Das Coronavirus löst in Lippe keine Panik aus

Kreis Lippe. Jedes Jahr sterben in Deutschland Tausende Menschen an der echten Grippe - das wird weniger registriert. Das Coronavirus wird hingegen als größere Gefahr wahrgenommen. Das Klinikum Lippe ist grundsätzlich vorbereitet. Auch in den Unternehmen, die Kooperationspartner oder eigene Filialen in China haben, wird die Situation ernst genommen. &bdquo;Ich würde meine Mitarbeiter keinem Risiko aussetzen", sagt Volker Steinbach, Präsident der IHK Lippe zu Detmold und Chef eines Unternehmens in Detmold.

Die Wirtschaft Die Steinbach AG hat eine Vertretung in Shanghai, Volker Steinbach hatte vor, im April dorthin zu reisen. &bdquo;Das muss man jetzt erst einmal abwarten", sagt Steinbach. Er habe bislang von dem Kooperationspartner noch keine Nachricht bekommen, dass es in Shanghai Schwierigkeiten gibt.

Bei Phoenix Contact gibt es auch keine Rückmeldungen. &bdquo;Unsere Kollegen in China sind mitten im Chinese New Year, aufgrund der Feierlichkeiten ruht der Geschäftsbetrieb gerade", sagt Pressesprecherin Eva von der Weppen.

Der Detmolder Elektronikspezialist Weidmüller ist seit Jahrzehnten in China aktiv, es gibt zwei Standorte in Shanghai und Suzhou (Jiangsu Provinz). 600 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Dr. Timo Berger, Vertriebsvorstand der Weidmüller Gruppe, sieht vorrangig die Fürsorgepflicht für die Mitarbeiter. &bdquo;Wir haben daher vorsorglich einen Krisenstab eingerichtet, welcher tagesaktuell die Lage überprüft. Wir richten uns dabei nach den Empfehlungen des Auswärtigen Amtes. Dieses rät aktuell (Stand Freitag, 24. Januar), Reisen nach Wuhan zu verschieben. Wir raten daher allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von Reisen nach Wuhan abzusehen. Außerdem verpflichten wir sie, bei Reisen aus und nach China, Taiwan und Hong Kong, den Betriebs- oder Hausarzt aufzusuchen."

Die Hochschulen Die Technische Hochschule OWL habe kaum Kontakte nach China, entsprechend gebe es auch keine Absagen von Terminen oder Exkursionen, teilt die Pressestelle mit. Die Musikhochschule in Detmold hat zwar viele Studenten, die aus Asien kommen, aber besondere Vorkehrungen treffe man nicht. &bdquo;Die Studenten werden am Flughafen zu ihrem Gesundheitszustand gefragt, das ist nicht Aufgabe der Hochschule", sagt Pressesprecher Friedrich von Plettenberg. Dass Studenten oder Dozenten nach Asien reisen, sei derzeit nicht vorgesehen.

Der Kreis Lippe Die aktuelle Lage ist entscheidend. In China gibt es mehr als 800 Krankheitsfälle, und – Stand 24.1.2020 – 26 Menschen sind an dem Virus gestorben. In Europa ist bislang noch kein Fall bekannt. Trotzdem ist der Kreis Lippe vorbereitet. &bdquo;Das Landeszentrum für Gesundheit steht mit uns in Kontakt. Gäbe es Krankheitsfälle, würde das Gesundheitsamt informiert. Auch für das Coronavirus gilt die Meldepflicht", sagt Kreis-Pressesprecher Steffen Adams.

Das Klinikum Chefarzt und Krankenhaushygiene-Experte Dr. Jens Gieffers verweist auf andere Viruskrankheiten, die in den vergangenen Jahren bereits für Schlagzeilen gesorgt hatten, wie die Vogelgrippe, SARS oder MERS. Und nicht zuletzt gehe von der Influenza, also der echten Grippe, eine realere Gefahr aus. &bdquo;In den Jahren 2018 und 2019 gab es zwar keine große Epidemie, aber es sterben trotzdem Tausende an dieser Krankheit jedes Jahr. Man muss diese Gefahr in der Relation sehen. Die subjektive Risikowahrnehmung ist allerdings eine andere", sagt der Chefarzt.

Das Klinikum sei generell sehr gut vorbereitet. Es stehe ein Notfallwagen jederzeit bereit. Spezielle Schutzkleidung für Patienten und Pflegepersonal und entsprechende Atemschutzmasken seien Pflicht. Bis zu 20 Personen könnten als erste Maßnahme isoliert und behandelt werden. &bdquo;Der Ablauf ist in einem Konzept geregelt, das wir quasi nur aus der Schublade ziehen müssen", sagt Gieffers.

Auch für die Diagnostik gibt es einen Plan. Die Proben werden zum Referenzzentrum geschickt, eines ist die Charité Universitätsmedizin in Berlin, die dem Robert-Koch-Institut angegliedert ist. &bdquo;Wir bekommen derzeit viele Anfragen von Laboren. Die, die die technische Ausstattung haben, können Proben, also die Lungenflüssigkeit der Patienten, untersuchen und im Vergleich mit der Positiv-Probe, die wir bereitstellen, klären, ob es sich um Coronaviren handelt", sagt eine Mitarbeiterin des Referenzzentrums.

Einen Vorrat für ein spezielles Medikament gibt es im Klinikum nicht. Die Behandlung beschränke sich bislang bei den Coronaviren auf die Symptome, die denen einer Erkältung sehr ähneln. &bdquo;Es gibt noch kein heilendes Mittel, aber sehr gute Chancen, die Krankheit zu überstehen", sagt Gieffers.

Zwar gibt es im Moment noch keinen Fall in Europa, aber ein Szenario wäre aus Sicht des Mediziners schon eine Herausforderung. &bdquo;Wenn das Coronavirus sich in Europa ausbreiten würde, dann könnten die Kliniken die Patienten sicher fragen, ob es zuvor Reisen nach China oder andere betroffene Länder gegeben hat. Das ist einfach. Aber es beginnt die Erkältungszeit, und wenn man keinen möglichen Infektionsweg erkennt, dann müsste man viel mehr Patienten zunächst isolieren – bis man sicher nachgewiesen hat, dass sie nicht mit dem Virus infiziert sind."

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