Corona in Frankreich: Mehrere Einheimische berichten

Viele lippische Kommunen haben Partnerstädte in Frankreich. Einige Einheimische berichten von der aktuellen Corona-Lage in ihrer Stadt.

Villedieu - Horn-Bad Meinberg "Tote Stadt, niemand auf den Straßen, heruntergelassene Ladenläden und leere Parkplätze, lösten ein besonderes Gefühl der Angst aus", schreibt Colette Cochard. Die Französin ist Vorsitzende des Partnerschaftsvereins in Frankreich. "On «etait en guerre« sans voir l`ennemi." - Wir waren im Krieg ohne den Feind zu sehen, schreibt sie. Die Angst vor dem Virus war und ist immer noch in der Stadt zu spüren.

In Villedieu, der französischen Partnerstadt von Horn-Bad Meinberg, stand das soziale Leben lange still. Schulen und Geschäfte blieben ab Mitte März geschlossen. Das Haus durften die Franzosen nur noch zu wichtigen Anlässen, wie Einkaufen oder wegen Arztterminen, verlassen.

Nur die Enten hätten die Situation für sich genutzt: "Sie watschelten leise auf dem Parkplatz am Place des Costils und ließen sich vor dem Tourismusbüro nieder", beschreibt Cochard. Viele Menschen in Villedieu leben in einem Haus mit Garten, schreibt sie. Das hätte die Einschränkungen erträglicher gemacht. Anders als in Deutschland seien die Corona-Regeln in Frankreich national verhängt worden und nicht, wie hier, je nach Bundesland.

Villedieu sei von Corona weitestgehend verschont geblieben, doch die strengen Regeln haben die Einwohner trotzdem einhalten müssen. "Zusammenfassend wird die Wahrnehmung, anders zu leben, zu einer Möglichkeit", schreibt Cochard.

Millau - Bad Salzuflen Seit 45 Jahren besteht eine Städtepartnerschaft zwischen Bad Salzuflen und dem französischen Millau. Das sollte in diesem Jahr groß gefeiert werden. Doch daraus wurde nichts.

"Im Mai war das Städtejubiläum in Bad Salzuflen geplant. Wir haben es verschoben und wollen feiern, sobald sich die Lage beruhigt hat", sagt Martin Brehm, Vorsitzender des Fördervereins "Bad Salzuflen-Millau Partnerschaft". Ganz untätig konnten die Bad Salzufler aber nicht bleiben: "Wir haben selbst genähte Masken als Zeichen der Solidarität nach Millau geschickt. Auch um die Freundschaft zu unterstreichen, und um Verbundenheit nach Millau zu zeigen. Zeitgleich möchten wir den Bürgern, in kleinem Rahmen demonstrieren, `Wir gehören zusammen`", sagt Brehm.

Als Motiv dienten die beiden Stadtwappen und das Symbol eines Handschlags, heißt es auf der Website der Stadt. Ein Schüleraustausch, der für September geplant war, musste auch abgesagt werden. "Die französischen Gastfamilien hatten zu viel Angst gehabt", sagt Brehm. Auch eine Sportreise im Oktober diesen Jahres wird ausfallen.

In Millau seien die Ausgangssperren seit dem 15. Juni wieder gelockert worden. Zuvor sei es den Franzosen nur erlaubt gewesen, sich einen Kilometer von ihrem Domizil zu entfernen. "Alles was weiter weg war, musste schriftlich festgehalten werden: Name, Adresse, wohin man möchte und warum. Das mussten die Franzosen dann auf Verlangen vorzeigen", erklärt Brehm. Die Gendarmerie habe dafür gesorgt, dass "die Leute schlichtweg zuhause bleiben", sagt Brehm.

Lemgo - Vandoeuvre-lès-Nancy Im Frühjahr wäre eine Delegation, darunter zwei Ärzte des Klinikums Lippe, in die französische Partnerstadt Vandoeuvre-lès-Nancy gereist. "Um den Austausch der Kliniken zu verstärken", sagt Karl-Heinz Mense, Mitglied im Vorstand der Partnerschaftsgesellschaft. Als sich die Infektionszahlen dann erhöhten, sei die Reise abgesagt worden. Vandoeuvre liege in der Region "Grand Est", die sehr schwer betroffen war, sagt Mense. "Die Kliniken sind dort an ihre Kapazitätsgrenzen geraten".

Die Feuerwehr Lemgo habe den Franzosen Ende April/ Anfang Mai kurzfristig geholfen. "Wir haben Desinfektionsmittel und Schutzbekleidung leihweise zur Verfügung gestellt", sagt Klaus Wegener, Leiter der Feuerwehr. "Das haben wir dann im grenznahen Raum getauscht. Wir sind nicht bis nach Vandoeuvre gefahren", sagt er.

