„Mehr Vertrauen schaffen“: Sollten Eltern im Klassenraum hospitieren?

Düsseldorf. Elternvertreter in NRW wünschen sich eine stärkere Einbindung in das Schulsystem – und regen sogar an, in Klassenräumen hospitieren zu dürfen. Schulakteure reagieren auf diesen Vorschlag jedoch verhalten.

Es könne &bdquo;sehr hilfreich“ sein, Eltern in den Klassenräumen hospitieren zu lassen, sagt Birgit Völxen, die sich seit 20 Jahren in der Landeselternschaft NRW engagiert. &bdquo;Dabei geht es nicht darum, den Unterricht komplizierter zu machen, sondern Vertrauen zu stiften und aufzubauen“, sagt Völxen im Gespräch. &bdquo;Das hat einen pädagogischen Nutzen, weil die Kinder so merken, dass das Elternhaus und die Schule gut zusammenarbeiten.“

Den Vorschlag, Eltern in den Klassen hospitieren zu lassen, hatten auch Elternvertreter bei einem Termin von NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) Mitte Dezember in Bielefeld gemacht. Feller hatte darauf geantwortet, dass Eltern selbstverständlich in den Schulen willkommen seien, nicht aber in den Klassenräumen, da sich dort mitunter schon jetzt sehr viele Erwachsene aufhalten würden.

Mitarbeit gebraucht – Unterrichtsbesuch aber Ausnahme Auf Nachfrage dieser Redaktion ergänzt Feller, dass eine &bdquo;gute Schule“ eine Schule mit einer &bdquo;guten Elternarbeit“ sei. Es brauche die Mitarbeit der Eltern, sagt Feller. &bdquo; Auch können Eltern im Einzelfall und nach Absprache mit der Lehrkraft an einzelnen Unterrichtsstunden teilnehmen“, führt die Ministerin gegenüber dieser Redaktion aus. &bdquo;Das sollte jedoch die Ausnahme sein, denn sonst wird es im Klassenraum auch zu voll.“ Wichtig sei, dass sich Lehrkräfte und Eltern vertrauen würden. &bdquo;Das ist die Grundlage für eine gute schulische Bildungsarbeit“, sagt Feller.

Auch Völxen von der Landeselternschaft verweist darauf, dass Eltern die Möglichkeit haben, im Unterricht zu hospitieren. &bdquo;Das ist ein verbrieftes Recht.“ Die Bielefelderin Dorothee Kallabis-Sieveke, die sich als Mutter dreier Schulkinder in Elternpflegschaften engagiert und seit Jahren zum Schulsystem forscht, sieht darin ebenfalls eine Möglichkeit, das Vertrauensverhältnis zu intensivieren.

Kallabis-Sieveke, die auch als Jugend- und Erwachsenencoach arbeitet, ist der Meinung, dass Eltern von Schulen oftmals konzeptionell &bdquo;nicht ausreichend“ eingebunden würden und im alltäglichen Schulleben mit ihren Erwartungen &bdquo;unerwünscht“ seien. &bdquo;Sie werden mit &bdquo;Pseudobeteiligungen“ abgespeist, wie Kuchenverkäufen, der Mitgestaltung von Schulfesten und dem Engagement in Fördervereinen.“

Kritik an Unterrichtsbesuchen durch Eltern Diese Bewertung greife &bdquo;viel zu kurz“ und verkenne die &bdquo;enorme Bedeutung“, die ein Förderverein für eine Schule habe, entgegnet Sven Christoffer vom Lehrerverband Lehrer NRW. Die von einigen Elternvertretungen gewünschte Unterrichtsmitschau sei &bdquo;kritisch“ zu bewerten. &bdquo;Unterricht findet in einem geschützten pädagogischen Raum statt. Deshalb sollten über die pädagogische Profession hinausgehende Personen nicht am Unterricht teilnehmen“, meint Christoffer.

Anders sieht das Oberstudienrätin Dilek Engin, die für die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag sitzt. &bdquo;Es gibt ganz viele Eltern, die angesichts des vielen Unterrichtsausfalls so verzweifelt sind, dass sie sich gern mehr in den Schulen engagieren würden, um den Alltag ihrer Kinder zu verbessern“, sagt Engin. &bdquo;Darum geht es ihnen – und nicht darum, Lehrer zu kontrollieren.“ Die SPD-Politikerin sieht viele Möglichkeiten, wie sich Eltern einbringen könnten, zum Beispiel, indem sie Ausflüge begleiten, im Unterricht vorlesen, Planspiele gestalten oder Theater mitorganisieren würden.

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Eltern können keine Lehrkräfte ersetzen Es gebe aber auch Extremfälle, in denen Schulen die Mitwirkung von Eltern aufgrund des Personalmangels regelrecht &bdquo;einfordern“ würden – also die Betreuung und Inhaltsvermittlung. &bdquo;Das geht wiederum auch nicht“, meint Völxen. &bdquo;Eltern können Lehrkräfte nicht ersetzen. Da geht es ja auch um das Thema Versicherungsschutz.“ Sie kenne auch Elterngruppen, die einspringen würden, wenn Unterricht ausfällt. &bdquo;Das kann situativ hilfreich sein, darf aber auf Dauer nicht das Ziel sein.“

Dass es schon jetzt weitreichende Möglichkeiten für Eltern gibt, sich einzubringen, betont Stefan Behlau. Der Vorsitzende des Verbandes für Erziehung und Bildung in NRW nennt beispielsweise Projektwochen und Tage der offenen Tür, in denen auch Unterricht beobachtet werden könne.

Dass Eltern den Unterricht auch direkt in den Klassenräumen verfolgen sollen, hält Behlau für schwierig. &bdquo;Ich kann den Wunsch der Eltern nachvollziehen, weil Austausch wichtig ist, aber ich glaube, man stößt schnell an Grenzen, denn im Klassenraum sitzt eben nicht nur das eigene Kind, sondern da sitzen oft auch noch 28 weitere.“

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