Lippes Gastronomen bangen um Existenz - CDU fordert Öffnungsperspektive

Kreis Lippe . Gastronomen gehen auf dem Zahnfleisch. Einige, auch in Lippe, versuchen dennoch, das Beste daraus zu machen und wenigstens ein Außer-Haus-Geschäft aufrecht zu erhalten. Für die gehobene Küche ist das allerdings schwierig, sagt Dehoga-Präsident Holger Lemke. Und kostendeckend funktioniere es wohl kaum. Derweil kommt von Seiten der CDU Unterstützung bei der Forderung nach finanzieller Hilfe.

Gastwirtin Wilma Thorenmeier aus Ruensiek will und kann nicht still sitzen. Erst hat sie die Gaststube in ihrem &bdquo;Alten Krug" renoviert und die Sitze neu bezogen, jetzt läuft der Verkauf außer Haus, den sie unter anderem bei Facebook bewirbt. Wo sonst Gäste ihre Mäntel aufhängen, hat sie sich lange Zeitleisten für die Wochenendtage an die Wand geheftet, hier landen die Zettel mit den Vorbestellungen. &bdquo;Das ist jetzt ein ganz anderes Arbeiten als sonst, aber irgendetwas muss ich tun", sagt sie.

Sie kenne auch Kollegen, die schon resigniert hätten, und es tut ihr in der Seele weh, wenn sie an all die Abbestellungen denkt: &bdquo;Allein vier Kommunion-Feiern am vergangenen Wochenende", seufzt sie. Aber das Außer-Haus-Geschäft bringt wenigstens ein wenig Umsatz – und Beschäftigung. &bdquo;Wir sind froh, etwas zu tun zu haben", auch wenn sie drei Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken musste.

Zum Warmhalten in die Zeitung Fürs Verpacken der Speisen kommen ihre treuen Aushilfen: &bdquo;Ich bemühe mich, jeden reihum mal für einen Tag zu holen", sagt sie. Aufwand ist das Ganze schon, auch die Beschaffung von ökologisch vernünftigen Verpackungen. Ein Onlinehändler habe nach einigen Wochen Wartezeit einfach den Auftrag zurückgegeben, aber mittlerweile hat sie eine verlässliche Quelle gefunden. Das Ganze wird zusätzlich zum Warmhalten mit Alufolie – und mit einer alten LZ verpackt. &bdquo;Die Zeitungen gehen mir langsam aus, ich werde schon von den Nachbarn beliefert", lacht sie.

Ohnehin erfahre sie viel Solidarität: &bdquo;Wir sind zu Ostern beschenkt worden, dabei sind wir es doch, die sich bedanken müssten." Dennoch: Umsatzbringer sind in der Gastronomie nicht die Speisen, sondern die Getränke. Und hier verdienen auch die Betriebe mit Außer-Haus-Verkauf kaum. Ohnehin glaubt Dehoga-Präsident Holger Lemke, dass sich der Aufwand nur schwer rechnet. &bdquo;Aber man hat was zu tun." Ein Schnitzel eigne sich ganz gut, aber Forelle Müllerin oder ein Rumpsteak eben nicht.

Gutscheinportale helfen zu überbrücken Ein wenig Entlastung brächten da die Gutscheine, die auf verschiedenen Portalen zu haben sind. &bdquo;Darüber kommt ein bisschen was rein." Seine Windmühle Fissenknick sei ganz gut vorbereitet für den Tag, an dem es wieder losgeht. &bdquo;Aber ich glaube nicht, dass das zum 3. Mai was wird. Eher kurz vor Pfingsten. Und selbst wenn es dann losgeht, bekommen wir ja maximal 50 Prozent der Einnahmen, weil wir nur noch die Hälfte der Tische vorhalten."

Genau deshalb fordern jetzt auch heimische Politiker wie CDU-Landratskandidat Jens Gnisa für die &bdquo;Hoteliers und Gastronomen im Kreis Lippe ein konkretes politisches Signal der Unterstützung und eine klare Perspektive, wann und unter welchen Umständen sie ihre Betriebe wieder öffnen können" , wie es in einer Pressemitteilung heißt.

&bdquo;Es liegt auf der Hand, dass keine Risiken eingegangen werden dürfen. Wenn die gesundheitspolitischen Maßnahmen aber weiterhin ihre Wirkung zeigen, dann braucht es jetzt eine konkrete Perspektive für die Öffnung von Hotels und Gaststätten unter Einhaltung detaillierter Hygieneschutzmaßnahmen. Es ist richtig, wenn die lippische Dehoga darauf hinweist, dass gerade ihre Branche es versteht, bei der täglichen Arbeit auf eine gute Hygienepraxis zu achten."

Gebührenverzicht könnte Perspektive werden Neben einer Öffnungsperspektive für die Betriebe geht es Gnisa auch um eine nachhaltige Unterstützung. &bdquo;Es muss über die aktuellen Bundes- und Landesmittel hinaus geholfen werden", etwa mit dem Verzicht auf Gebühren für die Außengastronomie und einer reduzierten Grundsteuer. &bdquo;Eine kreisweite Abstimmung der Entlastungen ist jetzt wichtig." Auch die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes könne ein Weg sein.

Das sieht auch die lippische CDU-Bundestagsabgeordnete Kerstin Vieregge so. Sie fordert zudem eine zeitnahe Exit-Strategie zur Wiedereröffnung von Tourismus- und Gastronomiebetrieben. Gerade die Tourismusbranche lebe davon, dass Familien, die jetzt ihren Sommerurlaub buchen wollen, auch wissen, dass sie sicher verreisen dürfen.

Sie fordert mehr Möglichkeiten der Freizeitgestaltung außerhalb des Einkaufens: Die vielen Angebote vom Tierpark über Schlösser und Höhlen bis zu Vergnügungsparks könnten &bdquo;unter Wahrung von Auflagen zum Infektionsschutz eine sichere und willkommene Abwechslung" sein.

Maßnahmen zur Erfassung der Gäste, um Infektionsketten zurückverfolgen zu können, hält sie für richtig. &bdquo;Quarantäne-Maßnahmen können so gezielt erfolgen und eine Grundrechtseinschränkung für eine – zum Glück – nicht infizierte Mehrheit vermieden werden."

Jeder Tag ohne eine Öffnung von Gastronomie und Tourismus müsse auch in der Konsequenz weitere staatliche Unterstützung für die Branche bedeuten. &bdquo;Gerade Restaurants, Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen auf dem Bauernhof werden von Einzelunternehmern oder Familien betrieben, die derzeit keinen Cent verdienen." Dabei hat sie auch die Schausteller im Blick. Für sie steht fest: &bdquo;Alle, die für Freizeit und Tourismus stehen, dürfen nun nicht mit Existenzängsten im Ungewissen gelassen werden."

Gewerkschaft will Aufstockung Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80, beziehungsweise 87 Prozent (mit Kind). Mit 60 Prozent des bisherigen Lohns auszukommen, sei im Gastgewerbe unmöglich. &bdquo;In NRW bleiben einem gelernten Koch ohne Kinder in Vollzeit am Monatsende nicht mal 900 Euro", sagt NGG-Geschäftsführer Armin Wiese – und selbst das nur, wenn nach Tarif gezahlt werde.

Im Kreis Lippe beschäftigt das Gastgewerbe nach Angaben der Arbeitsagentur rund 5500 Menschen. Wenn Hoteliers und Gastronomen bei den Lohnkosten voll entlastet würden, müsse die Hilfe auch bei den Mitarbeitern ankommen.

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