Supermarkt-Chef überlebt Überfall 1975 dank dickem Schädel

Detmold. Endlich Wochenende! Der 22-jährige Filialleiter eines Detmolder Supermarktes hat einen Freund zu Besuch. Die beiden wollen sich einen schönen Abend machen. Gegen 21.30 Uhr klingelt es unvermittelt an der Tür von Christian Pollmann (alle Namen von der Redaktion geändert). Ab diesem Punkt nimmt der Abend eine dramatische Wendung.

Mit Trick in den Markt gelockt Vor dem 22-Jährigen steht sein erst kürzlich eingestellter und gleich wieder entlassener Mitarbeiter Richard Müller, der in der gleichen Straße wie Pollmann wohnt. Müller bittet den Filialleiter mitzukommen. Im Supermarkt sei etwas passiert. "[Christian Pollmann] schwante nichts Böses", heißt es im LZ-Bericht vom 20. Oktober 1975. Zusammen mit seinem Besucher und seinem Mitarbeiter eilt er zum Markt. Dort angekommen, bleibt der Bekannte im Auto zurück, während Pollmann und Müller ins Gebäude rennen.

"Plötzlich drückt [Richard Müller] dem Filialleiter eine Pistole in die Rippen und fordert von ihm unter Androhung von Waffengewalt die Herausgabe des Schlüsselbundes mit dem Tresorschlüssel." (LZ vom 20.10.1975)

Mit dem Schlüssel in der Hand und der Pistole im Rücken geht der Filialleiter voran in den Kellerraum mit dem Tresor. Plötzlich spürt er einen heftigen Schlag auf seinen Hinterkopf - mit einem Hammer, wie sich später herausstellt. Blut strömt ihm über das Gesicht. Aus Reflex lässt er den Schlüssel auf den dunklen Fußboden fallen.

Der Ex-Angestellte, Richard Müller, fordert den 22-Jährigen auf, mit nach dem Schlüssel zu suchen, doch sie finden ihn nicht wieder. Daraufhin zwingt der Räuber den Filialleiter dazu, mehrere Zigarettenautomaten zu öffnen und flüchtet schließlich mit wenigen Hundert Mark, heißt es weiter.

Obwohl die Polizei mit Hunden sofort nach Richard Müller fahndet, bleibt die Suche zunächst erfolglos. Der einschlägig vorbestrafte 29-Jährige, der zuvor bereits schon eine Bank und eine Tankstelle überfallen hatte, bleibt verschwunden. Am nächsten Tag jedoch spürt die Polizei ihn auf und nimmt ihn fest. Genau ein Jahr später kommt es zur Verhandlung vor dem Landgericht Detmold.

Räuberische Erpressung oder doch versuchter Mord? Während der Verhandlung werden beide Seiten angehört. Der inzwischen 23-jährige Filialleiter schildert noch einmal den Tathergang, wie er sich seiner Erinnerung nach abgespielt hat. Doch der Angeklagte hat eine ganz andere Erklärung:

"Lächelnd und selbstbewusst trat [Richard Müller] im Zuge der Beweisaufnahme vor Gericht auf. Seine Version des Geschehens an jenem Oktoberabend 1975: Er sei mit einer Schreckschuss- und einer anderen waffenscheinfreien Pistole unterwegs gewesen, als er in der Straße beim Supermarkt 'verdächtige Gestalten' bemerkt habe. Um zu beweisen, dass auch ein Vorbestrafter ein nützliches Glied der Gesellschaft sein könne, habe er den Marktleiter [Pollmann] geholt, um mit ihm gemeinsam die Einbrecher zu stellen. Auf der Suche nach den Tätern müsse [Pollmann] dann von einem Unbekannten niedergeschlagen worden sein. Weil er unmittelbar neben dem Marktleiter gestanden habe und dadurch in Tatverdacht geraten musste, sei er kopflos geworden, geflohen, aber auch schnell wieder zurückgekehrt. Auch der Selbstmordversuch [während der U-Haft] sei nur Ausdruck seiner ausweglosen Situation gewesen." (LZ vom 13. Oktober 1976)

Diese Aussage erschüttert andere anwesende Zeugen. Sie halten die Ausführungen für Quatsch, bezeichnen den Angeklagten als gefühlskalt und geltungsbedürftig. Auch der Oberstaatsanwalt kann diese Geschichte nicht glauben. Für ihn stelle sich lediglich die Frage, ob es sich neben einer räuberischen Erpressung auch um versuchten Mord handele. Nur Dank seiner harten Schädeldecke habe das Opfer überlebt. Er fordert siebeneinhalb Jahre Haft für Müller. Lediglich der Verteidiger will nicht ausschließen, dass ein Unbekannter zugeschlagen haben könnte.

Doch auch den vorsitzenden Richter kann Richard Müller nicht überzeugen. Er schließt sich dem Antrag des Staatsanwaltes an und verurteilt Richard Müller zu einer Gefängnisstrafe.

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