So will das Klinikum Lippe Wartezeiten in der Notaufnahme verkürzen

Kreis Lippe. Überfüllte Notaufnahmen in Krankenhäusern sind ein zunehmendes Problem – auch am Klinikum Lippe. In der zentralen Notaufnahme in Detmold steigen die Zahlen rasant – jährlich um rund sieben Prozent. 2016 waren es noch 42.000 Patienten und im vergangenen Jahr zählten die Mediziner bereits 45.000 Notfallversorgungen. Seit Jahresbeginn gibt es ein neues System und sechs zusätzliche medizinische Fachkräfte, um die Wartezeiten für echte Notfälle zu verkürzen.

Wer in die zentrale Notaufnahme des Klinikums Lippe nach Detmold kommt, wird ab sofort einer von fünf farblich markierten Behandlungsdringlichkeiten zugeteilt. Rot bedeutet dabei, es liegt ein absoluter Notfall vor, der sofort im Schockraum behandelt werden muss. Blau hingegen heißt, dass der Fall weniger dringend ist und der Patient bis zu 120 Minuten auf eine ärztliche Behandlung warten kann. &bdquo;Manchester Triage" nennt sich das System. &bdquo;Das heißt, in den ersten Minuten nach Ankunft wird jeder Patient von einer Fachkraft befragt. Dann wird die Dringlichkeitsstufe eingeschätzt. So können die Patientenströme kategorisiert sowie unsere personellen und räumlichen Ressourcen besser genutzt werden", erklärt Dr. Patrick Dißmann, Chefarzt der zentralen Notaufnahme im Klinikum Lippe. Natürlich seien auch früher schon &bdquo;echte" Notfallpatienten zügig behandelt worden. &bdquo;Aber vorher lief das ohne ein formales System und ohne eine so präzise Dokumentation ab", sagt der Chefarzt .

Verringert sich durch das Farben-Prinzip nun auch die Wartezeit für Patienten? &bdquo;Wir sind bestrebt, die Patienten rasch innerhalb der vorgegebenen Triage-Zeiten zu behandeln. Wartezeiten lassen sich aber nicht immer vermeiden", stellt Dr. Dißmann fest.

Doch selbst wenn ein Patient länger in der Notaufnahme sitze, dürfe nicht vergessen werden, &bdquo;dass wir in dieser Zeit arbeiten und auch seine Diagnostik abnehmen und auswerten", fügt der Mediziner hinzu. Und die Zeitangabe bedeute nicht, dass diese auch immer ausgereizt werde. Wenn es die Kapazität zulasse, würden die Patienten natürlich auch früher behandelt. &bdquo;Wir sind für alle Notfälle rund um die Uhr da. Es wird auch weiterhin kein Patient ohne Arztkontakt weggeschickt", betont Dr. Dißmann. Die Vorschläge, Patienten bei Bagatellfällen mit Strafgebühren abzuschrecken, sei keine Lösung. &bdquo;Weil es immer die falschen Personen abschreckt", fügt er hinzu.

Mit der Einführung des neuen Verfahrens seien auch sechs zusätzliche Fachkräfte eingestellt worden, &bdquo;die durch Voruntersuchungen Notfälle von weniger dringenden Fällen trennen sollen". Eine von ihnen ist die Lemgoerin Katharina Kröker, die seit dem 1. Januar als medizinische Fachkraft in der Detmolder Notaufnahme arbeitet. &bdquo;Ich habe nach 21 Jahren in einer gynäkologischen Praxis eine neue Herausforderung gesucht und gefunden", sagt die 40-Jährige.

Bevor die Notfallpatienten in die einzelnen medizinischen Abteilungen und Untersuchungsräume verteilt werden, werden sie von Katharina Kröker unter die Lupe genommen. &bdquo;Wir messen hier unter anderem den Blutdruck, die Temperatur, die Atemfrequenz und schauen nach dem allgemeinen Wohlbefinden", sagt Kröker. Durch diese erste Inaugenscheinnahme, die penibel dokumentiert werden müsse, werde die Notaufnahme von diesen &bdquo;leichteren Fällen" entlastet und Ressourcen für die Patienten freigesetzt, die mit einem Schlaganfall oder Herzinfarkt eingeliefert werden. &bdquo;Somit entlastet das neue System nicht nur Ärzte, sondern erhöht auch die Zufriedenheit für jeden Patienten", betont Dr. Dißmann.

Farbeinteilung In der zentralen Notaufnahme des Klinikums Lippe in Detmold werden die Patienten nach dem sogenannten Manchester-Triage-System (MTS) aufgenommen. Dabei handelt es sich um ein weltweit anerkanntes Instrument zur Ersteinschätzung der Erkrankung. Die Patienten werden von geschultem medizinischem Personal beurteilt und einer von fünf Dringlichkeitsstufen zugeordnet. Jeder Kategorie ist eine maximale Wartezeit zugewiesen. Diese reichen von sofortiger Behandlung (rot ), sehr dringend (orange – maximale Wartezeit 10 Minuten), dringend (gelb – maximale Wartezeit 30 Minuten), normal (grün – maximale Wartezeit 90 Minuten) bis hin zu den nicht dringenden Fällen (blau – maximale Wartezeit 120 Minuten).

"Patienten besser informieren" Kommentar von Erol Kamisli Die Lösung scheint einfach: Wer für einen Mückenstich, einen eingeklemmten Finger oder eine Impfauffrischung die Notaufnahme aufsucht, muss abgewiesen werden oder soll Strafgebühren zahlen. Problem gelöst – die Notaufnahme leert sich. Leider ist die Lage nicht nur schwarz und weiß.

Da sind Patienten auf dem Land, die sich an nur wenige Hausärzte wenden können und sehr lange warten müssen, bis sie versorgt werden. Dann sind da diejenigen, die wirklich glauben, an einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu leiden und das Krankenhaus nicht aus reiner Bequemlichkeit aufsuchen. Und viele haben bei unserem komplexen System aus Hausärzten, Fachärzten, Notdienstpraxen und Notaufnahmen einfach den Überblick verloren. Allen Patienten, die die Notaufnahme aufsuchen, ist gemein, dass sie hier auf gute medizinische Versorgung hoffen. Und ein Arzt kann selbst Patienten, die offensichtlich übertreiben, nicht abweisen, ohne sicher zu sein, dass er nichts übersieht.

Daher ist es sinnvoll, dass in der Detmolder Notaufnahme des Klinikums Lippe ein Voruntersuchungs-System eingerichtet worden ist. Leichte Fälle müssen dann nicht abgewiesen werden, verstopfen aber auch nicht die Notaufnahme. Das System wird jedoch nicht ohne eine bessere Information der Patienten und kompetente Steuerung auskommen. Das beginnt auf den Internetseiten der Städte und Gemeinden und endet in der Notaufnahme des Klinikums selbst.

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