Corona-Hotspots in OWL: Inzidenzwerte liegen in Lippe bei über 300

Bielefeld. Mehrere ostwestfälische Städte gehören mit Corona-Inzidenzwerten von mehr als 300 derzeit zu den am schwersten von der Pandemie betroffenen Kommunen in NRW. In Ostwestfalen-Lippe einsam an der Spitze: Das Städtchen Espelkamp mit seinen rund 25.000 Einwohnern. Doch auch die lippischen Städte Blomberg, Detmold und Lage sowie Schloß Holte-Stukenbrock im Kreis Gütersloh haben weit überdurchschnittliche Neuinfektionszahlen und Inzidenzwerte von mehr als 300.

Krasse Unterschiede zwischen den Landkreisen Seit Ende Oktober gilt ganz Ostwestfalen-Lippe als Corona-Risikogebiet: In Bielefeld und allen Kreisen der Region liegt der 7-Tages-Inzidenzwert für Neuinfektionen über der Marke von neuen 50 Fällen pro 100.000 Einwohner. Doch innerhalb der einzelnen Kreise gibt es krasse Unterschiede: Während der Kreis Lippe mit einem Inzidenzwert von 289 (neue Fälle in einer Woche berechnet pro 100.000 Einwohner) seit Tagen der am schwersten von der Pandemie betroffene Kreis des Landes NRW ist, erreicht die lippische Stadt Lügde nicht einmal die Vorwarnstufe von 35. Lügdes Inzidenzwert lag zuletzt nur bei 21,3 - für das unmittelbar benachbarte Blomberg hingegen wurde ein 16-mal so hoher Inzidenzwert von 357 errechnet.

In Lippe haben Blomberg, Detmold und Lage die höchsten Werte Neben Blomberg müssen sich auch die lippischen Städte Detmold (Inzidenzwert 329) und Lage (324) sowie Schloß Holte-Stukenbrock im Kreis Gütersloh (316) die Bezeichnung als Hotspots gefallen lassen. "Diese Zahlen sind nur Momentaufnahmen", betont Lippes Kreis-Sprecher Steffen Adams. Tatsächlich ändern sich die Werte täglich. Doch immerhin bieten sie eine gewisse Orientierung, denn das anhaltend massive Infektionsgeschehen ist ansonsten schwer zu fassen. Von einer "diffusen Lage" wird allerorten gesprochen: Das schließt Infektionen im Familienkreis und Religionsgemeinschaften, Altenheimen und Kliniken ebenso ein wie Übertragungen in Schulen und Kitas, Büros und Fabriken.

Um den Überblick zu bekommen, testet der Kreis Lippe ausgiebiger als vom Robert-Koch-Institut gefordert und untersucht alle Haushaltsmitglieder der Corona-Infizierten. Im Lipperland sind die Behörden bei der Suche nach den Gründen für die vielen Neuinfektionen allerdings auch besonders gefordert: Das DIVI-Intensivregister weist für das gesamte Kreisgebiet derzeit nur noch zwei freie Intensivbetten aus - das Klinikum hat allerdings Betten in Reserve . Von den 48 belegten Intensivbetten in den Krankenhäusern des Kreises werden demnach derzeit 14 für Covid-Patienten benötigt. Fünf von ihnen werden beatmet.

Wegen der zugespitzten Lage wird im Kreis Lippe mit weiteren Corona-Auflagen gerechnet - eine Aufhebung der in Aussicht gestellten Weihnachtslockerungen für private Feiern wird erwartet, aber auch der Erlass einer nächtlichen Ausgangssperre ab 21 Uhr wird diskutiert.

Ratlosigkeit in mancher Verwaltung: Wie sind die Infektionswege? Eine gewisse Ernüchterung über die Wirksamkeit behördlich angeordneter Maßnahmen hat die ungebremste Entwicklung in Espelkamp erbracht. Die Stadt gilt unter anderem wegen ihrer zahlreichen Großfamilien als besonders gefährdet. Obwohl dort zum Beispiel seit Ende November ausdrücklich selbst das Singen bei Gottesdiensten und Trauerfeiern ("die einzig verbliebenen erlaubten Veranstaltungen nach der Corona-Schutzverordnung") untersagt ist, blieb das Infektionsgeschehen hier unverändert dynamisch.

Woher kommen hier die zahlreichen Neuinfektionen? "Das ist die Frage, die wir uns alle stellen", bekannte eine Mitarbeiterin des Kreises Minden-Lübbecke ihre Ratlosigkeit. Dass die Infektionswege in der Tat oft ungeklärt blieben, sei sehr besorgniserregend.

Schulen trotz häufiger Quarantänefälle nicht im Fokus In Bad Oeynhausen gibt es an einer Gesamtschule derzeit einen Ausbruch mit mindestens 17 bestätigten Infektionen. Doch obwohl es immer wieder Coronafälle in Schulen gibt und regelmäßig Klassen oder ganze Schulen in Quarantäne geschickt werden, gelten sie - anders als Seniorenheime - nicht generell als besondere Infektionsherde: "Wir haben zweimal komplette Grundschulen wegen einzelner Fälle geschlossen, dann aber keine zusätzlichen Infektionen entdeckt", sagt Sabine Ohnesorge als Sprecherin des Kreises Minden-Lübbecke. Ähnlich sieht es Steffen Adams für den Kreis Lippe: Obwohl Schüler selbstverständlich ansteckend sein könnten, seien im Lipperland keine vermehrten Infektionen in Schulen festgestellt worden.

Immerhin, die Kreise Paderborn und Höxter sind derzeit auf dem besten Weg, die 7-Tages-Inzidenzwerte unter die Marke von 100 zu senken. Auch in Herford waren die Zahlen zuletzt deutlich rückläufig. In allen Kreisen gibt es deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Kommunen, aber gemeindescharfe Inzidenzwerte werden keineswegs überall ausgewiesen. "Das Virus macht an der Stadt- oder Gemeindegrenze nicht Halt", erklärte Petra Scholz als Sprecherin des Kreises Herford zur Begründung. Es gebe in einem dichtbesiedelten Kreis wie ihrem zudem viele Pendelbewegungen aus und in die Kommunen. Doch sie nennt auch die Furcht vor einer "möglichen Stigmatisierung einer einzelnen Kommune" als Grund für den Verzicht auf Einzel-Inzidenzwerte für Kommunen.

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