Keine Sauerei hinter lippischen Fleischtheken

Kreis Lippe. Kleine Betriebe in Lippe könnten profitieren, sollte die Käuferschaft dem Discountfleisch den Rücken kehren – so die Hoffnung lokaler Fleischer. Denn die Fleischindustrie in Deutschland steht abermals in der Kritik. Coronainfektionen, schlechte Arbeitsbedingungen, Dumpinglöhne sowie die Produktqualität und das Tierwohl werden bemängelt. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales möchte der Industrie in Zukunft genauer auf die Finger schauen – geplante Werkverträge verbieten sowie Kontrollen und Bußgelder erhöhen.

&bdquo;Wir haben schon gemerkt, dass die Kunden vermehrt zu uns in den Laden kommen, weil sie ihr Konsumverhalten überdenken“, sagt Ingo Rhiemeier, der in seiner Fleischerei in Lemgo-Rhiene sogar noch selbst schlachtet. Die erhöhte Zuwendung durch Neukunden habe sein Betrieb bereits zu Beginn der Corona-Krise bemerkt. &bdquo;Als das mit den Hamsterkäufen anfing, kamen schon neue Leute in den Laden. Jetzt, wo die Grillsaison angefangen hat, gibt es noch mehr Kunden, die wissen wollen, wo ihr Fleisch herkommt“, sagt er. Der Skandal um Branchen-Giganten wie Westfleisch und Tönnies sei daran auch nicht unschuldig. &bdquo;Wir werden häufig darauf angesprochen. Viele sagen, dass sie das nicht mehr unterstützen wollen.“

Zulauf nimmt irgendwann wieder ab Dass die kleineren Metzgereien profitieren können, wenn die Großen straucheln, sei nicht ungewöhnlich, sagt Thorsten Schröder, Obermeister der Fleischerei-Innung-Lippe und Vorstandsmitglied des Fleischerlandesverbandes NRW. &bdquo;Bei jedem Skandal, der aufkommt, bemerken wir, dass die Leute es doch schön finden, dass es die kleinen Betriebe vor Ort gibt – seien es Bäcker oder Metzger“, erklärt er. Irgendwann nehme der Zulauf auch wieder ab, aber eine gewisse Zufriedenheit und ein Umdenken im Kaufverhalten bleibe. Die Kunden würden zurückgeholt und auf gewisse Weise geerdet.

Dass der verschärfte Blick der Politik auf die Fleischindustrie auch für die kleinen lippischen Betriebe Verschärfungen nach sich ziehen könnte, glaubt er zumindest auf der Personalebene nicht. &bdquo;Die Betriebe in der Innung haben Innungsverträge, die ein Vorgehen wie bei den großen Fabrikanten gar nicht ermöglichen. Bei uns gibt es keine Subunternehmer, die da mit drinstecken. Aushilfen gibt es, aber die bekommen alle einen Festlohn und sind beim Arbeitsamt gemeldet“, sagt Thorsten Schröder. Metzger Dirk Hannover aus Extertal bestätigt auf Anfrage: &bdquo;Wir haben sechs Mitarbeiter, die in Teilzeit oder als Aushilfe angestellt sind. Die bekommen mindestens den Mindestlohn, und bei uns gibt es keine Akkordarbeit .“

Ein generelles Umdenken bei der Masse der Verbraucher erwarten die regionalen Metzger jedoch nicht allzu bald. &bdquo;Die Kritik an dieser modernen Sklaverei kommt jetzt vermehrt auf den Tisch. Das Tierwohl ist ja schon länger ein Thema. Viele sagen, sie wollen mehr Geld für ein faireres Produkt ausgeben. Sie tun es im Endeffekt aber gar nicht“, sagt er. Thorsten Schröder sieht die Verantwortung auch bei der Politik: &bdquo;Jeder hat eine moralische Verpflichtung, auch die Betriebe und Verbraucher. Aber beim Gesetzgeber liegt die Verantwortung, dass das möglich ist, was da in Großbetrieben aktuell geschieht. Sind die Spielregeln geschaffen, werden sie natürlich auch genutzt.“

Die Verantwortung liegt beim Verbraucher Darauf, dass die Politik wirklich durchgreift, wollen die Metzger nicht setzen. &bdquo;Hoffen tut man das natürlich immer, allerdings kommt das Thema ja seit Jahren immer wieder hoch, und nichts ändert sich“, sagt Dirk Hannover. Dass er und seine Kollegen davon profitieren, wenn die Massenproduzenten sich ihre Discountpreise nicht mehr leisten können, hält Ingo Rhiemeier für möglich: &bdquo;Aber das wird Jahre dauern, und die werden immer wieder Möglichkeiten finden, das zu umgehen. Die Verantwortung liegt beim Verbraucher.

Er befürchte sogar eher, dass zukünftige Auflagen kleineren Betrieben wieder Probleme bereiten könnten. &bdquo;Die Kosten für Schlachter, die in der Woche nur ein paar Tiere schlachten, sind sehr hoch. Da sprechen einige schon wieder davon, auszusteigen“, sagt er. Das bedeute im Umkehrschluss auch wieder mehr Tierleid. &bdquo;Je mehr kleine Betriebe in der Umgebung schließen, umso weiter muss das Tier gebracht werden. Ich kenne teilweise Viehhändler, die ihre Tiere nach Dresden bringen lassen. Diese müssen dann länger unter dem Transport leiden, wenn sie quer durchs Landgefahren werden. Die längere Kühlketten bedeuten auch mehr Umweltschaden“, sagt er.

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