Kreis Lippe. Mehr als 70 Prozent der lippischen Unternehmen rechnen in diesem Coronajahr mit Umsatzeinbußen. „Ein Fünftel sogar mit einem Rückgang um mehr als die Hälfte“, fasst Axel Martens, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK) die aktuelle, bereits fünfte, IHK-Blitzumfrage zusammen. Knapp 300 Unternehmen aus allen Branchen hatten ihre aktuelle Lage bewertet, teilt die IHK mit.
Existenzsorgen: Das Infektionsgeschehen zeige, dass die Pandemie das Wirtschaftsleben noch weit in das Jahr 2021 belasten werde. Unternehmen mit direktem Kundenkontakt (Gastgewerbe, Kultur- und Kreativwirtschaft, Veranstaltungs- und Reisewirtschaft, Einzelhandel) kämpften zunehmend um ihre Existenz. „Seit März können sich viele nur mit Hilfszahlungen über Wasser halten. Hier gilt es, schnellstmöglich Schutz- und Hygienekonzepte so weiterzuentwickeln, damit sie eine belastbare, Perspektive bekommen“, fordert Martens.
Rückläufige Nachfrage: Dies beklagt mehr als jedes zweite Unternehmen, hinzu kommen immer mehr stornierte Aufträge. Gastronomie, Reisewirtschaft oder Kultur- und Kreativwirtschaft könnten dies kaum aufholen. „Die Folgen sind ein weiterer Eigenkapitalrückgang und steigende Liquiditätsengpässe. Forderungsausfälle nehmen zu, und der Zugang zu Fremdkapital wird erschwert.“ Knapp ein Achtel der Befragten sehe eine drohende Insolvenz.
Weniger Bürokratie: Den von der Politik gesetzten Erwartungen folgend, hoffen die Unternehmen auf eine schnelle Entlastung durch die Zuschüsse. „Außerdem werden ein einfacher Antragsprozess sowie eine schnelle Sicherheit über die Gewährung der Zuschüsse benötigt. Nur so können die Unternehmen sicher mit den Hilfen agieren und sie zum Überleben ihres Betriebes einsetzen“, resümiert Martens. Bislang hätten die politischen Hilfsmaßnahmen die schlimmsten Folgen der Pandemie für die Unternehmen abgefedert. Nach acht Monaten mit verschiedenen Rettungshilfen gehe es deutlich um eine Entlastung von bürokratischen Anforderungen.
Forderungen: Bei den Unterstützungen müsse ein Unternehmerlohn unabhängig von der Rechtsform berücksichtigt werden. Dies beziehe sich sowohl auf die Sofort- und die Überbrückungshilfe. Steuerstundungen allein reichten nicht aus. Unternehmen fordern den (Teil)-Erlass von Steuern und die Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Nach der ersten Phase der Krisenbewältigung setzen sie auf eine umfassende Reform der Unternehmensbesteuerung „über alle föderalen Ebenen hinweg und unter Einbeziehung der Gewerbe- und der Grundsteuer“. Nur so könne Wettbewerbsfähigkeit gesichert und Planungssicherheit gegeben werden. Des Weiteren fordern sie, den steuerlichen Verlustrücktrag auszuweiten und verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten.
Aussichten: Laut Industrie- und Handelskammer planen die Unternehmen mehrheitlich, Investitionspläne „anzupassen“. Personalabbau gebe es vor allem im Gastgewerbe und dem Kfz-Handel. In der Reisewirtschaft sollen vermehrt Einsparpotenziale genutzt werden. Von einer verstärkten Digitalisierung und dem Ausbau der Online-Präsenz versprechen sich insbesondere der Einzelhandel, die Kultur- und Kreativwirtschaft und die Finanz- und Versicherungsvermittler einen positiven Effekt.
Staatliche Unterstützungsmaßnahmen: Mehr als die Hälfte nimmt sie bereits in Anspruch oder plant, dieses zu tun. Mehr als ein Drittel wird die Novemberhilfe bzw. das Überbrückungsgeld II beantragen. Ein Viertel hat Darlehen der Bürgschaften schon in Anspruch genommen oder plant dies in Zukunft.