Das schwierige Image der Taube

Bad Salzuflen-Wüsten. Als Georg Kreisler 1955 das &bdquo;Taubenvergiften im Park" besang, war spätestens klar, dass der Ruf der Tauben hierzulande miserabel ist. Gemeint sind natürlich vorzugsweise die Stadttauben, die zwar von Kindern gern gefüttert werden, gleichzeitig aber als &bdquo;Ratten der Lüfte" betitelt werden. Auf der anderen Seite, der der Symbole, gibt es die Friedenstaube. Und bei Hochzeiten werden nach wie vor gerne zwei weiße Tauben losgelassen, die zum Himmel aufsteigen. Als Überbringer wichtiger Nachrichten erinnern wir uns an die Brieftaube. Einer der sich auskennt, ist Wilfried Topolski aus Wüsten. Er hat mehr als 100 Tauben in seinem Garten.

Wilfried Topolski ist Mitglied bei &bdquo;Ruck-Zuck Ehrsen" und dazu derzeit kommissarischer Vorsitzender der Reisevereinigung Lage/Lippe. Spricht man mit dem Rentner über Tauben, hat man es natürlich mit einem Fan zu tun. Auf der Vereinsebene nehmen die Fans indes seit Jahren ab. Schaut Topolski in die Mitgliederlisten, weiß er zu berichten: &bdquo;Vor zehn Jahren hatten wir im Club rund 30 Taubenliebhaber, heute sind es noch 15." Und neben der Bezeichnung &bdquo;Rentnerdomäne" passt auch die der &bdquo;Männerdomäne". Topolski: &bdquo;Mehr als 75 Prozent aller Taubenzüchter sind Männer."

Enorme Leistungsbereitschaft der Vögel Das mäßige Image der Stadttaube ist dem Mann aus Wüsten ebenfalls wohl bekannt. Da hilft die enorme Leistungsbereitschaft der reisewilligen Vögel kaum. Von Mai bis Juli fliegen beispielsweise die älteren Tauben hunderte Kilometer, um schnell und sicher wieder in ihrer Heimat anzukommen. Ab August sind jüngere Tauben im Wettkampf. &bdquo;Die Weibchen sind bisweilen etwas widerstandsfähiger in der Luft. Beispielsweise bei Regen oder Gegenwind", erklärt Topolski.

Warum die Taubenzucht und das Hobby rund um die Brieftaube nicht mehr an die Spitzenzeiten in den Schrebergärten des Ruhrgebietes heranreicht, liegt natürlich – wie bei vielen anderen Freizeitbeschäftigungen auf Vereinsebene – auch am fehlenden Nachwuchs. Die jungen Leute seien länger und öfter im Internet, zudem werden Nachbarn auf Sicht immer empfindlicher. Topolski: &bdquo;Tauben machen zwar keinen echten Lärm, aber ganz ohne Geräusche geht es nicht."

Der natürliche Feind der Taube ist in der Stadt in der Regel der Mensch. Der verankert Metallstäbe auf seinen Dächern und schimpft über den Taubenkot. Im Taubenschlag heißt der Gegner Marder, in der Luft Habicht. Topolski weiß: &bdquo;An Raubvögel verliert ein Taubenzüchter fraglos ein Dutzend Tiere im Jahr. Das Habichtweibchen holt sich die Tiere im Landeanflug. Ich kenne einen Züchter in Wülfer-Bexten, der hat in einer Woche schon mal fünf Tauben verloren. Turmfalke, Bussard oder Milan sind eher ungefährlich."

Orientierung? Unbekannt

Topolskis Tauben trainieren jeden Tag. Sie steigen in Wüsten auf und suchen sich eine schöne Strecke. Irgendwann kommen sie zurück. Warum Tauben ihre Heimat wiederfinden, ist weiterhin nicht hundertprozentig geklärt. Forscher haben im Oberschnabel der Taube eisenhaltige Nervenäste gefunden. Sie vermuten, dass das Tier dadurch das Magnetfeld der Erde erspürt und eine Art Karte im Kopf zusammensetzt. Und wenn sie sich dennoch mal verfliegen, gibt es bekanntlich noch den Ring am Fuß und die Chance, den Besitzer anzurufen.

Topolski selbst bekommt in Wüsten immer mal wieder Einsatzanfragen: &bdquo;Es rufen Erzieherinnen aus dem Kindergarten an, wenn eine Taube verletzt gefunden wurde. Ich bin auch mal nach Hamm gefahren, um eine meiner Tauben dort wieder abzuholen. Die war in einem fremden Schlag zwischengelandet. Das passiert immer mal wieder."

Leistungsfähige Reisetauben sind teuer Während die Stadttauben dem Menschen nicht viel bedeuten, können leistungsfähige Reisetauben vierstellig kosten, wenn sie eine gute DNA haben. Topolski: &bdquo;Ich kenne jemanden, der für einen Nationalsieger, der nach China verkauft wurde, mehr als 5000 Euro bekommen hat." Belgien sei in Europa dafür bekannt, viele Taubenauktionen anzubieten. Wertvoll, so der Wüstener, sei die Taube mit dem sehr guten Orientierungssinn.

Und was gibts an Futter? Topolski: &bdquo;Eine Brieftaube frisst rund 30 Gramm Spezialfutter am Tag, eine Stadttaube ist weniger wählerisch und nimmt auch die auf dem Boden liegenden Pommes."

Und Topolskis Highlight in Sachen Taubensport? &bdquo;2018 konnte sich eine meiner Tauben für die Olympiade in Brüssel qualifizieren. Meine Frau und ich sind dann extra nach Belgien gefahren."

Von stumpfen Spikes bis zum Falkner

Gerade in Städten werden Tauben nicht von jedem gern gesehen. Doch Tauben unterliegen als Wirbeltiere dem Tierschutzgesetz. Bei der Verwendung von so genannten Taubenabwehrsystemen muss daher auch das Gesetz beachtet werden.

Vor allem zwei Paragrafen sind dabei besonders hervorzuheben: Paragraf 1 Tierschutzgesetz besagt ganz allgemein, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Paragraf 13 Absatz 1 sieht hinsichtlich der Verwendung von Abwehrsystemen vor, dass zum Fangen, Fernhalten oder Verscheuchen von Wirbeltieren keine Vorrichtungen oder Stoffe anzuwenden sind, wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist.

Dr. Michael Beiner vom Veterinäramt des Kreises Lippe erklärt: &bdquo;Vogelnetze und Vergitterungen sind in ihrer Anwendung unproblematisch, solange Tauben sich nicht in Folge mangelhafter Montage oder Wartung dahinter verfangen können." Elektroschocksysteme und geschliffene Metallspikes hingegen seien nicht tierschutzgerecht, während stumpfe Spikes als harmlose Maßnahmen einzuordnen seien.

Nicht füttern

Eine zusätzliche Taubenabwehrmaßnahme stellt der Einsatz eines Falkners dar – allerdings wirkt diese Maßnahme nur kurzfristig und somit nicht nachhaltig. Die Verringerung der Taubenpopulation wird am ehesten erreicht, indem das Nahrungsangebot der Tauben bestmöglich reduziert wird. Wild lebende Tauben finden in freier Natur reichlich Nahrung. Um das Wachstum der Taubenpopulation nicht zusätzlich zu verstärken, sollte das Füttern von Tauben zu den Akten gelegt werden.

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