Ausgefragt: Jens Gnisa will Kreishaus nach vorne bringen

Kreis Lippe. Zum &bdquo;Ausfragen" hatte der Amtsinhaber anscheinend keine Zeit, und so hat die LZ dem CDU-Landratskandidaten Jens Gnisa noch mal auf den Zahn gefühlt.

Herr Gnisa, Sie sind von Hause aus Jurist und noch Direktor des Bielefelder Amtsgerichtes. Was unterscheidet die Behörde Amtsgericht von der Behörde Kreishaus?

Gnisa: Bei Gericht arbeiten die Mitarbeiter, die Richter und Rechtspfleger, zunächst einmal vergangenheitsorientiert, das heißt, wir arbeiten Sachverhalte auf. Das ist für eine Gesellschaft extrem wichtig. Ein Kreishaus ist da anders aufgestellt, es arbeitet in die Zukunft gerichtet. Da kann man gestalten, und das macht für mich der Reiz aus.

Seit dem Fall Lügde ist die Kritik lauter denn je geworden, dass ein Landrat nicht gleichzeitig Chef der Kreispolizeibehörde sein sollte. Wie stehen Sie dazu?

Gnisa: Für mich war gerade der Umstand, dass man als Landrat Chef der Kreispolizeibehörde ist, einer der Gründe, mich auf diese Position zu bewerben. Ich bin ja von Hause aus Richter, habe viele Jahre Strafsachen gemacht, arbeite also an denselben Fällen. Ich sehe sozusagen am Ende vor Gericht, was die Polizei angefangen hat. Da kann ich mich mit meinen persönlichen Erfahrungen als Strafrichter gut einbringen.

Sie möchten mehr Polizei auf die Straße bringen. Glauben Sie, dass das Thema Sicherheit im ländlichen Lippe wirklich ein großes Problem darstellt?

Gnisa: Ja – wir müssen nämlich unterscheiden zwischen der Kriminalität und dem Kriminalitätsempfinden. Es ist erwiesen, dass das Kriminalitätsempfinden, also das Sicherheitsbedürfnis der Menschen, immer mehr zunimmt. Ich glaube die Schlaglichter werden ein Stück weit falsch gesetzt, wenn wir nur auf die &bdquo;große" Kriminalität schauen. Das Kleine kann nämlich auch verunsichern: der ruhestörende Lärm nebenan, der Müllhaufen auf der Straße, das Wohnumfeld was sich verändert. Und da müssen wir ansetzen. Ich habe zum Beispiel auch den Vorschlag gemacht, den Außendienst der Ordnungsämter mehr mit einzubinden.

Sie stehen für die Digitalisierung der Schulen. Das kling zunächst mal gut, aber das ist nicht Aufgabe des Kreises, sondern des Schulministeriums beziehungsweise des Schulträgers, also der Kommunen. Wie wollen Sie da konkret Einfluss nehmen?

Gnisa: Die Digitalisierung ist ein Jahrhundertphänomen in allen Bereichen, da geht es zum Beispiel auch um Digitalisierung im Kreishaus, wo wir vorwärts kommen müssen, aber natürlich auch in den Schulen. Einfluss können wir zum Beispiel über das Kommunale Rechenzentrum nehmen. Ich hab da etwa vorgeschlagen, einen Zweckverband zu gründen. Wir könnten die Schulen unterstützen, indem wir Hard- und Software zusammen einkaufen, Abläufe vereinheitlichen und zentralisieren.

Noch einmal Richtung Familie/Erziehung: Sie haben den Vorschlag der Elternschule gemacht. Warum, glauben Sie, brauchen Eltern eine Schule?

Gnisa: Erziehung wird heute immer schwieriger, das liegt nicht an den Eltern, sondern die Anforderungen werden immer höher, auch an die Kinder selbst. Wir stellen fest, übrigens auch wissenschaftlich erwiesen, dass die Eltern immer verunsicherter sind in der Erziehung. Sie haben zum Beispiel oft einen Erziehungsstil, der nicht einheitlich ist. Das verunsichert die Kinder. Und hier kann man auf freiwilliger Basis helfen, indem man Angebote macht – die Eltern nehmen das dankbar an.

Was würden Sie besser machen als Ihr Vorgänger Dr. Axel Lehmann?

Gnisa: Ich wäre ein Chef, der nicht immer im Mittelpunkt stehen würde und wollte, sondern für mich sind die Stars die Mitarbeiter, vor allem die Lipperinnen und Lipper selber. Man müsste mich eher so sehen wie einen Trainer, der am Spielfeldrand steht und versucht, die Mannschaft nach vorne zu bringen mit einer guten Taktik und einer guten Aufstellung, aber ich bin nicht der Starspieler.

Gesetzt den Fall, Sie schafften es am 27. September, was wären Ihre ersten drei Amtshandlungen?

Gnisa: Zunächst mal alle Mitarbeiter kennen lernen, das ist mir ganz wichtig. Zweitens auf die Bürger zugehen, auch mit sichtbaren Zeichen, also Bürgersprechstunden vor Ort wieder einzuführen. Drittens halte ich die Führungsstruktur im Kreis für überarbeitungsbedürftig: Es dürfen nicht zu wenig Vorgesetzte auf zu viele Mitarbeiter kommen. Da nenne ich insbesondere das Stichwort Jugendamt: Man muss die Struktur so aufbauen, dass der Chef, der Leiter eines bestimmten Amtes, als Ansprechpartner auch da ist – das ist bisher nicht der Fall, weil es keinen Leiter des Jugendamtes gibt.

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