Mehr Ärzte in Kalletal: Braucht es das medizinische Versorgungszentrum noch?

Kalletal. Nach dem plötzlichen Tod von Hausarzt Dr. Michael Rossknecht im März vergangenen Jahres und dem Ruhestand von Hausarzt Dr. Klaus Langkamp zum Jahresende 2023 stabilisiert sich die medizinische Versorgung in Kalletal langsam wieder. Da stellt sich die Frage: Braucht es das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in kommunaler Trägerschaft noch, das die Politik Anfang Juli mit knapper Mehrheit von SPD und Grünen und erst im zweiten Anlauf beschlossen hat? Die dafür notwendige &bdquo;MVZ Kalletal GmbH“ ist jedenfalls nun gegründet worden, wie Bürgermeister Mario Hecker gestern mitteilte. Darüber hinaus seien bereits Ärzte akquiriert worden.

Wie berichtet, ist Sergei Stepanov seit Juli in der Praxis, die die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) zu Jahresbeginn provisorisch übernahm, bis eine dauerhafte Lösung gefunden wird. Zum 1. Januar 2025 übernimmt der 42-Jährige die Praxis. Ekaterine Eshmakorashvili macht gerade ihre Approbation. Sie ist seit Dezember 2023 in der Praxis von Dr. Martin Schaefers , ebenfalls in Hohenhausen. Ab Oktober will sie dort als Weiterbildungsassistentin anfangen und sich so zur Allgemeinmedizinerin fortbilden. Sie könne sich vorstellen, selbst eine Praxis zu führen, sagte sie im LZ-Gespräch.

Dr. Hans Bittscheidt ist da schon weiter: Er ist bereits seit November 2023 als Weiterbildungsassistent in der Praxis seiner Frau Christa Bittscheidt in Langenholzhausen. Wenn alles nach Plan läuft, will er dort im Oktober voll einsteigen. Und auch in der Praxis von Melanie Zuch in Varenholz fängt im November eine Weiterbildungsassistentin an: Renate Hendrix arbeitet noch als Oberärztin im Klinikum Lemgo in der Anästhesie.

Versorgungsgrad von 75,8 Prozent Es scheint, als würde die Suche nach zusätzlichen Ärzten auch ohne medizinisches Versorgungszentrum gelingen. Doch was sagen die Zahlen? Die werden zweimal im Jahr - im Mai und November - von der KVWL aktualisiert. Die letzten Daten stammen also von Mai 2024. Demnach umfasst die Arbeitszeit der Hausärzte in Kalletal und Lemgo - die beiden Kommunen werden bei der Versorgung mit Allgemeinmedizinern zusammen betrachtet - 25,25 Vollzeitstellen. Das entspreche einem Versorgungsgrad von 75,8 Prozent.

Wer die relativ aktuell gehaltene Arztsuche über die Internetseite der KVWL unter www.kvwl.de/arztsuche nutzt, wird feststellen, dass derzeit nur 24 Hausärzte einen Sitz haben - davon 18 in Lemgo und sechs in Kalletal. Tatsächlich gibt es also maximal 24 Vollzeitstellen. Um einen erstrebenswerten hausärztlichen Versorgungsgrad von 100 Prozent zu erreichen, wären 33,2 sogenannte Vollzeitäquivalente notwendig. Bei 110 Prozent würde ein Mittelbereich wie Lemgo/ Kalletal für weitere Niederlassungen gesperrt. Doch bis dahin sind rechnerisch noch 11,5 Vollzeitäquivalente möglich.

52 Prozent älter als 60 Jahre Also selbst wenn Dr. Hans Bittscheidt bald als Hausarzt in der Praxis in Langenholzhausen arbeitet, Renate Hendrix später in Varenholz und Ekaterine Eshmakorashvili in Hohenhausen als Hausärztinnen anfangen sollten und alle Vollzeit arbeiten, wären immer noch genügend Arztsitze frei - ob in einer eigenständigen Praxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum. Die Frage ist nur, was mit dem Klinikum in Lemgo passiert. Ein größeres MVZ in Lemgo würde die freien Arztsitze auch für Kalletal besetzen, wie Hecker befürchtet .

Für eine langfristige Planung spielt auch das Alter der Ärzte eine Rolle: Rund 52 Prozent der Hausärzte in Lemgo und Kalletal sind laut KVWL älter als 60 Jahre. Zum Vergleich: In ganz Westfalen-Lippe seien es etwa 40 Prozent. Aber einige Mediziner denken in diesem Alter noch nicht ans Aufhören: Dr. Klaus Langkamp ist erst mit 70 Jahren in den Ruhestand gegangen und auch Dr. Martin Schaefers mit seinen 66 Jahren will seine Praxis in den nächsten Jahren noch nicht verlassen.

Transparenzhinweis: Folgende Sätze wurden nach neuen Informationen im Nachhinein ergänzt: &bdquo;Die dafür notwendige &bdquo;MVZ Kalletal GmbH“ ist jedenfalls nun gegründet worden, wie Bürgermeister Mario Hecker gestern mitteilte. Darüber hinaus seien bereits Ärzte akquiriert worden. [...] Die Frage ist nur, was mit dem Klinikum in Lemgo passiert. Ein größeres MVZ in Lemgo würde die freien Arztsitze auch für Kalletal besetzen, wie Hecker befürchtet .“

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