Mehr als nur ein Hofladen: Sabine Klemme tischt in Dalbke auf

Kalletal-Dalbke. Selbst das Fernsehen war schon da: Mitten in der Corona-Pandemie besuchten sich vier Frauen aus vier Bundesländern gegenseitig auf ihren Höfen, um bei kulinarischen Besonderheiten der jeweiligen Region die Spur aufzunehmen. Ein Filmteam erlebte in Dalbke bei Sabine Klemme mehr als nur einen Hofladen mit Denkmalschutz, Mühlenrad, Lehmofen und jeder Menge Fachwerk.

Klemme sucht den Unterschied: &bdquo;Wir wollen Produkte entwickeln, die es nicht an jeder Ecke gibt", fasst die 32-Jährige zusammen.

Natürlich wird es idyllisch, wenn man zwischen Hohenhausen und Langenholzhausen in einer langen Kurve vom Gas geht und abbiegt. Nicht nur, weil Tempo 5 hilfreich ist, um keines der freilaufenden Hühner von der Straße zu holen. Sabine Klemme kann bei den Hühnern mit dem minimalen Schwund so gerade noch leben, wenn sie kurz nachdenkt und feststellt: &bdquo;Ein Huhn pro Jahr verlieren wir an einen Autoreifen." Der 500 Jahre alte Hof mitten im Kalletal besteht aus erhaltenen Fachwerkhäusern, Stallgebäuden, Schuppen, einer Wassermühle und einem Backhaus. Rosamunde Pilcher würde wohl schreiben: &bdquo;Ein kleines Paradies."

Moderne bleibt nicht außen vor

Klemme lebt mit Mann Werner, Sohn Lorenz und Schwiegermutter Margarete auf dem Areal. Vieles, was rund um den Hofladen passiert, ließe sich als &bdquo;Handarbeit" ausflaggen. Die Maschinen finden sich eher in der Landwirtschaft wieder, die Werner Klemme nicht nur im Kalletal betreibt, sondern auch 30 Kilometer weiter östlich im Auetal. Und als wäre es noch nicht genug an Themen, hat Ehemann Klemme in den vergangenen Jahren noch das Thema Mohnanbau und Obstmosten dazu genommen. &bdquo;Es beginnt in der Regel mit einer Faszination für die Idee. Beim Mohn und beim Most war es jedenfalls so", sagt der junge Landwirt. Und trotz der Bausteine einer langen Tradition bleibt die &bdquo;Moderne" nicht außen vor. 2022 beispielsweise ist ein Jahr, in dem man in Dalbke neue Kooperationen mit Schweine- und Geflügelhaltern in Lemgo, Vlotho und im Kreis Schaumburg aufgenommen hat, um die Fleischerzeugung nicht länger an das eigene Grundstück zu koppeln.

Das Credo selbst bleibt indes unangetastet. Sabine Klemme: &bdquo;Wir haben uns beispielsweise gegen Demeter-Produkte entschieden, die es auch im Edeka oder Rewe gibt und stellen unsere Angebotspalette immer so zusammen, dass man die Produkte möglichst nur hier bei uns findet. Deshalb haben wir auch keine Zeit und keine Ambitionen, noch Wochenmärkte aufzusuchen oder unsere Waren an mehreren Verkaufsstellen anzubieten." Tradition hin, Eintopf her - Innovationen sind den Klemmes in jedem Fall wichtig. Themen im Schlepptau der ökologischen Landwirtschaft und dem Tierwohl nehmen zu. &bdquo;Das Fleisch für unsere Produkte kommt daher von Schweinen, die auf Stroh stehen. Und die Eier, die wir verkaufen, sind von Hühnern, die draußen rumlaufen können", so das Ehepaar Klemme. Das Brot backe man selbst.

Experimentiert wird mit Weitblick

Man treffe somit Entscheidungen, die möglichst alle Aspekte bei der Organisation des Betriebes im Blick haben. Sabine Klemme: &bdquo;Wenn Andreas Lütkemeier in Bavenhausen unser Fleisch verarbeitet, sind wir immer dabei. Meine Schwiegermutter, die lange in einem Seniorenheim in Niedersachsen für die Küche zuständig war, wägt immer ab, ob wir ein Produkt wirklich dazu nehmen. Denn unsere Fläche und die Kühlung sind nicht einfach erweiterbar", erklärt die 32-Jährige.

Experimentiert wird also nicht ungehemmt, sondern mit Weitblick. Den Trend in Sachen vegetarische oder vegane Ernährung habe man natürlich auch im kleinen Ort Dalbke mitbekommen. &bdquo;Ich bin eher ein klassischer Fleisch-Fan", sagt Werner Klemme, &bdquo;aber die neue Suppe mit roten Linsen ist grandios." Die Nachfrage, beispielsweise nach vegetarischen Brotaufstrichen, nehme man wahr. &bdquo;Ich liebe Hausmannskost, aber wenn wir mal 20 Jahre weiterschauen, ist die Frage berechtigt, ob dann noch so viel Fleisch gegessen wird wie heute", meint Sabine Klemme.

Und sonst? &bdquo;Unser Mohnfeld hier rund zehn Minuten hinter dem Hof hat neulich einen wahren Boom hingelegt, da haben uns die Leute quasi die Bude eingerannt und die Wagen standen bis zur Straße", sagt Werner Klemme. Im Idyll an der Wassermühle, dem Teich mit ein paar handverlesenen Karpfen und den Hühnern, die ungezügelt über den Hof laufen, ist die Moderne - in Form von Naturtouristen - also längst angekommen.

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