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"Hände hoch!" - Ein bewaffneter Bankräuber schießt 1968 um sich

Freya Köhring

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- © Symbolbild Pixabay
Revolver (© Symbolbild Pixabay)

Lügde-Wörderfeld. "'Haltet den Kerl fest; schlagt ihn tot. Er hat die Kasse ausgeraubt!' [Der] Kassierer stand bereits neben [der] Frau, als der flüchtende Täter innehielt, den Revolver auf seine Verfolger richtete und zweimal schoss." - Nein, dass ist keine Szene aus einem Film oder einem Buch. Das ist ein Zitat aus einem LZ-Bericht vom 3. Oktober 1968. Es beschreibt die Flucht eines Bankräubers vom Tatort, der damaligen Zweigstelle Wörderfeld der Kreissparkasse Detmold.

Kurz zuvor stürmt ein Mann in einer khakifarbenen Jacke und mit über den Kopf gezogener Kaputze in die kleine Zweigstelle. In dem Moment warten drei Kunden auf dem Flur darauf, bedient zu werden. Der Mann geht an ihnen vorbei, direkt in das kleine Büro. Dort fordert er mit einem vorgehaltenen Trommelrevolver Geld.

So titelte die LZ in ihrer Ausgabe vom 3. Oktober 1968. - © LZ-Archiv
So titelte die LZ in ihrer Ausgabe vom 3. Oktober 1968. (© LZ-Archiv)

Der Zweigstellenleiter hält das zu dem Zeitpunkt noch für einen schlechten Scherz. Dann wird ihm allerdings der Ernst der Lage bewusst und er packt das Geld in eine braune Aktentasche, die der Räuber dabei hatte. Doch zufrieden ist er mit der Ausbeute nicht, wie aus dem damaligen LZ-Artikel hervorgeht:

"Der Räuber schlägt die Kapuze zurück. Enttäuscht von der mageren Beute knurrt er: 'Mehr habt ihr nicht?' [Der Zweigstellenleiter] zuckt die Achseln."

Danach verlässt er das Gebäude mit einer Beute von rund 3.300 Mark. Doch seine Verfolger sind ihm bereits auf den Fersen, sodass er schließlich zwei Schüsse abfeuert. Verletzt wird glücklicherweise niemand. Sofort wird eine Fahndung nach dem Täter eingeleitet. Ein Landwirt gibt schließlich den entscheidenden Hinweis auf das Fluchtauto - einen Opel-Rekord.

Auf dem Parkplatz eines Pyrmonter Hotels wird das Fahrzeug entdeckt. Zwei Streifenwagen mit insgesamt vier Beamten rücken an und kommen dem Täter Claus L. (alle Namen von der Redaktion geändert) auf die Spur. Er ist 25 Jahre alt und arbeitet als Kellner in dem Hotel. Auf seinem Zimmer finden die Polizisten ihn schließlich.

"Dort zieht er plötzlich das Kopfkissen von seinem Bett, holt den versteckten Revolver hervor und schreit die Beamten an: 'Hände hoch!' Vier Polizeibeamte riskieren ihr Leben. Sie werfen sich auf den Räuber." (LZ vom 3. Oktober 1968)

Das Fahrzeug, mit dem der Täter damals flüchtete. Dabei handelte es sich um einen gemieteten Opel-Rekord. - © LZ-Archiv/W.Swat
Das Fahrzeug, mit dem der Täter damals flüchtete. Dabei handelte es sich um einen gemieteten Opel-Rekord. (© LZ-Archiv/W.Swat)

Der hält weiterhin an seiner Waffe fest. Erst durch zwei gezielte Schläge auf den Hinterkopf, kann sein Widerstand schließlich gebrochen werden. Knapp zwei Stunden nach dem Überfall ist der mutmaßliche Täter gestellt und festgenommen. Das mögliche Motiv: Schulden.

Am 5. Dezember, also fast genau zwei Monate nach der Tat, wird Claus L. bereits der Prozess gemacht. Vor dem Schwurgericht muss er sich wegen schwerer räuberischer Erpressung und versuchten Totschlages verantworten. Dort sagt er aus, dass er absichtlich über seine Verfolger hinweg geschossen habe. Er wollte einfach nur schnell weg vom Tatort.

"Ein unverkennbarer Wiener Charme in den Worten des Österreichers [...] machte ihn sympathisch. Das empfanden, wie wir bemerkten, vor allem die jungen Zuhörer einer weiblichen Schulklasse." (LZ-Gerichtsbericht vom 6. Dezember 1968)

Information
Zuchthaus war ein Gefängnis mit strafverschärfenden Haftbedingungen, zum Beispiel mit Zwang zu körperlicher Arbeit.
Ehrenrechte sind die Rechte auf das aktive und passive Wahlrecht sowie das Recht, ein öffentliches Amt ausüben zu dürfen.

Claus L. hatte sich zuvor noch nie strafbar gemacht. Er ist zwar nach eigener Aussage ein Waffennarr und besitzt auch viele unterschiedliche Feuerwaffen, doch das ist für ein Mitglied in einem Schützenverein nicht unbedingt ungewöhnlich.

Am Ende wird der Angeklagte zu einer Gesamtstrafe von acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Zudem wird der Revolver eingezogen und auch seine bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm während der Haftzeit aberkannt.

"[Claus L.] wurde bleich. Er hatte, wie aus der Zeichensprache mit einem jungen Mädchen im Zuhörerraum kurz vor der Urteilsverkündung hervorging 'nur' mit sieben Jahren gerechnet. Auch die Schülerinnen der Marianne-Weber-Schule in Lemgo [...] trauten ihren Ohren nicht. Sie hatten eine mildere Strafe erwartet", heißt es abschließend in dem Gerichtstext von 1968.

Hier finden Sie alle bisher erschienen Artikel aus unserer Reihe "Lippe kriminell".

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