßenverkehrsordnung gelten Schilder ab da, wo sie stehen." In einigen Bundesländern wie Niedersachsen habe es früher Verwaltungsvorschriften gegeben, wonach die Geschwindigkeit erst in einiger Entfernung vom Schild gemessen werden durfte. &bdquo;Aber alle diese Regelungen sind vor mehr als zehn Jahren aufgehoben worden." Er könne den Ärger von Daisy Krüger verstehen, aber die Geschwindigkeit müsse man vor dem Schild reduzieren. Dass unmittelbar am Schild geblitzt wird, sei ihm noch nie untergekommen. Deshalb vermutet auch der ADAC-Vertragsanwalt, dass die Kalldorferin sich getäuscht hat.

Unabhängig von diesem Fall, sagt Handschug, hätten die inzwischen aufgehobenen Verwaltungsvorschriften ihren Sinn gehabt, nämlich die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Er selbst finde es &bdquo;völlig in Ordnung" zu blitzen, wenn damit Menschen geschützt werden, etwa zu den gängigen Zeiten vor Schulen und Kitas und vor Altenheimen. &bdquo;Mitunter habe ich aber den persönlichen Eindruck, dass es fiskalische Gründe fürs Blitzen gibt", sagt der ADAC-Vertragsanwalt. Deshalb halte er es beispielsweise für sinnvoll, wenn Tempo 30 vor Kindergärten und Schulen auf die Zeit von 7 bis 17 Uhr beschränkt ist.

Das 30-Schild in der Erderaner Ortsdurchfahrt steht nach den Worten des Kreis-Pressesprecher übrigens, weil Kinder dort regelmäßig die Straße überqueren, um die Bushaltestelle zu erreichen.

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