Blomberg - Lieusaint "Die Nachrichten über die große Ansteckungsquote und die Zahlen der Toten machten immer ängstlicher, aber man musste sich ja informieren, denn man konnte ja nicht raus".

Das schreibt Hella Agard, vom Partnerschaftsverein Blomberg-Lieusaint. Sie berichtet von den letzten Monaten in der französischen Stadt. Von Mitte März bis Mitte Mai galt für die Franzosen die Ausgangssperre. Ohne das Ausfüllen eines &bdquo;Ausgangserlaubnisscheins" durfte niemand vor die Tür. Ansonsten seien Strafen von 135 Euro und höher fällig geworden.

&bdquo;Auf jeden Fall hatte man sowieso Angst nach draußen zu gehen, weil die Ansteckungsgefahr sehr hoch war", schreibt sie. Am 11. Mai sei die Ausgangssperre aufgehoben worden, und der Ausgehschein wurde nicht mehr gebraucht. Doch die Menschen in Lieusaint hätten sich erst einmal gar nicht getraut, ein paar Schritte an der frischen Luft zu gehen. Momentan müssen die Franzosen überall da Maske tragen, wo sie mit anderen Menschen zusammentreffen. Beim Einkaufen gelte ein Sicherheitsabstand von einem Meter.

&bdquo;Ich gehöre zu der Altersklasse die besonders vorsichtig sein muss, und man sollte sich erstmal nicht mit der Familie und Freunden treffen, denn der Virus war immer noch aktiv", schreibt Agard. Bisher fühle man sich freier, aber im Hinterkopf bliebe die Angst, dass man sich irgendwo anstecke und dann alles neu beginne.

Sie erinnert sich zurück: Ende Januar 2020 waren Austausschüler des Hermann-Vöchting-Gymnasiums in Lieusant. &bdquo;Schon zu dieser Zeit begannen die ersten Bedenken wegen der Ansteckungsgefahr mit diesem Coronavirus, denn in China war die Pandemie schon aktiv und bei unseren Besichtigungen in Paris begegneten wir vielen Asiaten mit Masken. Das war ein komischer Eindruck für uns Europäer, die die Maskenkultur nicht kennen", schreibt Agard.

Ein Gegenbesuch der französischen Schüler in Blomberg Ende April und eine Bürgerfahrt nach Lieusaint am Himmelfahrtswochenende haben abgesagt werden müssen. Die Bürgermeisterwahl Mitte März habe in Lieusaint noch stattgefunden.

Das größte Problem in Frankreich sei das Fehlen von Masken und Corona-Tests gewesen. Außerdem seien die Krankenhäuser schnell an ihre Grenzen gelangt. &bdquo;Jeder wusste, dass er sich schützen musste und versuchte dem Virus aus dem Weg zu gehen. Was nur möglich war, weil alle die Ausgangssperre akzeptierten, denn keiner wollte in den überfüllten Krankenhäuser landen. Keiner traute sich mehr zum Arzt wegen der Ansteckungsgefahr". Jeden Abend um 20 Uhr applaudierten die Bürger dem Krankenpersonal sowie allen Berufen, die im Einsatz waren.

Mit dem Ende der Ausgangssperre haben die Franzosen das öffentliche Leben langsam wieder hochgefahren: "Die Schulen begannen sich vorzubereiten die Schüler zu empfangen, und das nur in kleinen Gruppen, aber nur wenige Eltern trauten sich die Kinder zur Schule zu schicken, denn es war zu kompliziert mit den neuen Regelungen. Die Verkehrsmittel , U-Bahn , S-Bahn und Busse wurden vorbereitet, dass ein Sicherheitsabstand von 2 Metern möglich war und es überall Masken und Desinfektionsmittel gab", beschreibt sie die Entwicklungen.

Mittlerweile seien die fehlenden Tests auch in Frankreich angekommen. Vorsicht, Testen und bei positivem Ergebnis Isolieren, fordert Agard. Die Schnellerkennung einer Pandemie sei das Wichtigste, um sie zu stoppen. "Wir hoffen, dass es gelingt und dass wir bald aufatmen können".

Leopoldshöhe - St. Gaultier "Wir wären im Herbst nach Frankreich gefahren und hätten uns dort getroffen. Das haben wir abgesagt, weil selbst wenn wir wieder reisen dürfen, kann ich mir nicht vorstellen, wie wir Besuche durchführen und dabei die Abstandsgebote einhalten können", sagt Leopoldshöhes Bürgermeister Gerhard Schemmel. Normalerweise läge man sich "fürchterlich in den Armen", doch das werde nun erst einmal nicht gehen, sagt Schemmel über die gewachsenen Freundschaften zwischen den Bewohnern der Partnerstädte.

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