Interkulturelle Konflikte am Krankenbett stören die Patientenruhe

Kreis Lippe. Wer im Krankenhaus genesen will, braucht in der Regel Ruhe. Da kann es gerade im Mehrbettzimmer schon mal zu Konflikten kommen. Bei Karen Tank, Patientenfürsprecherin des Klinikums Lippe, laufen häufiger Beschwerden von Menschen auf, die sich durch lebhaften Besuch am Nachbarbett gestört fühlen. Das erzählte Tank jetzt auch den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses im Kreishaus.

Im Interesse der unter dem Lärm leidenden Patienten sei es ihr wichtig, &bdquo;Ross und Reiter in dieser Sache klar zu benennen", betonte die Patientenfürsprecherin. In manchen Kulturkreisen sei es üblich, mit vielen Besuchern möglichst lange am Bett eines Angehörigen auszuharren.

Sie höre auch von Verstößen gegen die Hausordnung. &bdquo;Mir wurde etwa berichtet, dass sich Angehörige auf leer stehenden Betten niederlassen oder sogar in den Patientenzimmern duschen", sagte Tank. Solch eine Atmosphäre erschwere es anderen Patienten auf den Zimmern, sich zu erholen. &bdquo;In den letzten Jahren sind diese Probleme spürbar mehr geworden." Ähnliche Beschwerden sind auch schon einigen Politikern zu Ohren gekommen, wie sich im Ausschuss zeigte.

Doch was könnte Abhilfe schaffen? – Die Anregung der Patientenfürsprecherin, wieder Besuchszeiten am Klinikum einzuführen, stößt bei Pflegedienstdirektor Andreas Zeisberg auf wenig Gegenliebe. &bdquo;So eine Regelung hat es hier im Hause einmal gegeben, wir haben sie allerdings ganz bewusst abgeschafft. Unter anderem, um pflegenden Angehörigen keine Steine in den Weg zu legen", erklärte Andreas Zeisberg. Insgesamt biete die Hausordnung genügend Spielraum, um das Patientenwohl auch an dieser Stelle zu schützen. So gäbe es etwa eine Regelung zur Nachtruhe, die von 22 bis 6 Uhr gilt. Ferner heiße es direkt im ersten Punkt der Hausordnung: &bdquo;Jeder Patient sollte dazu beitragen, dass im gesamten Krankenhausbereich größtmögliche Ruhe herrscht."

&bdquo;Wir stehen oft vor dem Problem, dass wir von solchen Missständen erst zu spät etwas mitbekommen", sagt Zeisberg. Häufig würden Patienten bis zu ihrer Entlassung warten und sich erst dann beschweren. &bdquo;Etwas unternehmen können wir dann natürlich nicht mehr." Grundsätzlich sei das Pflegepersonal dafür ausgebildet, auch solche von Frau Tank beschriebenen Probleme zu lösen.

Aber wie kommt es zu derlei Konflikten im Krankenhaus? Sina Arslan ist in Minden Stationsleiterin und hat lange als Krankenschwester gearbeitet. Jüngst hat sie im Kreishaus in Detmold über Migration und Pflege referiert. Sie wirbt für mehr interkulturelles Verständnis auch beim Pflegepersonal in Kliniken, denn die Hintergründe zu kennen, helfe, besser mit derlei Konflikten umzugehen.

&bdquo;Beispielsweise in der türkischen Gemeinde ist es üblich, dass Freunde und Bekannte zu einem Kranken gehen und ihm gute Besserung wünschen, sie wollen zeigen, dass sie Anteil nehmen." Dieses Miteinander sei tief verwurzelt, &bdquo;aber manchmal ist es dem Patienten selbst zu viel. Er kann nur nicht sagen: Bitte geht wieder." Hier sei es am Pflegepersonal, regulierend einzugreifen und den Patienten, aber auch seine Bettnachbarn zu schützen.

&bdquo;Aber auch in der Gemeinde muss ein Umdenken stattfinden, sie muss sich mehr zurückhalten und viel vorsichtiger sein." Sie habe es auch schon erlebt, dass Verwandte und Bekannte versucht hätten, auf die Intensivstation zu kommen. In einem Todesfall habe sich am Ende eine Gruppe von 30 Menschen zum Trauern im Flur getroffen, und das Personal habe die Polizei rufen müssen. Öffentliche, laute, gemeinsame Trauer im großen Kreis gehöre in manchen Kulturkreisen dazu, und es helfe, wenn Pflegekräfte interkulturell geschult seien.

Es braucht klare Regeln Ein Kommentar von Torben Gocke

Ein Krankenzimmer sollte ein geschützter Ort sein, in dem ganz klare Regeln für die Besucher herrschen. Die Krankenhausleitung muss das Pflegepersonal anweisen, grundsätzlich für Ruhe zu sorgen. Das schließt auch ein, jemanden des Raumes zu verweisen, wenn es zu laut wird. Zwangsgemeinschaften, wie in einem Mehrbettzimmer, können nur so reibungslos funktionieren.

Ein Blick auf die Intensivstation des Klinikums Lippe beweist, dass das geht. Niemand kommt einfach so rein oder raus, die Zahl der Besucher ist streng reguliert und Lautstärke ist – von den regelmäßigen Geräuschen der Medizintechnik einmal abgesehen – in der Regel kein Problem. Was erlaubt ist und was nicht, ist klar definiert und wird von niemandem hinterfragt. Als letzte In- stanz wacht das Personal über die Einhaltung der Vorschriften.

Weniger streng, aber nach dem gleichen Prinzip sollte es auf den normalen Stationen laufen. Denn Stress oder Ärger mit dem Bettnachbarn gefährden ganz direkt die Genesung. Patienten im Krankenbett haben andere Sorgen, als untereinander die richtigen Grenzen auszuloten. Diese müssen von vornherein klar sein.

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