Immer weniger Kliniken und Praxen: Tier-Notfälle könnten (noch) teurer werden

Kreis Lippe. Der Hund hüpft die Treppe runter, jault laut auf und nichts geht mehr – mitten in der Nacht bleibt nichts anderes übrig, als den Pölter gegen den Jogginganzug zu tauschen und in die Tierklinik oder zum Tierarzt zu fahren. Eine Verordnung sieht vor, dass Tierhalter, die den Notdienst in Anspruch nehmen, deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Bundesregierung sieht keine Alternative, denn die flächendeckende Notversorgung von Tieren ist aus ihrer Sicht gefährdet.

Das Problem Es gibt weniger Tierarztpraxen und Kliniken als noch vor sechs Jahren. Die Bundestierärztekammer führt die Statistik, demnach gab es 2012 942 Praxen und 19 Tierkliniken in Westfalen-Lippe, 2018 waren es 814 und 14. Oliver Bergers von der Tierärztekammer Westfalen-Lippe sieht mehrere Faktoren, die die Lage verschärfen.

&bdquo;Die Personalkosten steigen, wenn sie aber nur wenige Notfälle haben, dann zahlen sie als Arbeitgeber drauf. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Probleme, dass Tierhalter lieber am Wochenende ihr Tier behandeln lassen wollen, also gar nicht mit Notfällen kommen. Das wiederum führt vor allem in den Kliniken zu immer längeren Wartezeiten." Durch die Notdienstgebühr versuche man, diesem Trend entgegen zu wirken.

Die Veränderung Der Bundesrat hat die Verordnung noch nicht abgenickt, aber aus Sicht der Bundestierärztekammer wird &bdquo;kein Gegenwind erwartet", sagt Oliver Bergers. Für Leistungen während des Notdienstes wird eine Grundgebühr von 50 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer eingeführt. Außerdem verlängert sich die Nachtzeit um zwei Stunden. Sie beginnt bereits um 18 Uhr und endet um 8 Uhr des Folgetages. Zusätzlich wird die Möglichkeit eingeräumt, abhängig vom Aufwand mindestens den doppelten und bis zum vierfachen Gebührensatz abrechnen zu können.

Blick in die Praxis Die Arbeitszeitverordnung wirkt sich auf die Personalkosten aus. Gerichte haben geurteilt, dass schon die Bereitschaft als Arbeitszeit bewertet werden muss. &bdquo;Dabei ist es egal, ob es einen Notfall gibt oder nicht. Dazu gehört, dass danach auch die Ruhezeiten eingehalten werden müssen", sagt Dr. Ralf Bachmann, Tierarzt in Detmold und Vorsitzender der Kreisstelle der Tierärztekammer. Wie das in der Vergangenheit funktioniert hat? &bdquo;Da ist Selbstausbeutung betrieben worden", sagt er. Im Kreis Lippe gibt es Praxen in Detmold, Lage und Lemgo, die gemeinsam den Notdienst stemmen.

Wer außerhalb der Sprechzeiten anruft, bekommt eine Handynummer. Bachmann übernimmt den Notdienst selbst. Dass die neue Verordnung ausreicht, die tiermedizinische Versorgung in der Fläche zu sichern, sieht er nicht. &bdquo;In Ballungsräumen ist das etwas anderes, aber auf dem Land ist das ein Zuschussgeschäft." Und auch für Kliniken ist die Situation keineswegs leicht. Sie verlieren den Klinik-Status, wenn sie den Notdienst nicht zuverlässig anbieten können.

Bachmann weiß von Kliniken, die in der Vergangenheit ganz bewusst darauf verzichtet haben, weil es sich nicht rechnet. &bdquo;Sie müssen entsprechendes Personal finden, und der Notdienst macht den Job keineswegs attraktiver. Heute wird viel mehr Wert auf die Work-Life-Balance gelegt, die jüngere Generation tickt anders", sagt der Tierarzt.

Die Tierhalter Tiere sind Privatpatienten, wenn sie nicht versichert sind, zahlt der Halter. Und die Summen sind schnell vierstellig, denn die Therapiemöglichkeiten haben sich in den vergangenen 30 Jahren stark verändert. &bdquo;Was in der Humanmedizin möglich ist, geht mittlerweile auch fast komplett in der Behandlung von Tieren", sagt Annegret Laufer, Pressesprecherin der Uelzener Versicherung, die bereits 147 Jahre am Markt ist.

&bdquo;Für Operationen kommen schnell Tausende zusammen, das sollten Tierhalter nicht verdrängen." Zumindest bis zum 2-fachen-Satz könne man sich absichern. Ihr Tipp: &bdquo;Beim Versicherungsvergleich sollte man darauf achten, ob die Operationskosten gedeckelt sind." Die Nachfrage nach Versicherungen sei in den vergangenen Jahren stetig gewachsen.

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